Bürgermeister Michael Ludwig bei einer Pressekonferenz
APA/Robert Jäger
ORF
Coronavirus

„Einheitliche, alltagstaugliche Regeln“ für Schulen

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat am Samstag auf raschere Maßnahmen gegen den Anstieg der CoV-Infektionen gedrängt. Für die Schulen will er „starke, einheitliche, alltagstaugliche Regeln“ statt „häppchenweise“ neue Vorschläge.

Letztere lösten in der Bevölkerung nur Irritationen aus, sagte Ludwig gegenüber „Wien heute“ zu den jüngsten Vorschlägen von ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann. Dieser hatte sich Freitagabend in der ZIB2 für eine mögliche Verkürzung der Quarantänezeit für Schülerinnen und Schüler ausgesprochen, die aufgrund der Infektion eines Klassenkollegen daheimbleiben müssen.

Derzeit können sie sich nach zehn Tagen per PCR-Test „freitesten“, künftig soll das bereits nach fünf Tagen möglich sein. Für die Quarantäneregelung ist das Bildungsministerium allerdings nicht zuständig. Trotzdem hofft Faßmann, „Verbündete“ für eine entsprechende Änderung zu finden. Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) sieht er bereits auf seiner Seite – mehr dazu in Faßmann für Nachschärfen von Schulregeln.

Michael Ludwig im Gespräch mit Peter Unger

„Gemeinsames Paket der politisch Verantwortlichen“

Dazu sagte Ludwig im „Wien heute"-Interview mit Peter Unger: „Es wird notwendig sein, in Schulen und Kindergärten einheitliche Regeln zu finden. Es muss auch handhabbar sein, vor allem für den Alltag der Eltern.“ Er würde es aber „sehr begrüßen, wenn sich die politisch Verantwortlichen der verschiedenen Institutionen zusammensetzen und gemeinsam ein Paket erarbeiten“. Und weiter: „Ich glaube, es löst nur zusätzliche Irritation aus, wenn sich die Bevölkerung fast im Wochentakt immer wieder an neue Maßnahmen orientieren muss“, so Ludwig im „Wien heute“-Interview.

Nur Sitznachbarn K1 – Expertenkritik

Kritik gibt es an Faßmanns Vorschlag, wonach nur Sitznachbarn als K1 gelten sollen. „Aufgrund der Übertragung von SARS-CoV-2 über Aerosole, macht es aus wissenschaftlicher Sicht wenig Sinn, wenn bei einem positiven getesteten Schulkind bezüglich der Quarantäne zwischen Sitznachbarn und weiter entfernt sitzenden Kindern unterschieden wird“, twitterte Michael Wagner, Mikrobiologe an der Universität Wien.

In Wien gelten bei unter Zehnjährigen strengere Regeln als im Bund. Alle sind K1, außer die Behörde ordnet es anders an. Aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hieß es dazu, eine flächendeckende K2-Regelung bei unter Zehnjährigen sei wegen der ansteckenderen Delta-Variante nicht sinnvoll. Außerdem sei es nur schwer möglich, Abstände einzuhalten. Man bemühe sich aber, in Kooperation mit den Schulen differenziert vorzugehen.

„Einschleifregelungen“ nicht mehr angebracht

Die „sehr stark steigenden Zahlen“ erforderten eigentlich, dass man die drei geplanten Stufen zusammenfasst und „sehr zeitnah umsetzt“, hatte Ludwig am Samstag gefordert. Nach den Beratungen der Regierung mit den Landeshauptleuten am Mittwoch hatte er sich – nach Kritik am zu zaghaften Vorgehen im Vorfeld – noch zufrieden gezeigt. „Ich freue mich, dass der konsequente Wiener Weg unterstützt wird“, hatte Ludwig da noch das geschnürte Maßnahmenpaket begrüßt.

Jetzt ist er hingegen „überzeugt, dass wir sehr viel konsequenter vorgehen müssen“. Er glaube, man könne nicht zuwarten, „Einschleifregelungen“ seien nicht mehr angebracht, sagte er am Samstag im „Morgenjournal“ sowie gegenüber „Wien heute“.

Denn die Infektionszahlen würden „in manchen Bereichen explodieren, auch in Spitälern“ und unter jungen Menschen. Damit sieht der Bürgermeister den konsequenteren Wiener Weg bestätigt – und drängte die anderen Länder und den Bund, jetzt so schnell wie möglich „österreichweit über die Bundesländergrenzen hinweg“ den ganzen Dreistufenplan umzusetzen.

Mückstein verteidigt Plan

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) verteidigte den gefassten Plan mit dem Hinweis darauf, dass Beschlüsse nur umgesetzt würden, wenn sie auf breiter Basis getroffen werden. Dass in Stufe zwei und drei Maßnahmen erst sieben Tage nach Überschreiten der Grenzwerte in Kraft treten – was reihum für viel Kritik gesorgt hat – begründete er damit, dass dies „transparent“ sei. Es brauche Zeit, bis die Maßnahmen der Bevölkerung kommuniziert werden können.

Strengere Maßnahmen gefordert

632 Neuinfektionen

Die Zahl der Neuinfektionen stieg in Wien von Freitag auf Samstag auf 632. Wien verzeichnet damit aktuell 7.414 aktive Fälle. Der Wiener FPÖ-Chef, Stadtrat Dominik Nepp, kritisierte die neue Forderung von Ludwig. „Jetzt ist endgültig klar, dass Ludwig die Wienerinnen und Wiener nach dem Osterlockdown auch in den Herbstlockdown führen und wieder zuhause einsperren möchte“, so Nepp.

Der am Mittwoch verlautbarte Plan sieht drei Stufen vor, abhängig von der Auslastung der Intensivstationen. Ab 15. September bzw. bei zehn Prozent Intensivauslastung gilt wieder FFP2-Maskenpflicht dort, wo aktuell Mund-Nasenschutz vorgeschrieben ist (also Geschäften für den täglichen Grundbedarf) – und für Ungeimpfte im gesamten Handel. Zudem gilt die „3G“-Regel dann schon für Veranstaltungen ab 25 Personen, Antigentests sind nur noch 24 Stunden gültig.

Maßnahmen der dritten Stufe

Stufe zwei (die Anfang Oktober erwartet wird) tritt sieben Tage nach Überschreiten der 15-Prozent-Auslastung in Kraft: In der Nachtgastronomie und bei Veranstaltungen ohne Sitzplätze mit über 500 Besuchern gilt „2G“, nur Geimpfte oder Genesene dürfen hinein. Sollten mehr als 20 Prozent der Intensivbetten CoV-belegt sein, verlieren – sieben Tage danach – in Stufe drei Antigentests gänzlich ihre Gültigkeit in „3G“-Bereichen, Zutritt ist nur noch für Geimpfte, Genesene und mit PCR-Test möglich.