U-Bahn, zwei Menschen auf dem Bahnsteig
APA/Hans Punz
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Politik

Ludwig übt Kritik an Steuerreform

Kritik von unterschiedlichsten Seiten muss die Regierung für ihre Steuerreform-Pläne einstecken. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sieht einen 450 Millionen-Verlust durch die Senkung der KÖSt. In Wien bekommt man außerdem den niedrigsten „Klimabonus“.

Ludwig meinte am Montag vor Journalisten: „Was man jetzt schon sagen kann, ist, dass es für Wien starke Einschnitte bedeuten wird. Wir haben jetzt einmal errechnet, dass durch die Reduzierung der Lohn- bzw. Körperschaftssteuer Wien pro Jahr 450 Mio. Euro verlieren wird.“ Durch den „sogenannten“ Klimabonus, der nicht ökologisches Verhalten wie Autofahren mit dem Dieselfahrzeug unterstütze, würden ebenfalls Maßnahmen gesetzt, von denen Wien weniger stark profitiere.

„Auch die Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge bedeutet ja, dass Krankenanstalten beispielsweise weniger Geld zur Verfügung haben und dass die Träger, das sind oft die Bundesländer, dafür aufkommen müssen“, gab Ludwig zu bedenken. Es sei eine Reform präsentiert worden, ohne Bundesländer oder Städte einzubinden, beklagte der Bürgermeister – der auch Städtebundpräsident ist.

Kritik und Lob für Steuerreform

Für ÖVP nicht nachvollziehbar

Die Wiener ÖVP kann die Kritik in einer Aussendung wenig überraschend nicht nachvollziehen. „Dass die SPÖ in Wien keine Politik im Sinne der Wirtschaft betreibe, verwundere nicht. Dass jedoch nun auch eine Lohnsteuersenkung kritisiert werde, wirke etwas abstrus“, hieß es in einer Aussendung. Klubobmann Markus Wölbitsch und die nicht amtsführende Stadträtin Bernadette Arnoldner kritisierten: „Anstatt die Steuerreform mit dem größten Entlastungsvolumen der Geschichte im Sinne der Wienerinnen und Wiener zu begrüßen, werden seitens Bürgermeister Ludwig lediglich Fantasierechnungen aufgestellt und billige Polemik betrieben“.

Als „vertane Chance“ bezeichnete NEOS-Klubobfrau Bettina Emmerling die Steuerreform. Sie nahm vor allem die Grünen in die Kritik. „Sie hätten die Möglichkeit gehabt, wegweisend etwas fürs Klima zu tun.“ Für den Klubobmann der Grünen im Gemeinderat, David Ellensohn, ist das Ergebnis allerdings wegweisend: „30 Jahre lang hat man davon geredet, dass man CO2 besteuern soll. Ein Jahr Grüne in der Bundesregierung und es geht los damit.“

FPÖ-Klubobmann Maximilian Kraus bezeichnete die Steuerreform gegenüber „Wien heute“ als „öko-asozial“, weil die Reduktion der Einkommensteuersätze mit der kalten Progression finanziert werde.

Angela Köppl (WIFO) über die Steuerreform

Niedrigster „Klimabonus“ nur in Wien

Der niedrigste „Klimabonus“ von 100 Euro jährlich wird ausschließlich an die Wienerinnen und Wiener fließen. Das zeigt die am Montag von der Statistik Austria im Auftrag der Regierung erstellte Liste der Gemeindezuordnungen. Demnach fallen selbst große Städte wie Graz, Innsbruck und Linz in die zweite Stufe, wo alle Erwachsenen 133 Euro jährlich erhalten sollen.

Berücksichtigt wurde für die Klassifizierung neben der Einteilung der Gemeinden in Stadt, Land und Umland („Urban-Rural-Typologie“) ausschließlich die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Verkehr. Andere Faktoren wie etwa die Gegebenheiten in Sachen Heizkosten und Energieversorgung blieben unberücksichtigt.

Keine Unterschiede bei Lage

Konkret wurde allen Bus-, Bahn- und U-Bahn-Haltestellen in Österreich eine von acht „Güteklassen“ zugewiesen. Abhängig davon, welcher Anteil der Gemeindebevölkerung im Einzugsgebiet besonders hochwertiger oder eben besonders schlecht angebundener Haltestellen lebt, ergibt sich daraus auch die Zuordnung der Gemeinden zu den vier Stufen des Klimabonus.

Für Wien bedeutet das wegen der grundsätzlich guten Verkehrsanbindung den niedrigsten „Klimabonus“ von 100 Euro pro Erwachsenem und 50 Euro pro Kind. Hier leben 21,5 Prozent der Bevölkerung. Betrachtet wurde Wien als Gemeinde – Unterschiede zwischen Innenstadt und Stadtrand blieben unberücksichtigt.

Wiener-Linien-Chef kritisiert „Klimabonus“

In Wien sorgt die Berechnung für einiges Aufsehen und harsche Kritik. „Empört“ zeigte sich etwa die Wiener SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak. Es entbehre jeglicher logischen Grundlage, warum die Wienerinnen und Wiener den in Österreich bei weitem niedrigsten Klimabonus erhalten. „Das ist nicht sozial, sondern einfach nur unfair“, befand sie. Wien arbeite schon seit vielen Jahren an „zukunftsorientierten und weitsichtigen Lösungen“, um den ökologischen Fußabdruck einer Millionenstadt niedrig zu halten. Nun würden die Menschen in der Stadt dafür bestraft, weil sie Öffis nutzen oder mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren.

Auch auf den diversen Social-Media-Plattformen wurde eifrig diskutiert. Dort erkundigte sich etwa Günter Steinbauer, der Chef der Wiener Linien: „Verstehe ich das richtig: Die Landbewohner tragen mehr zur Klimaerwärmung bei, unter der die Stadtbewohner mehr leiden und damit das so bleibt, kriegt man am Land einen Klimabonus.“ Auch wurde wiederholt auf die Ketzergasse verwiesen – die Wien von Niederösterreich trennt. Sollte der niedrigste Bonus tatsächlich nur in der Bundeshauptstadt ausbezahlt werden, würde dies bedeuten, dass auf den beiden Straßenseiten zum Teil unterschiedliche Beträge zum Tragen kommen.

Mehr Kosten für Wiener Haushalte mit Gasheizung

Direkte Auswirkungen auf die Wienerinnen und Wiener hat auch die CO2-Bepreisung, die ab Mitte nächsten Jahres gilt Vor allem beim Heizen dürften die Kosten für viele Wiener Haushalte steigen. Die Hälfte der 911.000 Wiener Haushalte heizt nämlich mit Erdgas und dessen Nutzung soll künftig mehr kosten. Wie hoch die Mehrkosten genau durch die CO2-Steuer ausfallen werden, dazu hat das Klimaschutzministerium noch keine genauen Berechnungen.

Für einen durchschnittlichen Haushalt mit Gasheizung werden die Kosten durch den CO2-Preis um 90 Euro jährlich steigen. Das zeigen Berechnungen der APA auf Basis der Erdgas-Verbrauchsstatistik der E-Control. Demnach verbrennt ein durchschnittlicher Haushalt 14,8 Megawattstunden Erdgas pro Jahr. Das ergibt knapp drei Tonnen CO2 und somit Mehrkosten von 90 Euro. Besonders kleine Haushalte zahlen nur 20 Euro, die größten Verbraucher dagegen mehr als 550 Euro jährlich.

Generell haben sich Bund und Länder bereits im April auf das Auslaufen fossiler Energieträger beim Heizen geeinigt. Erdgas soll nur noch bis 2040 verheizt werden dürfen. Bis dahin haben Mieterinnen und Mieter nur schwer einen Einfluss darauf, wie die Wohnung beheizt wird. Wenn der Wohnungs- oder Hauseigentümer bis dahin nicht umsteigt, dann dürfte das Heizen mit Gas künftig sukzessiver teurer werden. Allerdings hat das Klimaschutzministerium eine eigene Lösung für solche Wiener Haushalte angekündigt.