Florian Klenk und „Wutbauer“ Christian Bachler bei Patrick Budgen im Studio
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Chronik

„Wutbauer“ kritisiert „Scheinwelt Landwirtschaft“

„Falter“-Chefredakteur Florian Klenk und der steirische „Wutbauer“ Christian Bachler rechnen mit der Landwirtschaftspolitik ab und fordern einen Systemwechsel. Bachler spricht von einer „Scheinwelt“, die „krampfhaft aufrecht erhalten“ werde.

In dem neuen Buch „Bauer und Bobo“ schreibt Klenk über seine ungewöhnliche Freundschaft zu dem steirischen Bergbauern, der ihn nach einem TV-Auftritt im Internet beschimpfte. „Der Bachler hat mir geschrieben, per Sie sind wir oben nur mit den Orschlöchern. Oberhalb von 1.000 Metern ist das serienmäßig, dass man per Du ist“, erzählte Klenk eingangs im Interview mit Patrick Budgen Samstagabend.

"Lebenszeichen setzen in eine ganz andere Blase“

Die Meinungsverschiedenheit über das „Kuhurteil“ brachte die beiden zusammen. Es ging dabei um zugesprochenes Schmerzengeld, nachdem eine deutsche Touristin in Tirol von einer Kuhherde zu Tode getrampelt worden war. Zahlen musste der Tiroler Bauer. Klenk befand das für richtig, Bachler nicht.

Florian Klenk und Christian Bachler bei Patrick Budgen

„Er hat im Falter einen Artikel über das ‚Kuhurteil‘ geschrieben und dann war eine TV-Diskussion, wo ich gefunden habe, dass er sich nicht gut verkauft hat. Und ich wollte einfach ein Lebenszeichen setzen in eine ganz andere Blase“, erzählte Bachler in „Bei Budgen“ über den Beginn ihrer Freundschaft.

Als Klenk den ebenfalls hoch verschuldeten Bachler schließlich kennenlernte, startete der Jurist damals ein Crowdfunding, fast eine halbe Million an Spenden kommt zusammen. Jetzt soll das Konsumentenbewusstsein gestärkt werden – für die heimische Fleischindustrie, die Klimaveränderung und die soziale Lage jener, die im Land Lebenmittel produzieren.

„Depressiv, fertig und verschuldet“

Schwere Kritik übt Bachler an der ÖVP. Eine politische Heimat habe er nicht mehr, berichtete Bachler im „Wien heute“-Interview: „Letztes Mal hab ich grün gewählt. Aber ich bin hin- und hergerissen. Die ÖVP hat sich von einer Partei der Bauern zu einer Wirtschaftspartei entwickelt, die dem neoliberalen Wahn nachlauft und dabei über Leichen geht.“

Florian Klenk und „Wutbauer“ Christian Bachler im TV-Studio
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Auf anfängliche Meinungsverschiedenheit folgte eine Freundschaft

Und weiter: „In der Branche ist es so, der einmal das Maul aufmacht, ist dann ein Querulant, eine Persona non grata, und mit dem redet man nicht. Man überspielt das in der Branche. Man muss nur die politische Kommunikation anschauen, Lederhosen, Dirndl, lustig (…). Und daheim sind wir alle depressiv, fertig und verschuldet. Es ist eine Scheinwelt, die das politische System und unsere Interessensvertretung krampfhaft aufrecht erhalten. Weil sie wissen, dass sie selbst versagt haben und eigentlich schon überflüssig sind.“

„Eingeladen bei Gabalier-Konzert“

Man habe sich in der Landwirtschaft aufs Produzieren konzentriert. „Wir haben dann übersehen, dass die Wertschöpfung auf den nachgelagerten Bereichen liegt. Wir konzentrieren uns noch immer verzweifelt auf ‚mehr und mehr‘, weil, wenn der Preis fällt, muss ich mehr produzieren und damit schaufeln wir unser eigenes Grab.“ Man laufe „noch immer dem Irrglauben nach, dann machen wir es halt mit der Menge statt mit dem Preis, aber hundert mal Null ist noch immer null“, so der Bergbauer.

Auch der Volksmusiker Andreas Gabalier beteiligte sich an der von Klenk initiierten Spendenaktion: „Eingeladen wären wir aufs nächste Konzert. Und wir werden auch hingehen.“