Bürgermeister Michael Ludwig bei einer Pressekonferenz
APA/Robert Jäger
APA/Robert Jäger
CORONAVIRUS

Ludwig: Regierung schwenkt auf Wiener Weg

Ab 15. September gelten in Österreich wieder verschärfte Maßnahmen gegen das Coronavirus. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht bei der Bundesregierung einen „Schwenk auf den Wiener Weg“.

„Ich freue mich, dass die Bundesregierung den konsequenten Wiener Weg unterstützt und auf diesen Weg eingeschwenkt ist. Das ist für ganz Österreich von Vorteil“, so Ludwig am Mittwoch in einer Pressekonferenz. So hat die Bundesregierung die in Wien bereits gültige kürzere Gültigkeitsdauer von Tests für ganz Österreich angekündigt. Auch die vorgesehene 2-G-Regel für Nachtgastronomie habe er bereits seit längerem gefordert, so Ludwig.

Die Zahl der intensivpflichtigen Covid-19-Patienten in Österreich steigt weiter. In Wien mussten am Mittwoch bereits 67 schwerkranke Infizierte auf Intensivstationen behandelt werden, die Bundeshauptstadt befindet sich in Stufe drei des neunstufigen Pandemie-Plans. Die Entwicklung sei keine Überraschung gewesen, so Ludwig: „Es war klar, dass die vierte Welle kommen wird.“ Er verteidigte die Maßnahmen, die in Wien seit längerem strenger sind als in anderen Bundesländern: „Wir wollen in Wien keine Hü-hott-Politik machen und die Pandemie nicht vorzeitig beenden.“

Michael Ludwig,  Wilfried Haslauer, Werner Kogler ,  Sebastian Kurz ,  Wolfgang Mückstein bei Gespräch im Bundeskanzleramt
APA/BKA/Dragan Tatic
Die Gespräche am Mittwoch haben schärfere Maßnahmen ab 15. September zur Folge

Werbung für Impfung

Impfen sei die einzige Möglichkeit, sich vom Coronavirus zu befreien, so Ludwig, deshalb gebe es parteiübergreifend gemeinsame Bemühungen zur Erhöhung der Impfquote: „15 bis 20 Prozent werden sich aber nicht impfen lassen. Da macht es Sinn, dass wir mit PCR-Tests einen Überblick haben.“

Ludwig wies darauf hin, dass die Pandemie nicht gemeistert sei, „nicht einmal für die Geimpften. Wenn alle Intensivbetten mit Corona-Patienten voll sind, wird auch die Versorgung von Geimpften auf Intensivstationen schwer. Und mit der Zweiten Impfung wird es auf Dauer nicht abgeschlossen sein. Wenn es weitere Mutationen gibt, werden vielleicht weitere Impfungen notwendig sein“.

Rund 4.000 Kontrollen hat das Wiener Amt für Sofortmaßnahmen mit der Polizei vorgenommen. „Umso länger wir die Kontrollen durchführen, desto weniger Beanstandungen gibt es. Der Druck der Kontrollen ist bemerkbar“, sagte Ludwig.

2G-Regel ab 15-prozentiger Intensivauslastung

Das am Mittwoch von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) präsentierte Konzept ist auf der Auslastung der Intensivstationen aufgebaut. Ab zehn Prozent gelten z.B. neue Masken-Regelungen. Als Starttermin wurde am Mittwoch der 15. September angegeben. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die 10-Prozent-Auslastung erreicht sein.

Zudem werden Ungeimpfte verpflichtet, auch im Handel, der nicht dem täglichen Bedarf dient, also beispielsweise Mode-Geschäften, FFP2-Maske zu tragen. Wie in Wien schon üblich werden Antigentests nur noch 24 Stunden gültig sein.

Bei einer 15-prozentigen Intensivauslastung wird in der Nachtgastronomie und bei Großveranstaltungen (ab 500 Teilnehmern) ohne zugewiesene Sitzplätze eine 2G-Regel eingeführt. Das heißt, man muss geimpft oder genesen sein, um teilnehmen zu können. Im 3G-Bereich werden Selbsttests nicht mehr anerkannt. Ab 20 Prozent Intensivbelegung, was 400 Betten meint, wird der Antigen-Test nutzlos. Denn ab dieser Marke werden in 3G-Bereichen (wie etwa Restaurants, Kinos etc.) nur noch die aussagekräftigeren PCR-Tests anerkannt.

Corona

Ordensspital mit Covid-Versorgung

Ab Donnerstag beteiligt sich das Ordensspital Göttlicher Heiland wieder an der Covid-Versorgung. Es werden 15 Betten auf einer abgetrennten Normalstation und vier Betten der Intensivstation zur Verfügung gestellt.

„Die steigenden Zahlen erfordern neuerlich eine gemeinsame Anstrengung aller Wiener Krankenanstalten, um alle Wienerinnen und Wiener bestmöglich zu behandeln“, sagte der Covid-Beauftragte Athe Grafinger. In der dritten Welle waren im Göttlichen Heiland bis zu 15 Normal- und 18 Intensivbetten mit Covid-Erkrankten belegt. „Die aktuellen Zahlen und alle namhaften Experten sagen vor allem eines: Die vierte Welle haben wir vor allem den Ungeimpften zu verdanken,“ sagte David Pötz, Geschäftsführer des Göttlicher Heiland Krankenhauses. Er appellierte, sich unverzüglich impfen zu lassen.

Zahl der Schwerkranken fast verdreifacht

Vor zwei Wochen waren in Wien noch 25 Intensivbetten mit Covid-19-Erkrankten belegt gewesen. Innerhalb von zwei Wochen hat sich die Zahl der Schwerkranken beinahe verdreifacht. Die Stadt Wien hat einen neunstufigen Pandemieplan, in der derzeitigen Stufe drei sind 114 ICU-Betten vorgesehen. Im Worst-Case-Szenario sind in Wien 364 Intensivbetten für Covid-Patienten verfügbar.

Das bedeutet aber eine deutliche Überschreitung der systemkritischen Auslastungsgrenze von 33 Prozent. Sind mehr als ein Drittel der Intensivbetten mit Covid-Patienten belegt, treten diese in Konkurrenz mit anderen intensivpflichtigen Patienten. Diese Schwelle bedeutet ein sehr hohes Systemrisiko. Auf Normalstationen stehen in Wien maximal 777 Betten für Covid-19-Patienten zur Verfügung.

FPÖ: „Erstaunliche Lobhudelei“

Kritik an den Aussagen von Bürgermeister Ludwig kam vom Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp. „Die Lobhudelei von SPÖ-Bürgermeister Ludwig für seinen Wiener Weg ist sehr erstaunlich, denn genau dieser Weg hat die Bundeshauptstadt an die Spitze der Corona-Neuinfektionen geführt. Dies zeigt, dass weder die Kinder-Zwangstests im Sommer noch die Maskenpflicht im Handel auch nur irgendeinen positiven Effekt gebracht haben", hieß es in einer Aussendung der FPÖ. Nepp fordert mehr Personal in den Wiener Spitälern.

ÖVP-Gesundheitssprecherin Gaby Schwarz sah „vollkommen absurde“ Aussagen von Ludwig. „Obwohl Ludwig die strengsten Maßnahmen eingeführt hat, gibt es in Wien nicht nur die bundesweit höchsten Corona-Zahlen, sondern auch die niedrigste Impfquote in der Ostregion. Hoffentlich müssen die anderen Bundesländer nicht den von Ludwig beschworenen, aber wenig effizienten Wiener Weg gehen.“, so Schwarz in einer Aussendung.