Chronik

Polizist angeklagt: Fußtritt gegen Obdachlosen

Am Landesgericht für Strafsachen wird am Freitag ein Prozess gegen einen Polizisten fortgesetzt. Er soll einem tobenden Obdachlosen mit dem Fuß ins Gesicht getreten haben. Laut Anklage geht es um Amtsmissbrauch und Körperverletzung.

Am zweiten Tag des Prozesses sollen weitere Polizisten, Spitalspersonal und Sanitäter befragt werden. Belastet wird der 29-jährige Beamte durch eine Pflegerin und einen Polizeischüler. Er soll zunächst im Krankenhaus Hietzing den Obdachlosen getreten haben: „Ich habe gesehen, wie er einen Kopftritt bekommen hat“, sagte eine Pflegerin. Der 25-Jährige habe nur versucht aufzustehen. Sie sei sprachlos gewesen, sagte die Frau.

Der Polizeischüler berichtete am ersten Verhandlungstag, dass der Beamte dann in einem Krankenwagen dem Mann mit dem Fuß ins Gesicht getreten habe. Der mit Handschellen gefesselte Mann sei mit dem Kopf gegen die Wand gekracht: „Ich war geschockt, habe mich geschämt und hätte am liebsten die Uniform ausgezogen.“ Sein Kollege habe mit dem Fußtritt „eine Riesen-Maßnahmen-Überschreitung“ gesetzt. Deswegen habe er den Vorfall gemeldet. „In meiner Welt ist das nicht in Ordnung“, stellte der 26-Jährige im Zeugenstand fest.

Angeklagter: Bändigung sei geboten gewesen

Der mittlerweile suspendierte Beamte beteuerte, es sei nichts Unrechtes passiert. Der junge Kollege stamme aus Tirol und kenne eben die Zustände in Wien nicht: „In der Wiener Polizei spielt sich was Anderes ab als in Tirol“, meinte der Beamte.

Er stellte auch den mutmaßlichen ersten Übergriff in Abrede. Vielmehr sei der mit Handschellen gefesselte Obdachlose „wie ein Stier“ in seine Richtung gelaufen und habe „irgendwelche Leute mit dem Kopf“ treffen wollen. Er habe ihn mittels Armstreckhebel „möglichst sanft zu Boden gebracht und 20 Sekunden am Boden ausschnaufen lassen“. Mehr sei nicht vorgefallen. Die Bändigung sei geboten gewesen: „Der hat ausg’schaut wie ein Werwolf. Schwarze Augen, Gewaltbereitschaft und Aggression war ganz oben.“

Patient mit tobender Psychose

Der Vorfall passierte am 20. Jänner. Der psychisch auffällige 25-Jährige war in einem Heim für Unterstandslose derart außer Rand und Band geraten, dass die Heimleitung die Polizei alarmiert hatte. Eine Funkstreife sollte den jungen Mann mit einer vermuteten tobenden Psychose ins Spital bringen, wobei sich der 25-Jährige dabei heftig wehrte und Beamte attackierte. Dafür wurde der Mann inzwischen auch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt.

Der Mann sollte in einem Krankenwagen vom Krankenhaus Hietzing ins Donauspital überstellt werden. Dabei soll der Angeklagte ihn zunächst provoziert haben, indem er ihn wiederholt mit seinem Vornamen ansprach und gängelte. Als der mit Handschellen Gefesselte deshalb kurz mit den Füßen in Richtung des 29-Jährigen trat, soll dieser aufgestanden sein und dem Wehrlosen mit dem Fuß ins Gesicht getreten haben.

Der laut Anklage zweimal misshandelte 25-Jährige hatte an das Ganze keine Erinnerung. Er sei damals unter Medikamenteneinfluss gestanden und außer sich gewesen. Er habe zwar Verletzungen im Gesichtsbereich gehabt, könne aber nicht sagen, wie diese zustande kamen, betonte der Mann. Er schloss sich dem Verfahren als Privatbeteiligter an und machte – sollte der angeklagte Polizist schuldig erkannt werden – 500 Euro Schmerzengeld geltend.