Eröffnung Shoah-Denkmal
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Politik

Schoah-Gedenkmauer eröffnet

„Möge es Frieden bringen in den Herzen!“ Mit diesen Worten des Initiators Kurt Yakov Tutter ist Dienstagabend die Namensmauern-Gedenkstätte im Ostarrichi-Park am Alsergrund eingeweiht worden. Sie erinnert an rund 64.000 in der NS-Zeit ermordete Jüdinnen und Juden aus Österreich.

Tutter betonte bei der Eröffnung, dass inzwischen viele Menschen in Österreich an einer Aufarbeitung der Vergangenheit interessiert seien. Das sei lange Zeit nicht so gewesen. Auch hätten viele in diesem Land die jüdischen Mitbürger ausgeliefert. So sei auch das kleine Spiel- und Schulwarengeschäft seiner Eltern arisiert worden: „Auf der Gasse wurden wir von unseren österreichischen Brüdern und Schwestern verhöhnt, angespuckt und geschändet.“

Man sei in Österreich lange Zeit damit beschäftigt gewesen, die Gräueltaten zu verschleiern. Nun sei den fast 65.000 jüdischen Kindern, Frauen und Männern deren Namen und deren Würde zurückgegeben worden: „Möge es Frieden bringen in den Herzen.“

Schoah-Gedenkmauer wird eröffnet

Am Dienstag ist die Einweihung der Namensmauern-Gedenkstätte im Ostarrichi-Park am Alsergrund. Sie erinnert an die mehr als 64.000 in der NS-Zeit ermordeten Jüdinnen und Juden aus Österreich. Von der Idee zu ihrer Fertigstellung vergingen 20 Jahre.

„Alles, woran man glaubt, beginnt zu existieren“

Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) erinnerte an die 210.000 Jüdinnen und Juden, die in Österreich lebten. Nach 1945 seien es nur mehr wenige Tausend gewesen. „Blinder Hass, Neid, Herrenmenschendünkel und ein jahrhundertelang tradierter Antisemitismus brachen ab März 1938 über unsere jüdische Mitmenschen herein.“ „Sie wurden deportiert, verhungerten in Ghettos, wurden in Wäldern erschossen oder in Vernichtungslagern bestialisch ermordet und zugrunde gerichtet“, sagte Schallenberg. Hinter jedem der Namen auf der Mauer stehe ein Mensch, der Träume und Lebenspläne gehabt habe, „der geliebt hat und der geliebt wurde“.

Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) hob hervor, dass die Zeitzeugen zusehends abhandenkommen würden. Die Mauer diene dazu, jenen Gedächtnismord zu verhindern, den die Nationalsozialisten zum Ziel gehabt hätten. Sie würdigte den Ideengeber mit einem Zitat der Schriftstellerin Ilse Aichinger, deren Angehörige ebenfalls ermordet wurden: „Alles, woran man glaubt, beginnt zu existieren.“

64.000 Namen auf 160 Granitsteinen

Das Mahnmal im Ostarrichi-Park neben dem Alten AKH besteht aus 160 Gedenksteinen aus sandsteinfarbenem Granit, auf denen die Namen der in der Shoah ermordeten jüdischen Kinder, Frauen und Männer eingraviert sind. 20 Jahre lang hatte sich Tutter für ein solches Denkmal eingesetzt. Tutter wurde 1930 in Wien geboren. 1939 flüchtete er mit seiner Familie nach Belgien. Seine Eltern wurden 1942 aus Brüssel nach Auschwitz deportiert. Eine belgische Familie in Gent beherbergte Kurt und seine Schwester Rita illegal und rettete ihnen so das Leben. 1948 wanderte Kurt Tutter nach Kanada aus, er wohnt seither in Toronto.

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Die Namensmauern des Denkmals
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Bundeskanzler Alexander Schallenberg bei der Eröffnung
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Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler bei der Eröffnung
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Die Namensmauern des Denkmals
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Shoah Denkmal Wien Baustelle
ORF.at/Christian Öser

Nach langer Debatte über Standort und Finanzierung einigten sich Initiator, Stadt und Bund schließlich auf den Ostarrichi-Park neben dem Alten AKH. Tutter hätte das Denkmal lieber neben dem Parlament gesehen. Die Regierung übernahm nach etlichen Debatten letztlich fast die kompletten Kosten der Namensmauer von rund 5,3 Millionen Euro. Den Rest bezahlten Bundesländer (600.000 Euro) und Industriellenvereinigung (230.000 Euro). Der Spatenstich erfolgte im Juni des vergangenen Jahres. Das Projekt stand immer wieder auch in der Kritik – so sei die Namensmauer in dieser Form nicht mehr zeitgemäß, hieß es etwa von Zeithistorikerinnen und -historikern.