Im Vorjahr musste die Buchmesse coronabedingt abgesagt werden. Heuer findet sie unter 2G-Bedingungen statt: Es dürfen nur Geimpfte und Genesene in die Halle, dafür kann man sich ohne Masken frei bewegen. Die Eröffnungsrede für geladene Besucher hielt die Philosophin Isolde Charim, zum Eröffnungskonzert von Attwenger war dann auch das normale Publikum zugelassen.
„Unser demokratisches Universum hat in letzter Zeit zwei massive Erschütterungen erfahren“, begann Charim ihre Rede. „Die eine Erschütterung teilen wir mit dem Rest der Welt – nämlich die Pandemie samt den so genannten ‚Querdenkern‘ in ihrem Schlepptau. Die zweite Erschütterung aber gehört uns ganz exklusiv: Das harte Aufprallen des so genannten ‚System Kurz‘ an der Öffentlichkeit. Diese demokratischen Notfälle, oder um mit Angela Merkel zu sprechen: diese demokratischen Zumutungen ereilen uns nahezu zeitgleich.“
Literaturstars eröffnen „Buch Wien“
Am Mittwoch startet die 13. Auflage der Buch Wien. Auf dem Festival werden hochkarätige Autoren vertreten sein – darunter Eva Menasse, Sebastian Fitzek und Michael Köhlmeier.
„Demokratie ist unantastbar“
Man habe in Österreich erleben müssen, dass „die demokratische Regierungsform auch bloß instrumentell gebraucht werden“ könne, so Charim – „als Fassade, als PR-Tool, als Machtinstrument. (…) Andererseits haben wir auch gesehen, dass die Justiz intervenieren kann. Dass solches Folgen haben kann. Dass solches sogar zu Rück- oder Seitentritten führen kann. Dass also die Gewaltenteilung funktioniert.“
„Demokratie ist heute unantastbar“, so Charim. Doch „Demokratie hat ihre Bedeutung verändert. Genauer gesagt: Die Bedeutung des demokratischen Mythos hat sich verändert. Denn dieser meint heute: individuelle Freiheit.“ Das führte die Rednerin „zur zweiten derzeitigen Erschütterung der Demokratie: der Pandemie.“ Diese habe die sichtbare Rückkehr des Staates gebracht, der Entscheidungen treffen müsse.
„Querdenker“ treten „im Namen der Demokratie auf gegen das, was sie eine ‚Diktatur‘ nennen. Diktatur eben weil der Staat als Entscheidungsgewalt derart sichtbar geworden ist.“ – „Die neue Realität einer staatlichen Entscheidungsgewalt und der Mythos von der individuellen Freiheit, sie weisen heute auseinander“, sagte Charim und folgerte: „Demokratie braucht einen neuen Glauben. Einen Glauben, der sich nicht auf die individuelle Freiheit beschränkt.“
„Buch Wien“ in Coronavirus-Welle
Benedikt Föger, der Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, hatte zuvor von einer „ungewöhnlichen Buch Wien“, gesprochen, die mitten in einer neuen Corona-Welle stattfinde: „Möglicherweise haben wir ein glückliches Zeitfenster erwischt.“
Die Buchbranche habe jedoch die bisherige Pandemie „besser überstanden, als viele befürchtet haben“: „Die Stimmung in der Branche ist gut. Es wird dennoch eine andere Messe werden.“ Er betonte die Bedeutung der Messe als Ort für Meinungsfreiheit, Dialog und Diskussion. Auch hierzulande festgestellte Versuche, „die Medien zu korrumpieren und zu kontrollieren“, seien „unverschämt, kleingeistig, arrogant und kriminell“.
Leserinnen und Leser haben auf dem „Buch Wien“-Festival bis 14. November wieder die Möglichkeit, verschiedene Bücher zu durchstöbern und dabei vielleicht ein neues Lieblingsbuch zu entdecken. Auswahl gibt es genug: 513 Mitwirkende, Autorinnen und Autoren aus 31 Nationen sind auf der Messe vertreten.
Eva Menasse bei der „Buch Wien“
Am Mittwoch wird das Festival „Buch Wien“ mit der Langen Nacht der Bücher eröffnet. Viele Stars der Literatur-Szene haben sich aus diesem Grund in der Messehalle in Wien eingefunden, so auch Schriftstellerin Eva Menasse.
Lesungsprogramm beginnt mit Eva Menasse
Schon am Eröffnungsabend stehen mit Eva Menasse, Sebastian Fitzek und Michael Köhlmeier drei Bestseller-Autoren auf der bühne. Menasses Buch „Dunkelblum“ spielt in der gleichnamigen Kleinstadt im Burgenland und erzählt vom Umgang der Bewohnerinnen und Bewohner mit der historischen Schuld. Um 20.15 Uhr liest Eva Menasse am Eröffnungstag auf der ORF-Bühne. Im August 1989, als ein rätselhafter Besucher auftaucht, eine junge Frau verschwindet und auch noch ein Skelett gefunden wird, muss sich die Kleinstadt Dunkelblum plötzlich doch mit seiner Geschichte auseinandersetzen. Hinter der Grenze zu Ungarn warten bereits Hunderte DDR-Flüchtlinge.

Eine Entführung in 15 Liedern
Im neuen Psychothriller „Playlist“ von Sebastian Fitzek ist eine Song-Liste und ihre Entschlüsselung für ein Entführungsopfer die einzige Hoffnung, zu überleben. Sebastian Fitzek liest um 20.45 Uhr auf der ORF-Bühne daraus vor und diskutiert anschließend mit Scheuba und dem Publikum.
Mit „Playlist“ kehrt Fitzek wieder zu seinem bekanntem Genre zurück – mit einer Besonderheit: Die 15 Songs der Playlist, von denen das Schicksal der entführten Feline abhängt, wurden extra für das Buch komponiert, „aber nicht als Auftragsproduktion, sondern sie sind vom Roman unabhängige, selbstständige Kunstwerke“, wie Fitzek in seinem Nachwort schreibt. Die Lieder stammen etwa von Rea Garvey, Silbermond oder Beth Ditto.

Diskussionsrunde über Political Correctness
Im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe „Buch Wien Debatte“ treffen sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur. Das Publikum kann sich dabei auch aktiv einbringen. Am ersten Festivaltag diskutieren Konrad Paul Liessmann, Ciani-Sophia Hoeder, Eva Menasse und Barbara Blaha auf der Radio Wien-Bühne über Political Correctness. Die Diskussionsrunde beginnt um 21.15 Uhr.
Veranstaltungshinweis
Buch Wien, 10. bis 14. November 2021 Halle D Messe Wien, Trabrennstraße, 1020 Wien, U2-Station Krieau
Köhlmeier und Knecht beenden Festivalabend
Zeitgleich liest Michael Köhlmeier aus seinem neuen Roman „Matou“. Benannt nach der Hauptfigur: einem philosophischen Kater mit Sieben-Leben. Seine Abenteuer reichen von der Französischen Revolution bis in die Gegenwart. Köhlmeiers Roman ist eine Liebeserklärung an Mensch und Tier. Den Eröffnungstag beendet Doris Knecht anschließend mit einer Lesung aus ihrem Buch „Die Nachricht“. Einer Geschichte über eine Frau, der Online-Stalking widerfährt.
Internationale Stars der Literaturszene
Auch an den restlichen Festivaltagen sind zahlreiche internationale Literaturkoryphäen vertreten. Etwa der britische Bestsellerautor Edmund de Waal, Rumena Bužarovska, Ayelet Gundar-Goshen und Benedict Wells. Außerdem präsentiert die Buchmesse die wichtigsten Neuerscheinungen des Jahres.
Erstmals ist auf der Buch Wien auch ein Gastland vertreten. Auf einer eigenen Bühne widmet sich das Festival russischer Literatur mit einem Schwerpunkt auf Fjodor Dostojewski.