Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien
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Coronavirus

Experte für „1-G-Regel“ bei Veranstaltungen

Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien rechnet damit, dass die Infektionszahlen bei den Schülerinnen und Schülern stark ansteigen werden, spricht sich für drei PCR-Tests pro Woche in Schulen aus – und für die „1-G-Regel“ in Clubs und bei Events.

Wagner rechnet in den nächsten Tagen und Wochen damit, dass die Infektionsgefahr bei Schülerinnen und Schülern unter zwölf Jahren stark ansteigen wird. „Wie stark wird davon abhängen, wie streng und konsequent die Maßnahmen umgesetzt werden, die jetzt geplant sind“, so Wagner im „Wien heute“-Interview.

„Weniger aufwendig als Zähneputzen“

Er würde es aus wissenschaftlicher Seite begrüßen, wenn in den Schulen drei- statt zweimal pro Woche PCR-Tests gemacht werden. „Das ist in Wien niederschwellig möglich, weil man zu Hause gurgeln kann und die Probe nur abgeben muss. Da entlaste ich die Schulen, weil es zu Hause durchgeführt werden kann: schmerzfrei, nicht invasiv, weniger aufwendig als Zähneputzen.“

Interview mit Michael Wagner (Langversion)

„‚1-G‘ besonders in Innenräumen sinnvoll“

Am Mittwoch will die Regierung neue Maßnahmen bekannt geben. Die „1-G-Regel“ steht im Raum. Wagner findet sie besonders in Innenräumen sinnvoll, weil Infektionen hauptsächlich dort stattfinden: „Dort macht es einfach Sinn, möglichst streng zu sein. Auch bei Veranstaltungen, wo sich viele Menschen treffen, also Großveranstaltungen.“

Auch in Clubs ist Wagner für die „1-G-Regel“. „Weil auch ein Geimpfter einen Geimpften anstecken kann, der dann zuhause jemanden Ungeimpften anstecken kann. ‚1-G‘ ist keine absolute Sicherheit und sollte immer noch implementiert werden mit Testen. Also ich bin auch stark dafür, dass hier auch noch Geimpfte testen, wenn sie Risikosituationen eingehen.“

Regionale Schulschließungen möglich

Ob es im Herbst und Winter ohne Schulschließungen geht, hängt laut Wagner davon ab, wie viele Infektionen man bei Kindern und Jugendliche akzeptieren möchte. Es würden ja auch Kinder „durchaus ernsthaft erkranken“, auf der Intensivstation behandelt werden müssen und an Long Covid leiden. "Auf nationale Schulschließungen wird man laut Wagner im Herbst wohl verzichten, „aber regional wird es sicher immer wieder Bereiche geben, wo man reagieren wird müssen.“

Geringere Dunkelziffer in Wien

Wien hatte den Sommer über die strengsten Sicherheitsmaßnahmen, aber dennoch die höchste Inzidenz. Das liege laut Wagner daran, weil Wien sehr viele PCR-Tests durchführt. „PCR ist viel empfindlicher und findet viel mehr infizierte Menschen, als es Antigentests tun. Das heißt, ich kann Wien nicht mit anderen Bundesländern vergleichen, weil ich hier eine viel geringere Dunkelziffer habe.“

Auch die Populationsdichte mache etwas aus: „Wenn viele Leute in einer Wohnung leben, ist die Wahrscheinlichkeit, wenn ein Infizierter dort ist, sich zu infizieren, viel höher als in einer Wohnung, wo jeder sein eigenes Zimmer hat. Und genauso ist es natürlich in Städten versus ländlicher Raum. Wenn die Menschen dicht aufeinander sind, ist das Infektionsrisiko höher.“ Auch die vielen Pendler würden Infektionen hinein und wieder hinaustragen.

Lockdown hängt von Impffortschritt ab

Die Impfquote ist bei Zwölf- bis 18-Jährigen noch niedrig. „Ich bin auf jeden Fall dafür, dass sich jeder, der darf, sich impfen lässt“, so Wagner. Jeder könne einen Beitrag leisten, „dass wir alle aus dieser Pandemie möglichst schnell rauskommen. Wir können uns herausimpfen.“ Einen neuerlichen Lockdown kann Wagner nicht ausschließen. „Es wird davon abhängen, wie viele sich impfen lassen.“