Tempo 30 Zone Neustiftgasse
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Kein flächendeckendes Tempo 30 in Wien

In Paris gilt seit Montag in großen Teilen der Stadt Tempo 30. In Wien gibt es zwar Erweiterungen bei Tempo 30-Zonen, eine flächendeckende Maßnahme ist aber umstritten.

In Paris sind nur die Stadtautobahn und wichtige Verkehrsachsen von Tempo 30 ausgenommen. 59 Prozent der Pariser hätten einer Geschwindigkeitsbegrenzung bei einer Umfrage zugestimmt, begründete die Stadtverwaltung den Schritt. In Wien gilt auf rund zwei Drittel des Wiener Straßennetzes bereits Tempo 30, zum Großteil in Wohngebieten. Die meisten Hauptverkehrsstraßen sind aber Fünfzigerzonen.

Die nächste Tempo 30-Zone steht in der Thaliastraße in Ottakring bevor, die Meinungen sind durchaus unterschiedlich. „Als Autofahrer nicht so viel, als Fußgänger ja“ oder „Wien ist zu stark bevölkert und da hab ich Angst wegen der Abgase und das Klima wird auch nicht besser“, hieß es in Reaktionen in „Wien heute“.

Forderung nach Tempo 30

Tempo 30 gilt seit Montag in ganz Paris, ausgenommen Hauptverkehrsrouten, in Spanien in Ortsgebieten seit Mai, in Brüssel seit Jahresanfang. In Wien gibt es auf zwei Drittel des Straßennetzes Tempo 30, zum Großteil in den Wohngebieten.

VCÖ für flächendeckendes Tempo 30

Weniger Unfallgefahr, mehr Sicherheit – darum fordert auch der Verkehrsclub Österreich ein flächendeckendes Tempolimit. „Ein wichtiger Punkt ist auch, dass der Verkehrslärm abnimmt und der Verkehrsfluss wird besser, weil es weniger Stop-and-Go-Verkehr gibt. Dahingehend zeigt sich immer wieder, dass dann in der Folge die Menschen schneller am Ziel sind. Das hat sich zuletzt auch in Brüssel gezeigt“, meinte VCÖ-Pressesprecher Christian Gratzer in „Wien heute“.

Laut ÖAMTC passiert das Gegenteil, Tempo 30 würde zu mehr Stau auf den Hauptverkehrsadern führen. „Der Verkehr muss ja in die Stadt hineinfließen und hinausfließen können. Und wenn ich jetzt Leistungsfähigkeit reduziere, führt das nur zu Problemen – also Staus, Abgase“, so ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosè.

Die Stadtregierung wird vorerst kein Ja zum wienweiten Tempo 30 abgeben. „Wir setzen in enger Absprache mit den Bezirken natürlich auf Verkehrsberuhigung in den Wohngebieten. […] Wir wollen keinesfalls ein ,Einbremsen‘ der Öffis durch Tempo 30“, hieß es in einem schriftlichen Statement von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ).

Klaus Robatsch (KFV) zum Nutzen von Tempo 30

Klaus Robatsch, Leiter des Forschungsbereichs im Kuratorium für Verkehrssicherheit, spricht über nötige Maßnahmen im Straßenverkehr.

KfV fordert Kontrollen

„Wenn Tempo 30 eingehalten wird, macht der Unterschied viel aus“, erklärte Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV), in „Wien heute“, „bei Tempo 30 ist der Anhalteweg zwölf Meter, wenn man Tempo 50 fährt und das Kind rennt auf die Straße, dann erwischt man das Kind noch immer mit 48 km/h. Also wenn gerade die Reaktionszeit vorbei ist.“

Robatsch verwies auch auf veränderte Blickpunkte: „Wenn man mit 30 km/h fährt, ist der Blickpunkt etwa 15 Meter vor der Stoßstange. Das heißt ungefähr zwei, drei Sekunden schaut man nach vorne. Wenn man mit 50 km/h fährt, ist dieser Blickpunkt 40 Meter vor der Stoßstange. Das heißt, ich kann peripher nicht so gut wahrnehmen, wenn sich Fußgänger z.B. von links oder rechts annähern.“

Ausnahmen bei Tempo 30 wären in Wien etwa für Gürtel oder Ringstraße denkbar, Grundproblem wären aber ohnehin die mangelnden Kontrollen, so Robatsch: „Das ist das generelle Problem in Österreich, dass leider die Geschwindigkeiten nicht eingehalten werden. Wir haben seit Jahren Untersuchungen durchgeführt, Tempo 30-Messungen und haben festgestellt: 72 Prozent halten sich nicht an Tempo 30. Wenn man schon Tempo 30 einführt, dann muss man auch wirklich dazu stehen und dann muss man das auch dementsprechend überwachen und nicht Toleranzgrenzen akzeptieren.“