Eingang Landesgericht
APA/Georg Hochmuth
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Chronik

Gewalt auf Demo: Zwei Polizisten verurteilt

Am Wiener Landesgericht sind Freitagmittag zwei Polizisten im Zusammenhang mit einer Klimademo, die am 31. Mai 2019 abgehalten wurde, verurteilt worden. Die zur Bewährung ausgesetzten Strafen sind nicht rechtskräftig.

Ein mittlerweile 33-jähriger Beamter, der einem Demonstranten insgesamt neun Stöße mit der Faust und dem Handballen versetzt haben soll, erhielt wegen Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung vier Monate. Ein um fünf Jahre älterer Kollege, der in diesem Zusammenhang dem Urteil zufolge einen tatsachenwidrigen Aktenvermerk angelegt und überdies beim Landesverwaltungsgericht unrichtig ausgesagt hatte, fasste wegen Amtsmissbrauchs und falscher Zeugenaussage ein Jahr Haft aus.

Bedingte Strafen

In beiden Fällen wurden die Strafen bedingt ausgesprochen. Da das verhängte Strafausmaß nicht zwölf Monate überstieg, würde für beide Polizisten – nach Auskunft ihrer Verteidiger sind sie derzeit nicht vom Dienst suspendiert – im Fall der Rechtskraft kein automatischer Amtsverlust erfolgen. Die Entscheidung über allfällige disziplinarrechtliche Folgen läge ausschließlich bei der Polizei. Die Verteidiger legten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein bzw. erbaten Bedenkzeit.

„Aufgrund des vorliegenden Videos war an den Tatsachen nicht viel zu rütteln“, stellte die Vorsitzende Richterin in der Urteilsbegründung fest. Die Schläge in den Rücken, die eine Prellung der rechten Niere und Hämatome bewirkten, wären „nicht verhältnismäßig“ gewesen. An und für sich seien derartige Schläge „nur für Notwehr oder Distanzgewinnung“ üblich, sagte die Richterin. Der betroffene Demonstrant sei aber schon von fünf Polizeibeamten festgehalten worden, als er damit bedacht wurde.

Aktenvermerk „wissentlicher Schädigungsvorsatz“

Was den Aktenvermerk anlangte, sei dieser „falsch“ und „nicht nachvollziehbar“. Mit der unrichtigen Behauptung, der Demonstrant habe nach seiner Herauslösung aus einer Sitzblockade sofort begonnen, mit den Beinen herumzutreten, und später gezielte Tritte gegen zwei Beamte gerichtet, sei dieser der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ausgesetzt worden.

Damit liege „wissentlicher Schädigungsvorsatz“ vor. Eine nicht tatsachenkonforme Darstellung hatte der 38-jährige Polizist nicht nur schriftlich in seinem Aktenvermerk geliefert, sondern auch im Rahmen einer Aussage vor dem Wiener Landesverwaltungsgericht, wo die gegenständliche Amtshandlung für rechtswidrig erklärt wurde.

Wie die Richterin abschließend erläuterte, wären an sich Strafen von sechs bis 14 Monaten für die Beschuldigten angemessen gewesen. Man habe ihnen jedoch aufgrund der langen Verfahrensdauer je zwei Monate erlassen. Der geschlagene Demonstrant, der sich dem Verfahren mit einem symbolischen Betrag von 1.000 Euro angeschlossen hatte, bekam diesen Betrag zugesprochen.

Grüne kritisieren mangelnde Fehlerkultur

Die Grünen üben anlässlich des Urteils Kritik an einer mangelnden Fehlerkultur der Wiener Polizei. "Dieses reflexartige ‚alles richtig gemacht‘ bei den Spitzen unserer Polizei muss endlich aufhören, die unabhängige Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gehört an die Spitze der Agenda von Schwarz-Grün“, so Menschenrechtssprecherin Ewa Ernst-Dziedzic und Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr in einer Aussendung. Die Verhandlungen für eine unabhängige Polizeimeldestelle würden laufen.

Wenn die Führung der Polizei selbst bei klaren Indizien jedes Fehlverhalten in Abrede stelle, schade sie damit sich selbst. „Das ist das Gegenteil von Fehlerkultur, das ist Korpsgeist wie im 19. Jahrhundert“, kritisierte Ernst-Dziedzic das Verhalten des Wiener Polizeivizepräsidenten Michael Lepuschitz im konkreten Fall. Es gelte zwar nach wie vor die Unschuldsvermutung, das Urteil ist ja noch nicht rechtskräftig, aber die Wiener Polizei müsse sich rasch Gedanken machen, wie sie in Zukunft besser auf solche Vorwürfe reagiere.