Peter Unger (ORF) und Peter Hacker (SPÖ)
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Politik

FPÖ-Strategie für Hacker „widerlich“

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) geht davon aus, dass bald noch strengere CoV-Maßnahmen notwendig sind. Er wies auf die fehlende bundesweite Impfkampagne hin und bezeichnete die Strategie der FPÖ als „widerlich“ – was diese nicht auf sich sitzen ließ.

Der Stufenplan der Bundesregierung sei ein Kompromiss, so Hacker im „Wien heute“-Interview. „Ich glaube, dass wir damit nicht am Ende der Fahnenstange der Maßnahmen sind, die wir brauchen. Aber es ist einmal ein guter Anfang.“ Es sei auch wichtig, dass es österreichweit einheitliche Regeln gibt. Der am Mittwoch verkündete Stufenplan tritt erst Mitte September in Kraft. Hacker rechnete damit, dass „wir uns in Phase zwei befinden werden.“ Wien beobachtet die CoV-Lage weiterhin und kann sich Verschärfungen im Alleingang – wie im Sommer – vorstellen.

Hacker: „Wenn wir das Gefühl haben, wir brauchen weitere Maßnahmen, dann ist nicht auszuschließen, dass wir wieder in Wien besondere, vorsichtige Maßnahmen setzen werden.“ Dabei geht es auch darum, dass ungeimpfte möglicherweise überhaupt aus Lokalen ausgesperrt werden. Ähnliches äußerte zuletzt auch Gesundheitsminister Mückstein (Grüne). „Ich hab das schon vor längerer Zeit gesagt, dass wir das wohl vor uns haben werden und halte es für vernünftig, solche Spielregeln durchzudenken“, sagte Hacker.

Interview mit Peter Hacker (Langversion)

Auch Geimpfte von Maßnahmen betroffen

Laut ÖVP soll es für Geimpfte keine einschneidenden Maßnahmen mehr geben. Hacker stimmt zu, dass man Unterschiede machen müsse. „Aber es wird auch für die Geimpften diese vierte Welle nicht spurlos vorbeigehen. Wir werden direkt betroffen sein und indirekt betroffen sein.“ Auch Geimpfte können sich anstecken und andere anstecken. „Die Impfung schützt vor allem vor der schweren Erkrankung. Das ist das Hauptziel dieser Impfung. Wir sehen es jetzt schon im Spital, also wer jetzt noch zweifelt, kann nicht mehr zweifeln, weil es sind die Fakten so unmissverständlich klar, dass die Impfung hervorragend wirkt.“

Druck in Spitälern steigt

Wir sind in der mittlerweile vierten Coronawelle, die Intensivstationen füllen sich wieder, das Covid-Prognose-Konsortium geht davon aus, dass in zwei Wochen österreichweit 100 weitere Patienten auf Intensivstationen liegen.

Impfung „keine Privatsache“

Um noch mehr Menschen zum Impfen zu motivieren, brauche es laut Hacker vor allem eine Absage, dass jetzt alles Privatsache sei. „Die Impfung ist ein Akt, den ich für mich selber tue, damit ich mich selber schütze. Aber es ist auch ein solidarischer Akt, damit ich niemand anderen anstecken kann.“ Für Hacker ist es unverständlich, warum es keine österreichweite Kampagne der Bundesregierung gibt.

„Das war eigentlich angesagt, ausgemacht und vereinbart. Und aus welchen Gründen auch immer hat der Bund keine Maßnahmen gesetzt, bundesweit Werbung zu machen.“ Es sei verwunderlich, dass die Regierung, „die ja beim Kampagnisieren normalerweise nicht so schlecht ist, in dieser Fragestellung überhaupt keine Ideen entwickelt, sondern ganz im Gegenteil, wo man das Gefühl hat, die Hände sind ziemlich entspannt in den Schoß gelegt.“

Polizei „muss“ kontrollieren

Auf die Frage, wer die FFP2-Maskenpflicht für Ungeimpfte im Handel kontrollieren soll, meinte Hacker: „Selbstverständlich hat die Polizei hier eine sehr, sehr intensive Unterstützungsaufgabe. Es ist gesetzlich klar verankert, dass die Exekutive die Gesundheitsbehörden bei den Kontrollmaßnahmen zu unterstützen hat, nicht kann, sondern muss.“

FPÖ-Strategie „unerhört und widerlich“

Die FPÖ bezeichnet CoV-Maßnahmen unter anderem als „Treibjagd auf Ungeimpfte“. Hacker zeigte sich „fassungslos über die Verantwortungslosigkeit der Kommunikationsstrategen in der FPÖ“ und sprach von Unfug. „Es ist verantwortungslos, was sie machen. Sie spielen mit der Gesundheit der Menschen. Sie spielen mit der Gesundheit derer, die ihnen vertrauen. (…) Vor allem, wenn man weiß, dass etliche der Spitzenfunktionäre schon selbst betroffen waren und ganz hemmungslos auch impfen gegangen sind und sich regelmäßig testen lassen. Ich finde das wirklich unerhört und eigentlich widerlich.“

Am Tag nach dem Interview reagierte die FPÖ auf Hackers Aussagen und bezeichnete dessen Politik sowie die seiner Vorgängerinnen als widerlich. Diese hätten seit Jahren das Wiener Gesundheitssystem an die Wand gefahren, sagte der Chef der Wiener FPÖ, Dominik Nepp. Ärzte- und Pflegekräftemangel, schlechte Bezahlung des Gesundheitspersonals, zu viele Überstunden, Bettenabbau durch Spitalsschließungen und ein unkoordiniertes Zusperren von Stationen hätten dazu geführt, dass die Spitäler seit vielen Jahren völlig überlastet seien – und das unabhängig von der Corona-Pandemie.

Druck kein Instrument der Aufklärung

Im „Wien heute“-Interview sagte Hacker weiters, er halte es – Stichwort 1-G – nicht für gescheit, auf Menschen Druck ausüben zu wollen. „Wir reden immer über die Verabreichung von Medikamenten und es ist sehr legitim, skeptisch zu sein.“ Hacker hält Druck für kein geeignetes Instrument der Aufklärung und Überzeugung. „Es muss nur Klarheit geschaffen werden, dass die Menschen verstehen müssen, wenn wir in einer Pandemie sind, dass es Maßnahmen geben muss, die unterscheiden zwischen Menschen, die ein hohes Risiko nehmen und die ein niedriges Risiko nehmen.“ Bei den Ungeimpften gehe es nicht um Druck ausüben, sondern „nach wie vor um Aufklärung und Werben für diesen Akt der Solidarität.“