Chronik

17-Jähriger an Überdosis gestorben: Haftstrafe

Ein 30-Jähriger ist am Montag am Landesgericht wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen zu zwei Jahren Haft, davon acht Monate unbedingt, verurteilt worden. Ein 17-Jähriger war an einer Überdosis Codein gestorben.

Mehrere Burschen wollten sich am 12. Dezember 2020 in Liesing einen vergnügten Abend machen. Sie besorgten sich an einer Tankstelle Bier, als das ausgetrunken war, kam einer von ihnen auf die Idee, bei einem Firmenchef vorbeizuschauen, für den er aushilfsweise gearbeitet hatte, um ihn um Codein zu bitten, das dieser als Drogenersatzpräparat verschrieben bekommen hatte.

Dass der 30-Jährige sich breitschlagen ließ, kostete einen 17-Jährigen das Leben. Der verurteilte 30-Jährige hatte seinen Angaben zufolge den Jugendlichen 350 Milliliter Codein in zwei PET-Flaschen abgefüllt, die diese zusammen mit Limonade bzw. einem Energy-Getränk auf einem Spielplatz konsumierten. Die Folgen waren verheerend.

20-Jähriger wochenlang in Koma

Ein 17-Jähriger verlor im Freien das Bewusstsein und in weiterer Folge infolge einer schweren Unterkühlung und einer wässrigen Hirnschwellung sein Leben, ein 20-Jähriger lag drei Wochen in einem Spital im Koma, konnte aber gerettet werden. Der 19-Jährige, der das Codein „aufgestellt“ hatte, dürfte kaum davon probiert haben – er war um 3.00 in der Früh vom Park nach Hause gegangen und hatte erst am nächsten Morgen erfahren, dass seine Freunde dort kollabiert waren.

Weil er zunächst fälschlicherweise angegeben hätten, das Präparat von zwei unbekannten Männern erhalten zu haben, wurde der 19-Jährige von Richterin Daniela Zwangsleitner wegen Falschaussage zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt.

Urteil nicht rechtskräftig

Die Mutter des Verstorbenen bekam vom Gericht 10.000 Euro Trauerschmerzengeld zugesprochen, der lebensgefährlich Vergiftete erhielt 4.840 Euro Schmerzensgeld. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die beiden verurteilten Männer akzeptierten die Urteile, die Anklagevertreterin gab vorerst keine Erklärung ab.

„Es war Lockdown. Es war alles zu. Wir wollten noch draußen sein, Spaß haben“, schilderte der 20-Jährige, den das Codein in Lebensgefahr gebracht hatte, als Zeuge dem Gericht. Der 19-Jährige habe darauf hin vorgeschlagen, zu seinem „Chef“ zu gehen: „Er wollte, dass wir Codein trinken. Ich habe ihm vertraut, dass er uns nicht vergiftet.“

„Eine Kurzschlussreaktion“

Obwohl es schon spät war, rief der 19-Jährige mehrfach den 30-Jährigen an. Als dieser nicht abhob, ging er mit seinen Freunden vor dessen Wohnung und warf Kieselsteine gegen die im ersten Stock gelegenen Fensterscheiben. Der 30-Jährige wollte sein Ruhe haben, wie er dem Gericht deutlich machte: „Meine Frau war angefressen, das kleine Kind hat geschlafen.“ Daher habe er schließlich ein Fenster aufgemacht und der Gruppe Jugendlicher zwei Fläschchen von dem Stoff abgegeben: „Eine Kurzschlussreaktion.“ Er habe den Burschen aber eingeschärft, „dass das gefährlich ist“.

Der 30-Jährige – nunmehr Familienvater und Firmeninhaber mit acht Angestellten – hat eine Drogenvergangenheit. Als Ersatzpräparat habe er wöchentlich Codein verschrieben bekommen: „Ich bin davon nicht mehr losgekommen.“ Der 19-Jährige, der in der Nachbarschaft lebt und ab und zu bei ihm ausgeholfen habe, habe das mitbekommen, „weil er ein neugieriger Bursche ist“.

Von Freunden „unter Druck“ gesetzt

Dass sein unbedachtes Handeln ein Menschenleben beendet habe, „zerfrisst mich“, sagte der 30-Jährige: „Ich habe so viele Schuldgefühle“. Er entschuldigte sich bei dem im Publikum anwesenden Angehörigen des verstorbenen 17-Jährigen, der verlobt war und schon Heiratspläne hatte. „Er kommt nicht wieder. 17 Jahre“, schluchzte darauf eine Zuhörerin deutlich vernehmbar.

Der 19-Jährige sagte aus, er sei von seinen Freunden „unter Druck“ gesetzt worden, diese hätten das Codein „ausprobieren“ wollen. Sie hätten ihn „gezwungen, diesen Scheiß zu holen“. Auch er rang in der Verhandlung mit seinen Emotionen: „Es tut mir weh, dass einer von uns gestorben ist.“ Woher das Codein stammte, habe er zunächst nicht preisgegeben, um seinen „Chef“ zu schützen, mit dem er „ein gutes Verhältnis“ gehabt hätte. Sein Vater habe ihn dann aber überzeugt, „die Wahrheit zu sagen“.