Lukrezia und „Die Unbequemen“
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Kunst

Künstlerin fordert neue „Heilige“

„Wien braucht neue Heilige“, sagt Künstlerin Lukrezia. Auserkoren hat sie dafür Persönlichkeiten von der Nobelpreisträgerin bis zur Flüchtlingshelferin. Sie nennt sie „Die Unbequemen“ und hängt gesprayte Porträts von ihnen überall in Wien auf.

Die Kunsthistorikerin und Künstlerin Lukrezia fertigte von fünf Persönlichkeiten, die für sie Heiligenstatus verdienen, Schablonen an, sprayte ihre Porträts auf Karton und hängte die Bilder an verschiedenen Orten in Wien auf. „Mir gefällt das Medium Karton, weil es als minderwertiges Material gilt. Das passt inhaltlich – und zu mir, weil ich alles aus dem Handel verwende, was man so mitnimmt, wenn man Lebensmittel kauft“, so Lukrezia.

Kein Vandalismus

Die Bilder sind aktuell beim ehemaligen Mittersteig-Theater ausgestellt, beim Esterhazypark, Margaretenplatz, in der Mondscheingasse, Corneliusgasse und bei der Wientalterrasse. Regen und Sturm haben so manches verweht, aber Lukrezia bringt immer wieder neue an. „Ich achte darauf, dass ich die Bilder an Orten aufhänge, wo es niemandem stört und wo es kein Vandalismus ist.“

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Lukrezia und „Die Unbequemen“
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Johanne Dohnal „Die Unbequemen“
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Lukrezia und „Die Unbequemen“
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Lukrezia und „Die Unbequemen“
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Elfriede Jelinek bis Ute Bock

„Normalerweise wird man heiliggesprochen, wenn man tot ist und ein Martyrium durchlaufen hat“, so Lukrezia. „Ich würde sagen, ein Martyrium sind die alle durchlaufen.“ Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist die einzige ihrer „Heiligen“, die noch lebt. „Aber ich denke, bei ihr kann man die Ausnahme machen und ihr jetzt schon die Heiligsprechung geben.“ Die Schriftstellerin zeichnet aus, dass sie mit bösem Witz gegen Geschichtsverdrängung arbeitet, so Lukrezia.

Thomas Bernhard „gilt als negativer Schriftsteller, aber eigentlich ist er ein positiver Mensch. Für ihn ist alles Betrug auf dieser Welt – und er schreibt über die Verkommenheit und Stumpfsinnigkeit.“ Die ehemalige Frauenministerin und Feministin Johanna Dohnal „hat sich nicht aufhalten lassen und Gesetze und Einrichtungen durchgesetzt, die heute ganz normal sind, und wo es verwunderlich ist, dass es sie noch gar nicht lange gibt. Das erste Frauenhaus zum Beispiel, oder dass Vergewaltigung in der Ehe ein Strafbestand ist.“

„Wir brauchen solche Leute“ wie Künstler und „Drahdiwaberl“-Musiker Stefan Weber, der mit einem Hofer-Sackerl über dem Kopf vor Gericht ein Plädoyer über die Freiheit der Kunst gehalten hat. Und Menschen wie Flüchtlingshelferin Ute Bock. „Sie hat gesagt: ‚Wenn einer was braucht und ich hab es, dann gebe ich es ihm halt.‘ Eine großartige Frau.“

Unbequem ans Ziel kommen

Diese fünf Persönlichkeiten gehören für Lukrezia mehr in die Öffentlichkeit gestellt – etwa durch Street-Art. „Damit sie jeder sieht – ohne Hemmungen und Schwellen, die eine Galerie mit sich bringt.“ Sie seien Teil der Stadtgeschichte und werden von der Bevölkerung – mittlerweile – respektiert. Es gibt in Wien etwa den Stefan-Weber-Park, den Ute-Bock-Weg und den Johanna-Dohnal-Platz.

Lukrezia nennt ihr Serie „Die Unbequemen“, weil die Persönlichkeiten alle als „lästig, unangenehm, anstrengend, nervig, grauslich oder gemein gegolten haben, aber alle in ihrem Schaffen unbeirrbar waren – und sind – und die Konfrontation nicht gescheut haben.“ Sie zeigen, dass man „ruhig selbst unbequem sein kann“ und das zum Ziel führt.