Einschusslöcher im Bereich des Tatorts in der Seitenstettengasse in Wien
APA/Helmut Fohringer
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Chronik

Wien-Anschlag: Waffenkauf rekonstruiert

Nach dem Terroranschlag in Wien haben Ermittler nun offenbar rekonstruiert, wie der Attentäter an die Waffen und die Munition gekommen ist. Involviert sollen ein gebürtiger Tschetschene und ein Slowene gewesen sein – letzterer ist anscheinend auf freiem Fuß.

Der Tschetschene sitzt seit vergangenem Dezember in U-Haft. Er soll als Mittelsmann fungiert haben. Geliefert haben soll Waffe und Munition ein 29-jähriger Slowene. Wie der „Standard“ berichtet, soll der Tschetschene gestanden haben, bei den Deals in Wien dabei gewesen zu sein und die Übergaben gemacht zu haben. Der Slowene soll hingegen alle Vorwürfe bestreiten. Die Verfassungsschützer halten ihn laut „Standard“ allerdings für „völlig unglaubwürdig“.

Übergabe beim Wiener Prater

Der Slowene soll nicht nur die Patronen einige Wochen vor dem Anschlag über den Mittelsmann an den Attentäter verkauft, sondern auch das AK-47-Sturmgewehr besorgt haben. Angeblich schon im Juni 2020, wie der Tschetschene bei seiner Einvernahme zu Protokoll gab. Die Übergabe habe in der Umgebung des Wiener Praters stattgefunden. Der Attentäter habe dabei in einem Kuvert 2.500 oder 3.000 Euro übergeben – 500 davon als Provision für den Mittelsmann.

Für das Sturmgewehr wollte sich der 20-jährige Attentäter später eigentlich in der Slowakei Munition besorgen, scheiterte aber wegen eines fehlenden Waffenscheins. Letztendlich habe er sie dann offenbar von dem Slowenen bekommen.

Der Attentäter habe den Tschetschenen über einen Bekannten kennengelernt. Laut den Ermittlungen befindet sich der Mann seit spätestens 2018 „in einem kriminellen Umfeld“ und könne „mit dem An- sowie Verkauf von Waffen in Verbindung gebracht werden“. Auf seinem Smartphone wurden mehr als 200.000 Chatnachrichten sichergestellt, die nun ausgewertet würden.

Tschetschene in Untersuchungshaft

Auch mit der Pistole der Marke Tokarew, die der Attentäter verwendet hatte, könnte der Tschetschene zu tun haben. Schließlich wurde auf deren Patronen dessen DNA gefunden. Der Attentäter feuerte die Waffe laut aktuellem Ermittlungsstand lediglich zweimal ab und lud sie zu keinem Zeitpunkt nach. Aus diesem Grund besteht für die Verfassungsschützer der „dringende Verdacht“, dass der Tschetschene die Pistole „in geladenem Zustand“ verkauft habe.

Der Tschetschene sitzt seit Dezember 2020 in Untersuchungshaft. Anders ist das beim Slowenen, der heuer im Mai direkt über seine aktuelle Wohnadresse zur Beschuldigtenvernehmung geladen werden konnte. Eine Anfrage des „Standard“, ob er in Untersuchungshaft ist, beantwortete das slowenische Innenministerium vorerst nicht. Im August sei bei dem 29-Jährigen jedenfalls ein DNA-Abstrich genommen worden.

Zahlreiche DNA-Spuren auf Waffen und Munition

Ermittler fanden im Zuge der Spurensicherung an Waffen und Munition insgesamt mehr als zehn DNA-Profile, „die bis dato keiner Person zugeordnet werden konnten“. Die Probe befand sich Anfang September noch im Labor. Ein Ergebnis ist noch nicht in einem Akt zu finden.

Am 2. November 2020 hatte der 20-jährige Attentäter in der Wiener Innenstadt mit mehreren Schusswaffen vier Menschen getötet und zahlreiche weitere teilweise schwer verletzt. Der Attentäter wurde von der Polizei erschossen.