Alfred Dorfer auf der Bühne
APA/dpa/Daniel Karmann
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Kultur

Kabarettist Alfred Dorfer ist 60

Auf der Bühne, im Kino und Fernsehen gehört er zu den erfolgreichsten österreichischen Kabarettisten. Alfred Dorfer prägte sich mit „Muttertag“ und „Indien“ und „MA 2412“ ins kollektive Gedächtnis ein. Am Montag feiert er seinen 60. Geburtstag.

Ursprünglich wollte Dorfer Chirurg werden, sah aber recht bald ein, „dass ich aufgrund meiner haptischen Fähigkeiten eher eine Gefahr für die Allgemeinheit gewesen wäre“, wie er in einem Interview zugab. Ein Doktor ist Jahrzehnte später doch noch aus ihm geworden: Seit der Einreichung seiner Dissertation 2011 darf sich der studierte Theaterwissenschafter mit diesem akademischen Titel schmücken.

Geschrieben hat er über „Satire in restriktiven Systemen Europas im 20. Jahrhundert“ und sich somit mit einem humoristischen Genre beschäftigt, das seit vielen Jahren das Zentrum seines künstlerischen Schaffens darstellt.

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Alfred DORFER und Lukas RESETARITS
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Alfred Dorfer im MA2412-Film
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Alfred Dorfer, TV-Kultur-Chef Wolfgang Lorenz, Harald Sicheritz
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Alfred Dorfer beim Protest gegen die schwarz-blaue Regierung
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Alfred Dorfer mit dem Deutschen Kabarettpreis
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Alfred Dorfer und Herbert Prohaska
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Günther Paal, Peter Herrmann, Lothar Scherpe, Alfred Dorfer
ORF/Ali Schafler
Josef Hader (L) und Alfred Dorfer
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Roland Düringer und  Alfred Dorfer
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Alfred Dorfer und Lukas Resetarits
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Luise Kinseher und Alfred Dorfer
ORF/BR

Entscheidungsjahr 1993

Alfred Dorfer wurde am 11. Oktober 1961 in Wien geboren. Ab den frühen 80er-Jahren nahm er Schauspielunterricht u.a. bei Herwig Seeböck. In diese Zeit fällt auch die Gründung der gemeinsam mit Peter Wustiger ins Leben gerufenen Kabaretttruppe Schlabarett, der im Lauf der Jahre auch spätere Metiergrößen wie Roland Düringer, Reinhard Nowak und Andrea Händler angehörten und die vor allem mit ihrer Bundesheer-Parodie „Atompilz von links“ (1985) einen achtbaren Erfolg und den Österreichischen Kleinkunstförderungspreis einheimste.

Ein wahrer Karriereboost ereilte den Jubilar 1993. In diesem Jahr entstanden zwei Filme, die schnell zu heimischen Kultstreifen avancierten – die Gemeindebaugroteske „Muttertag – Die härtere Komödie“ auf Basis des gleichnamigen Schlabarett-Stücks und die mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnete Tragikomödie „Indien“, die Dorfer gemeinsam mit Josef Hader geschrieben hatte und die von Paul Harather auf die Kinoleinwand gebracht wurde.

Selten Programme zur Tagespolitik

1993 war auch das Jahr, in dem Dorfer mit dem Programm „Alles Gute“ seine Solokarriere startete. Sechs weitere folgten bisher, etwa „Ohne Netz“ (1994), „Badeschluß“ (1996) – ein Abgesang auf die österreichische Sozialdemokratie –, oder das Best-of „bisjetzt“ (2010). Seit 2017 tourt der Satiriker mit „und…“ durch die Lande – diesmal ohne seine langjährige Begleitband, der auch Günther „Gunkl“ Paal angehört.

Kreischende Pointen und temporeiche Comedy gehören nicht zu Dorfers Auftritten. Eher leben seine Auftritte von bitterböser Satire und Humor aus dem Hinterhalt. In seinem 2000 herausgekommenen Solo „heim.at“, das zwei Jahre später mit dem Deutschen Kleinkunstpreis prämiert wurde, arbeitete sich der Satiriker an der kurz davor angetretenen ersten ÖVP-FPÖ-Regierung ab.

Eine Ausnahme, denn grundsätzlich spart der Satiriker in seinen Kabarettprogrammen die Tagespolitik lieber aus. „Für mich ist es wesentlich sinnvoller zu versuchen, die Prozesse und Mechanismen hinter den tagesaktuellen Dingen zu erfassen, die dann in drei Monaten noch genauso gelten wie vielleicht in drei Jahren“, erklärte er 2017 im „Falter“.

Mit „MA 2412“ zu Traumquoten

Abseits der Bühne erspielte sich Dorfer vor allem rund um die Jahrtausendwende auch in Film und Fernsehen eine große Fangemeinde. Neben „Muttertag“ und „Indien“ stand er etwa in „Freispiel“ (1995) an der Seite von Lukas Resetarits, in „Wanted“ (1999) und in „Poppitz“ (2002) – gemeinsam mit Düringer – vor der Kamera und drückte damit dem hierzulande einst beliebten Genre des Kabarettfilms seinen Stempel auf. Düringer war auch sein Kollege in der Beamten-Sitcom „MA 2412“, die ab 1998 für Traumquoten im ORF sorgte. 2003 folgte mit „MA 2412 – Die Staatsdiener“ die Kinoversion rund um die Herren Breitfuss und Weber.

Im ORF lud Dorfer zwischen 2004 und 2010 außerdem zur im Audimax der Uni Wien aufgezeichneten Late-Night-Show „Dorfers Donnerstalk“, die mit einer Romy und dem Erich-Neuberg-Preis bedacht wurde. Verkörperte anfangs Kollege Florian Scheuba alle prominenten „Gäste“ und gab Günther Paal den „Experten für eh alles“, wurde das Format später mit Einspielungen von Hader über Stermann & Grissemann bis hin zu Michael Mittermeier angereichert. Die Drüberredner maschek waren ab 2005 fixer Bestandteil der Sendung und setzten dadurch zu ihrem bis heute andauernden Karrierehöhenflug an.

Alfred Dorfer als Opern-Regisseur am Theater an der Wien
APA/Moritz Schell
Im Vorjahr wechselte Dorfer für eine Inszenierung ins Opern-Fach

Wechsel an die Oper

Nicht nur für seine Programme legte der bekennende Austria-Wien-Fan schreiberischen Fleiß an den Tag. Mitte der 2000er-Jahre verfasste er das Drehbuch zur TV-Serie „11er Haus“, die im Mikrokosmos Mietshaus fünf Jahrzehnte österreichischer Zeitgeschichte Revue passieren lässt. Außerdem verfasste Dorfer jahrelang Kolumnen für die „Zeit“ und die „Süddeutsche Zeitung“. Im Nachbarland heimste er außerdem den Bayerischen Kabarettpreis (2009) und den Deutschen Kabarettpreis (2016) ein.

Zuletzt wechselte Dorfer völlig das Metier und inszenierte mit Mozarts „Le Nozze di Figaro“ seine erste Oper. Pandemiebedingt ging die Premiere im Theater an der Wien Ende November des Vorjahres allerdings nur als TV-Event über die Bühne.

Pension „irreal“

Apropos Pandemie: Der Satiriker war nicht nur Teil der Aktion „Wir und Kultur“, die auf die prekäre Lage der Kunstschaffenden aufmerksam machen wollte, sondern unterstützte auch die im Frühjahr eingebrachte Verfassungsklage gegen den Kulturlockdown. Trotz Abstecher ins Musiktheaterfach will Dorfer das Kabarett aber „sicher nicht“ an den Nagel hängen, wie er im APA-Interview versicherte. Und auch über den Ruhestand scheint er noch nicht allzu viele Gedanken zu verschwenden, wie er vorigen Herbst im „trend“ sagte: „Die Vorstellung, in Pension zu gehen, ist für mich irreal.“