Jüdisches Museum von außen
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Kultur

Staudinger folgt Spera im Jüdischen Museum

Das Jüdische Museum bekommt eine neue Leitung. Barbara Staudinger folgt auf Danielle Spera, die seit 2010 Direktorin im Jüdischen Museum Wien ist. Staudinger wird im Juli 2022 ihr Amt antreten.

„Die Findungskommission hat vorbehaltlos und einstimmig Dr.in Barbara Staudinger, die derzeit das Jüdische Museum in Augsburg leitet, als künftige Geschäftsführerin des Jüdischen Museum Wien vorgeschlagen. Die Wien Holding folgt diesem Vorschlag und wird Barbara Staudinger als neue Direktorin des Jüdischen Museum Wien bestellen“, teilte die zuständige Wien Holding am Donnerstag via Aussendung mit.

20 Bewerbungen

Die derzeitige Direktorin des Jüdischen Museums in Augsburg setzte sich damit gegen 19 Bewerberinnen und Bewerber durch, darunter Spera selbst, die sich um eine Verlängerung ihres mit Juni 2022 auslaufenden Vertrages beworben hatte.

Barbara Staudinger
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Die neue Direktorin tritt ihre Position mit Juli 2022 an

Damit erhält das Jüdische Museum Wien, das Teil der städtischen Wien Holding ist, 2022 nach zwölf Jahren eine neue Leitung, wenn Staudinger das Haus mit seinen beiden Standorten in der Dorotheergasse und am Judenplatz übernimmt. Die designierte Museumschefin kam 1973 in Wien zur Welt und studierte dort später Geschichte, Theaterwissenschaft und Judaistik.

Nach einer Position als wissenschaftliche Angestellte am Institut für jüdische Geschichte Österreichs von 1998 bis 2005 wurde sie Kuratorin am Jüdischen Museum München und war unter anderem Teil des Teams zur Neugestaltung der österreichischen Ausstellung im Museum Auschwitz-Birkenau. Seit 2018 steht sie dem Jüdischen Museum Augsburg vor.

Spera mit prominenten Unterstützern

Spera hatte es laut Medienberichten ebenfalls in die Runde der letzten fünf geschafft und bis zuletzt um ihre Verlängerung gekämpft. So sprachen sich jüngst in einem offenen Brief prominente Unterstützerinnen und Unterstützer wie Ex-Kanzlerin Brigitte Bierlein, ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, Universalkünstler Andre Heller und Salzburger-Festspiele-Präsidentin Helga Rabl-Stadler für den Verbleib der 64-Jährigen an der Museumsspitze aus.

Danielle Spera an Rednerpult
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Die Zeit von Danielle Spera an der Spitze des Jüdischen Museums Wien geht zu Ende

„In den vergangenen Jahren ist es Danielle Spera gelungen, das Jüdische Museum Wien mit Leben zu erfüllen, es zu öffnen, für eine breite Besucherschicht interessant zu gestalten und gleichzeitig auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau zu halten“, hieß es darin.

„Ausgezeichnet geführtes Haus“

„Wir übergeben ihr (Barbara Staudinger, Anm.) ab Mitte 2022 ein ausgezeichnet geführtes Haus, das Danielle Spera durch ihre hervorragende Arbeit und ihr unermüdliches Engagement zu einem Fixpunkt der Wiener Museumslandschaft gemacht hat“, streute nun auch der für die Wien Holding zuständige Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) Spera indirekt Rosen.

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) dankte Spera ebenfalls und prognostizierte in Richtung Staudinger: „Aufbauend auf der großartigen Arbeit von Danielle Spera wird sie ein neues Kapitel in der Geschichte des Museums schreiben, das einen besonderen Fokus auf die wissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung, die Vermittlung und die Rezeptionsgewohnheiten einer jungen Generation legt: Digitale Formate werden ausgebaut, gesellschaftspolitische Diskurse stärker in der Stadt verankert und die Sammlung intensiver vermittelt.“

IKG: : Ära Spera prägend

Spera habe „das Jüdische Museum und damit das Erleben jüdischer Geschichte in Wien und darüber hinaus nachhaltig geprägt. Für diese besondere Leistung möchte ich mich bei ihr ganz herzlich bedanken“, schrieb IKG-Präsident Oskar Deutsch in einer Aussendung: „Durch ihr besonderes Engagement konnte sie das Museum neu aufstellen – deutlich mehr Besucherinnen und Besucher lernten darüber die jüdische Geschichte und Kultur kennen.“ Staudinger könne bei ihrem Amtsantritt somit an die erfolgreiche Arbeit Speras anknüpfen

Ariel Muzicant konstatierte als Vertreter der Kultusgemeinde Mitglied der Findungskommission, dass man sich von der Personalentscheidung „einen neuen Zugang zur Sammlung des Museums, eine Neupositionierung in der jüdischen Museumslandschaft, eine Erschließung neuer Bevölkerungsschichten, eine Auseinandersetzung mit aktuellen Ereignissen, eine verstärkte Vermittlung (…) und last but not least eine gute Zusammenarbeit mit der Israelitischen Kultusgemeinde“ erwarte.

Wiener ÖVP: „Schockierend“

Kritisch nahm Laura Sachslehner, Landtagsabgeordnete und Gemeinderätin der Wiener ÖVP, die Nachricht von Speras Nicht-Verlängerung auf. Die Entscheidung sei „schockierend“. „Dieser Vorgang, der direkt auf den politischen Einfluss der SPÖ zurückzuführen ist, ist mehr als nur schäbig“, so Sachslehner in einer Aussendung: „Hier wird eine erfolgreiche Frau, welche die Besucherzahlen des Jüdischen Museums vervielfacht hat, von der SPÖ einzig und alleine aus einem Grund aus dem Amt gedrängt: Weil sie die Ehefrau eines ÖVP Nationalratsabgeordneten ist und dies politisch für die Wiener Sozialisten nicht opportun ist.“