Frau zieht Spritze auf
APA/Georg Hochmuth
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Wien impft

Experte: Dritter Stich auch ohne Antikörper

Für immer mehr Menschen ist jetzt im Herbst bereits die dritte CoV-Impfung ein Thema. Laut dem Impfexperten Herwig Kollaritsch ist ein dritter Stich sinnvoll auch dann, wenn bisher kaum oder gar keine Antikörper gebildet wurden.

In den Pensionisten- und Pflegeheimen ist die Impfauffrischung seit gut zwei Wochen bereits voll im Gang. In den städtischen „Häusern zum Leben“ sind die Bewohnerinnen und Bewohner von rund der Hälfte der insgesamt 29 Häuser bereits zum dritten Mal geimpft, hieß es am Donnerstag auf „Wien heute“-Anfrage. Viele hatten davor einen Antikörpertest gemacht – freiwillig und auf eigene Kosten. Und da zeigte sich, dass manche wenige oder keine Antikörper hatten – gerade Ältere und Kranke.

Impfstoffwechsel empfohlen

Der Infektiologe Herwig Kollaritsch empfahl im „Wien heute“-Interview am Donnerstagabend dennoch, sich in jedem Fall ein drittes Mal impfen zu lassen: „Jeder, der bisher keine Antikörperantwort gebildet hat, oder wo man vermutet, er hat keine Antikörperantwort gebildet, dem würde ich auf jeden Fall jetzt einmal am besten mit einem anderen Impfstoff – also Pfizer auf Moderna oder umgekehrt oder Vektorimpfstoff und dann mRNA-Impfstoff – eine weitere Impfung geben und dann würde ich eine Antikörperbestimmung machen.“

Wien impft: Keine Antikörper, was nun?

Experten raten zu vielfachen Auffrischungsimpfungen, falls jemand keine Antikörper bildet. Die Wirkung der „Booster-Impfung“ ist auch durchaus unterschiedlich.

Und zwar laut dem Impfexperten „sechs Wochen nachher, nicht früher, und wenn ich dann sehe, ich habe immer noch kein Signal, dann würde ich eine zweite Impfung nachziehen.“ Eine vierte Impfung also – im „normalen Abstand von etwa drei bis vier Wochen nach der dritten“, so Kollaritsch, der auch Mitglied des Nationalen Impfgremiums ist.

„Weiterimpfen“ bis zur Immunantwort

„Beim Gros der Patienten kann man mit Geduld und mit weiteren Impfungen und wieder Kontrollen doch den Patienten soweit bringen, dass er einen soliden Schutz gegen Covid-19 hat“, so Kollaritsch. Der Grund: Auch wenn zunächst keine messbaren Antikörper da seien, werde bei der Impfung ein Immungedächtnis eingerichtet, das bei manchen eben erst bei der dritten oder vierten Impfung „getriggert und stimuliert“ werde, erklärte der Impfexperte. Ein „Überimpfen“ sei „theoretisch insofern möglich, als der Patient natürlich irgendwann eine stärkere Impfreaktion bekommt, aber gefährlich ist das nicht“.

Studie: Drittstich wirkte bei 40 Prozent

Kaum oder keine Antikörper entwickeln vor allem zahlreiche immunsupprimierte Patientinnen und Patienten – so auch mehr als die Hälfte von 200 Nierentransplantierten, die an einer Studie der MedUni Wien teilnahmen und die nach zwei Impfungen keine Antikörper hatten. Ob eine dritte Dosis ihre Immunreaktion verbessern kann, wurde im Frühjahr untersucht – zumindest ein Teil dürfte davon profitieren.

Denn die dritte Impfung habe bei knapp 40 Prozent eine wenn auch niedrige Immunantwort gezeigt, sagte Roman Reindl-Schwaighofer, Nierenfacharzt an der Medizinischen Universität Wien, gegenüber „Wien heute“ – mehr dazu in science.ORF.at (6.9.2021). Derzeit werden bei einigen bereits vierte Stiche verabreicht. Bei allen Patientinnen und Patienten ohne Antikörperbildung werde man freilich nicht erfolgreich sein, räumte Kollaritsch ein.

Antikörpertest oft „hinausgeschmissenes Geld“

Laut dem Impfexperten hat eine Antikörperbestimmung im übrigen nur bei Menschen Sinn, die ein geschwächtes Immunsystem haben, um überhaupt festzustellen, ob sie das Potenzial haben, auf einen Impfstoff mit einer Antikörperantwort zu reagieren, ob also ein Impferfolg da ist. Bei allen anderen seien solche Tests aber nicht notwendig: Man habe hier „nur eine Momentaufnahme, das kann in einem Monat ganz anders ausschauen und die Antikörper können weg sein“.

Man wisse bei den Antikörpertests nicht einmal, wo die Schutzgrenze liege. „Sie bekommen einen Wert vom Labor und können eigentlich nicht sagen, welche Bedeutung dieser Wert hat, was genau dahinter steckt: Bedeutet dieser Wert, ich bin geschützt oder bedeutet er, ich bin nicht mehr geschützt? Das ist einfach nicht möglich aufgrund des Befundes. Es ist eigentlich ein reiner Messparameter ohne klinisches Korrelat. (…) Es ist ehrlich gesagt, wenn sie mich fragen, hinausgeschmissenes Geld.“