Eingang zum Landesgericht Wien
APA/Hans Punz
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Chronik

Falsche Beauty-Ärztin vor Prozess untergetaucht

Im Prozess um eine falsche Beauty-Ärztin ist am Freitag nur ihre Assistentin vor Gericht gestanden. Die Hauptangeklagte tauchte vor dem Prozess unter – „leider“, wie ihre Verteidiger Philipp Wolm und Elmar Kresbach bedauerten.

Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen, zwei weitere Fälle von schwerer Körperverletzung, 15-fache fahrlässige Körperverletzung, gewerbsmäßiger Betrug und Kurpfuscherei sowie eine gefährliche Drohung und eine Nötigung: Die Liste der Anklagepunkte gegen die 25-Jährige ist lang. Wann gegen die Frau verhandelt werden kann, die laut Staatsanwaltschaft weder in Österreich noch in einem anderen Land ein medizinisches Studium an einer anerkannten Universität abgeschlossen hat und daher zu keinen chirurgischen Eingriffen berechtigt ist, steht in den Sternen.

Nachdem sie nun nicht zu ihrem Prozess erschienen ist, wurde ein Haftbefehl gegen sie ausgestellt. Die Frau, die sich laut Anklage fälschlicherweise als Beauty-Ärztin ausgegeben hat, soll zwischen November 2020 und April 2021 fast zwei Dutzend Kundinnen „auf schmerzhafte und technisch gröblich unsachgemäße sowie nicht sorgfältige Weise“ behandelt haben. „Teilweise sind sehr schwere Verletzungen entstanden“, hielt Staatsanwalt Christoph Köpf fest.

Aus Schuhverkäuferin wurde Beauty-Assistentin

Sehr wohl vor Gericht erschienen ist die Assistentin der Frau. Die 22-Jährige, die von Beruf eigentlich Schuhverkäuferin ist, ist geständig. Sie hatte in Vertretung ihrer Chefin einer Kundin die Lippen aufgespritzt und sie dabei verunstaltet. Ihre Einvernahme machte deutlich, wie sorglos mit den Kundinnen der falschen Ärztin umgegangen wurde, die auf Instagram und einer eigens eingerichteten Website ihre Künste in der „Russian-Lips-Technik“ anpries und kosmetische Eingriffe an Lippen, Wangen und Nasen anbot. Die junge Frau hatte ihre Mutter zu der angeblichen Beauty-Ärztin begleitet, die sich die Lippen verschönern ließ. Das Ergebnis bei ihrer Mutter sei sehr schön ausgefallen, sagte die Frau vor Gericht.

Bei einem Kontrolltermin war sie wieder mit dabei. Die falsche Ärztin klagte dabei über ihre Assistentin, die junge Frau witterte ihre Chance und wurde prompt nach einem längeren Gespräch zur neuen Assistentin gemacht: „Ich konnte mein Glück nicht fassen. Ich habe gleich Ja gesagt.“ „Sie hat sich so gefreut, dass sie gleich am 24. Dezember zu arbeiten begonnen hat“, fügte Verteidiger Sascha Flatz hinzu. Seine Mandantin habe die Frau für eine echte Ärztin gehalten, deren Geschäftsgang sei hervorragend gewesen: „Es hat bis zu 14 Termine pro Tag gegeben. Es hat richtig geboomt.“

Schwere Körperverletzung, schwere Komplikationen

Die neue Assistentin erledigte Desinfektionsarbeiten und verwaltete Termine. Als die vermeintliche Ärztin einmal krankheitsbedingt ausfiel, forderte sie die Assitentin auf, einer Kundin die Lippen aufzuspritzen. „Sie war jung und naiv, so dass sie das gemacht hat“, sagte Verteidiger Flatz. Die 22-Jährige ergänzte, sie habe auch Angst gehabt, ihren Job zu verlieren. Außerdem habe die 25-Jährige sie beruhigt und gemeint, dass es nur „eine Auffrischung“ sei.

Laut Anklage nahm die 22-Jährige der betroffenen Kundin Ende Februar 150 Euro ab, ehe sie sich an deren Lippen zu schaffen machte. Das Ergebnis wird von der Staatsanwaltschaft als schwere, wenn auch fahrlässig herbeigeführte Körperverletzung eingestuft. Am kommenden Dienstag werden dazu die Kundin sowie eine medizinische Sachverständige vernommen.

Besonders hart traf es eine junge Frau, die sich am 14. Februar um 350 Euro die Lippen und die Nase aufspritzen ließ. Laut Anklage kam es nach der Behandlung zu „auffallenden Veränderungen und schweren Komplikationen“, in ihrem Gesicht sollen „erhebliche Vernarbungen und Veränderungen des Gewebes deutlich sichtbar“ sein. Die entstandenen Verunstaltungen sollen laut Anklage „psychisch belastend und entstellend“ sowie „irreversibel“ ein.