Dinosaurierskelett
APA/Herbert Neubauer
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Wissenschaft

NHM lockt mit neuem Plateosaurusskelett

Nach rund 15.000 Arbeitsstunden kann das Naturhistorische Museum (NHM) Wien mit einem neuen Dinosaurier-Skelett aufwarten. Nach der aufwendigen Restaurierung werden die Überreste eines 210 Millionen Jahre alten Plateosauriers bald ausgestellt.

Der Plateosaurier, den man vom Sauriermuseum Frick (Schweiz) quasi als Eigenbausatz erhalten hat, wird ab 20. Oktober im Rahmen der Sonderschau „KinoSaurier“ zu sehen sein. Rund 40 Prozent der Knochen kommen aus dem 3D-Druck – was sich mit freiem Auge aber nicht offenbart.

Bis zu acht Meter langer Pflanzenfresser

Plateosaurus trossingensis war ein bis zu acht Meter langer Pflanzenfresser, der während der Trias-Zeit lebte. Er gilt als Vorläufer der riesigen Sauropoden, den größten Landtieren, die jemals die Erde besiedelten. Mit seinem Auftreten vor rund 235 Millionen Jahren ist er einer der frühesten Vertreter der Dinosaurier. Knochen wurden bereits im 19. Jahrhundert in der Schweiz und Deutschland gefunden.

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Schädel eines Dinosaurierskeletts
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Dinosaurierskelett
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Auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Frick im Schweizer Kanton Aargau liegt eine der bedeutendsten Fundstellen von Sauriern aus der Trias-Zeit in Europa. Das NHM konnte sich vor rund drei Jahren über die Dauerleihgabe der Überreste eines rund 210 Millionen Jahre alten Vertreters der Plateosaurier freuen. Die Wissenschaftler erhielten sogar die Überreste von zwei Individuen, um das Fehlen von Knochen ausgleichen zu können.

Gesteinspakete aus der Schweiz

Letztlich setzte man nun ein fast sechs Meter langes Tier zusammen, das aus 310 einzelnen Knochen besteht, und das am Mittwoch präsentiert wurde. Aus der Schweiz bekam man 2018 viele Gesteinspakete, in denen sich die Überbleibsel der beiden Tiere befanden. „Am Anfang war es durchaus nicht absehbar, ob wir das Skelett so schön aufbauen können“, erklärte der Leiter der Geologisch-Paläontologischen Abteilung am NHM, Mathias Harzhauser.

Das Gros der nun bald öffentlich zugänglichen Gebeine stammt von einem Tier, nur acht Knochen borgte man sich vom zweiten einstigen Pflanzenfresser aus. Immerhin 39 Prozent der Überreste waren allerdings zum Beispiel derart verformt, dass man sie nicht ins neu präparierte Skelett einfügen konnte oder sie fehlten gänzlich. Sie wurden daher mit 3D-Drucktechnologie gezielt hergestellt und dann so bemalt, dass sie von den echten Knochen kaum zu unterscheiden sind.

61 Prozent Originalknochen „ist wirklich sehr gut“

In der Ausstellung wird jedoch auf einem Panel gezeigt, welche Überreste authentisch sind und welche aus dem 21. Jahrhundert stammen. 61 Prozent Originalknochen „ist wirklich sehr gut für ein ganzes Dinosaurierskelett. Da sind wir schon ziemlich in der Spitze drinnen“, so Harzhauser. Der gesamte Prozess wurde wissenschaftlich in Form mehrerer Arbeiten begleitet, die noch der Publikation harren.

Man nimmt nach neueren Erkenntnissen an, dass die Plateosaurier großteils auf den Hinterbeinen unterwegs waren, und sich nach Blättern streckten. Sie konnten aber auch auf vier Beinen gehen, so Harzhauser: „Der lange Schwanz diente als Balancestange.“

Vermutlich im Schlamm steckengeblieben

Das Tier dürfte vor unvorstellbarer langer Zeit im Schlamm steckengeblieben sein. Die unteren Dinoteile sind daher besser erhalten als die oberen Bereiche. Den Kopf haben dann vermutlich kleine Raubsaurier verschleppt. Dass sich andere Tiere am nunmehr Wiener Dino zu schaffen gemacht haben, lässt sich an einem 17 Millimeter großen, ausgebrochenen Zahn eines Räubers nachvollziehen. Der Schädelersatz ist daher ein Abguss eines Exemplars aus einem Stuttgarter Museum.

Man wisse zwar nicht, ob es sich bei dem Dino um ein Weibchen oder Männchen gehandelt hat. „Wir wissen aber, dass er um die 20 Jahre alt war, dass er ungefähr 1,5 Tonnen gewogen hat und 5,8 Meter lang war“, so der Paläontologe. Der Aufbau gestaltete sich alles andere als einfach, denn für jeden einzelnen Knochen musste eine Halterung angefertigt werden. „Diese Knochen dürfen nicht hängen. Sie müssen gestützt werden, sonst würden sie zerbrechen“, sagte Harzhauser.

„Popkulturellen Darstellungen gegenübergestellt“

Letztlich handle es sich aufgrund des hohen Aufwandes um ein „teures Geschenk“ aus der Schweiz, dafür aber „unterm Strich um eine Sensation“. Ab 20. Oktober fungiert der neue Plateosaurier als einer der Höhepunkte der Sonderausstellung „KinoSaurier. Fantasie und Forschung“ (bis 18. April 2022). In Kooperation mit dem Landesmuseum Hannover zeigt man hier, wie die ausgestorbenen Riesenechsen in Film und Fernsehen dargestellt werden.

Für die Generaldirektorin des NHM, Katrin Vohland, ist es, „wunderbar, dass wir tatsächlich ein Original aus Europa haben. Originale sind einfach noch etwas ganz anderes als Plastikdinosaurier oder 3D-Ausdrucke.“ In der neuen Ausstellung werde man den Plateosaurier daher popkulturellen Darstellungen gegenüberstellen.

Später in die Dauerausstellung

Nach der Sonderschau rückt der Plateosaurier dann selbst in den Dinosauriersaal (Saal acht) in die Dauerausstellung. Dafür muss allerdings ein großer Skelettabguss aus Gips weichen, der laut Harzhauser „nicht sehr ansehnlich ist. Ich werde mich sehr leicht davon trennen können“, sagte der Wissenschaftler.