Ein Mann sitzt vor Gericht
APA/Hans Punz
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Chronik

Höchststrafe für Mord an Trafikantin

Am Wiener Landesgericht ist am Freitag ein Mann zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der 47-Jährige hat seine Freundin am 5. März in einer Trafik in der Nußdorfer Straße angezündet. Er wird auch in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der Wahrspruch der Geschworenen fiel einstimmig aus und erging nach ausgesprochen kurzer Beratungszeit. Das Urteil wegen Mordes und Brandstiftung ist bereits rechtskräftig. Bis zuletzt hatte der Mann keine Reue gezeigt. Es tue ihm leid, räumte er Freitagmittag in seinem Schlusswort am Landesgericht ein, um sogleich einzuschränken: „Sie hat mich so weit gebracht, ich wollte das nicht.“ Er habe die Tat „nicht geplant“, beteuerte der 47-Jährige.

Überraschenderweise nahm der 47-Jährige das Urteil jedoch unverzüglich an. Daran änderte auch eine Rücksprache mit seinem Verteidiger nichts mehr. „Er ist zur Überzeugung gelangt, dass ein Rechtsmittel nichts bringen würde“, erläuterte Verteidiger Michael Schnarch später gegenüber Medien.

Richterin: „An Grausamkeit nicht zu überbieten“

Die Höchststrafe sei in diesem Fall „einzig und allein die richtige Strafe“, hatte zuvor die vorsitzende Richterin Sonja Weis in der Urteilsbegründung festgehalten. In diesem Gericht seien schon viele furchtbare Verbrechen verhandelt worden: „Aber das ist ein Mord, der heraussticht, der an Grausamkeit nicht zu überbieten ist.“ Direkt zum Angeklagten gewandt, bemerkte Weis: „Sie haben alles getan, damit das Opfer nicht überlebt.“

Höchststrafe für Mord an Trafikantin

Am Freitag wurde jener Mann zu lebenslanger Haft verurteilt, der seine Freundin am 5. März in einer Trafik in Wien angezündet hat. Ab Anfang Oktober werden zudem 25 Millionen Euro vom Bund an Gewaltschutzorganisationen ausgezahlt.

Mit der Unterbringung im Maßnahmenvollzug sei man dem psychiatrischen Sachverständigen gefolgt. „Ich habe selten jemanden erlebt, der so wenig Empathie für ein Opfer aufbringt. Sie haben bis zum Schluss versucht, das Opfer schlechtzumachen“, beschied die Richterin dem Angeklagten.

Tat laut Staatsanwältin genau geplant

Der Angeklagte habe die Tat genau geplant, betonte Staatsanwältin Susanne Schneider in ihrem Schlussplädoyer: „Er hat in Fläschchen abgefülltes Benzin griffbereit in sein Auto gelegt. Er hat abgewartet, bis sie allein in ihrem Geschäft war und ihm ausgeliefert war.“ Vor Gericht habe er seine Tat „verharmlost“.

„Wir haben eine verstörende Verhandlung erlebt“, bilanzierte Verteidiger Schnarch. Sein Mandant habe „die Kontrolle über sich verloren“. Sollten die Geschworenen zur Ansicht gelangen, dass der Tatbestand des Mordes erfüllt sei, „kann ich nur höflichst bitten, von der schwersten Strafe Abstand zu nehmen“, hatte Schnarch gebeten – das wurde nicht erhört.

Video zeigt Tat

Zu Beginn der Verhandlung wurde am Freitag ein Video abgespielt, das die Tat zeigt – in der Trafik war eine Überwachungskamera installiert. Obwohl das Gerät von den Flammen beschädigt wurde, konnte das Bildmaterial im Zuge der Ermittlungen rekonstruiert bzw. gerettet werden.

Während das Video gezeigt wurde, herrschte im Großen Schwurgerichtssaal beklemmende Stille. Die Geschworenen und die Zuhörenden bekamen zu sehen, wie der Angeklagte die Trafik betritt, die Frau schlägt und würgt und anschließend mit Benzin begießt und anzündet. Daraufhin verlässt er das Geschäft wieder, verschließt es und zieht den Rollbalken hinunter.

Die 35-Jährige war infolge des Drosselns „schwer benommen und wehrlos, deswegen konnte das Benetzen mit dem Brandbeschleuniger und Anzünden ungestört fortgesetzt werden“, führte Gerichtsmediziner Christian Reiter aus. Seinem Gutachten zufolge wurden 75 Prozent der Körperoberfläche der Frau durch die Hitzeeinwirkung schwerst beschädigt.

30-tägiger Kampf ums Leben

Dessen ungeachtet hatte es die Trafikantin – vermutlich im Schock – noch geschafft, auf eigenen Füßen aus ihrem Geschäft zu kommen, nachdem ein junger Passant die Glastür mit einem Einkaufswagen zertrümmert und aufgebrochen hatte. 30 Tage kämpfte die Frau in einem Krankenhaus um ihr Leben. „Es besteht kaum eine Chance, dass ein Mensch das überlebt“, sagte Gerichtsmediziner Reiter. Die Frau habe bis zu ihrem Ableben am 3. April „qualvolle Schmerzen“ durchgemacht.

Psychiater empfahl Einweisung

Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann bescheinigte dem Angeklagten eine „völlige Befreiung von Empathie“. Der Angeklagte sei zwar zurechnungsfähig, weise aber „eine erheblich krankhafte Persönlichkeitsstruktur“ auf, betonte Hofmann. Ein „ausgeprägter Narzissmus“ sei diesem ebenso eigen wie eine hohe Kränkbarkeit, eine besondere Zwanghaftigkeit und ein Nichtakzeptieren von Zurückweisung.

Der 47-Jährige habe die Trafikantin für alles, „was ihm an Unglück in seinem Leben passiert ist“ – etwa einen Jobverlust –, verantwortlich gemacht und sie „tiefgreifend herabgewürdigt“, legte der Gutachter dar. Aufgrund seiner Persönlichkeit sei der Angeklagte als gefährlich anzusehen. Daher sprach sich der Psychiater für die – zeitlich unbefristete – Unterbringung des Mannes in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher aus.

Schmerzensgeld für Angehörige

Die Hinterbliebenen – Vater und Mutter der Getöteten, eine Schwester, ein Halbbruder und drei weitere Mitglieder der Familie – verfolgten getrennt vom restlichen Publikum von der Galerie des Schwurgerichtssaals aus die Verhandlung. Ihr Rechtsvertreter Rainer Rienmüller beantragte für den Vater, zu dem die Getötete ein besonders inniges Verhältnis hatte, den Zuspruch von 50.000 Euro.

Für die Mutter, die an einem Gehirntumor leidet und von ihrer Tochter gepflegt und finanziell unterstützt wurde, machte Rienmüller 60.000 Euro geltend. Auch mit ihrer Schwester, die sie wöchentlich sah, hatte die Trafikantin ein inniges Verhältnis, die beiden verband unter anderem die Leidenschaft für Pferde. Ihr sollte der Angeklagte ein Trauerschmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro ersetzen.

Nichts davon wurde vom Angeklagten bzw. dem Verteidiger anerkannt. Das Gericht sprach dessen ungeachtet dem Vater und der Schwester die geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf den Trauerschaden zur Gänze zu, die Mutter erhielt 50.000 Euro.