Burgtheater in Wien
ORF.at/Carina Kainz
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Kultur

Lockdown: Bundestheater stellen sich Realität

Von der Notwendigkeit eines Lockdown zeigen sich die Bundestheater überzeugt. „Wir wollen spielen, aber wir müssen uns auch der Realität stellen“, so Holding-Geschäftsführer Christian Kircher. Schließen sei besser, „als jeden Abend zu zittern, ob die Vorstellung stattfinden kann“.

Selbstredend sei der Schritt finanziell erneut eine Belastung für die Kulturinstitutionen, seien doch gerade die Bundestheater zuletzt wieder gut gebucht gewesen: „Wir haben teils volle Häuser gehabt.“ Für eine konkrete Bezifferung der durch den Lockdown entstehenden Verluste sei es aber derzeit noch zu früh, jedoch: „Bei 20 Tagen Schließzeit dürften uns rund 4 Millionen Euro entgehen.“

Die Details der Rückabwicklung der für diesen Zeitraum verkauften Karten werde derzeit ausgearbeitet, wobei man grundsätzlich mit dem 13. Dezember wieder in den Vollverkauf für Veranstaltungen gehe, so Kircher. Man werde auch wieder Personal zur Kurzarbeit anmelden, um Verluste zu reduzieren. Mittelfristig wünscht man sich eine Verlängerung der reduzierten Umsatzsteuer.

Kušej: Brauchen ausreichenden Planungshorizont

„Es ist äußerst ärgerlich, dass wir mit Ansage in eine Situation gerannt sind, die jetzt einen erneuten Lockdown notwendig macht. Der Aufbau eines Impfschutzes dauert Wochen“, hieß es in einem Statement von Burgtheater-Direktor Martin Kušej. Die in früheren Lockdowns erlebte „Kurzfristigkeit von permanent neuen Maßnahmen und Verordnungen“ könne man „nicht mehr leisten. Wir brauchen Entscheidungen mit ausreichendem Planungshorizont.“

Es sei wohl „sinnvoll, die 2-G-Regel nach der Wiedereröffnung weiter fortzuführen, eine Koppelung mit einer FFP2-Maskenpflicht scheint mir dabei am besten umsetzbar. Zusätzliche PCR-Testnachweise sind für unser Publikum aufgrund der begrenzten Testkapazitäten hingegen eine ziemliche Hürde, das haben uns die ersten Erfahrungen diese Woche gezeigt“, so Kušej. Seit 4. September seien über 75.000 Zuschauerinnen und Zuschauer in den Spielstätten des Burgtheaters begrüßt worden. „So hoffe ich, dass wir bald – mit Nachhaltigkeit – wieder öffnen können. Denn ich befürchte durch das Fehlen von Kultur und vor allem auch Bildung immense Langzeitfolgen für unsere Gesellschaft.“

Staatsoper zeigt Premiere in ORF III

Schnellst reagiert hat man indes in der Staatsoper, wo die vom Lockdown betroffene Premiere des „Don Giovanni“ nun im Fernsehen zu sehen sein wird, wie Direktor Bogdan Roščić ankündigte: „Der neue ‚Don Giovanni‘ wird am Sonntag, 5. Dezember, im Hauptabendprogramm von ORF III live übertragen.“ Und für die Zeit nach dem Lockdown plane man Liveaufführungen des Mozart-Werkes: „Wir verlassen uns also auf die Aussage der Regierung, dass der Lockdown für Geimpfte und Genesene, aus denen schon seit 1. Oktober unser Publikum besteht, nach drei Wochen auf jeden Fall vorbei ist und wir wieder spielen können.“

Orchestergraben und Zuschauerbereich der Wiener Staatsoper
APA/Herbert Neubauer
Staatsoper weicht für die nächste Premiere kurzerhand aufs Fernsehen aus

Dass die Besetzung hierbei mitziehe, sei ein Glücksfall: „Aber es wird nicht leichter. Vor einem Jahr waren wir das eine große Theater weltweit, das immer weitergespielt und gearbeitet hat. Jetzt sind wir bald die einzigen, die es nicht dürfen.“ „Jedenfalls ist die vierte Welle mit voller Wucht im Haus angekommen. Wir mussten noch keine Vorstellung absagen, aber zum Teil wissen wir erst wenige Minuten vor Beginn, ob es sich ausgeht“, so Roščić: "Von daher ist es richtig, einzugreifen.

Falsch ist, dass es überhaupt so weit kommen durfte und dass damit die irrationale Minderheit der Impfverweigerer dem Rest des Landes diktiert, wie man zu leben hat." Über den Opernball im kommenden Februar will Roščić derzeit indes nicht spekulieren: „Ich glaube, man würde mich zurecht für verrückt erklären, wenn ich in einer Situation, in der das halbe medizinische Personal in den Burn-out geht, öffentlich über das Champagnisieren im Fasching nachdenke.“

Vereinigte Bühnen: 21.000 Tickets betroffen

Massiv betroffen vom Lockdown sind erneut auch die Vereinigten Bühnen Wien. „21.000 Tickets sind allein im Musicalbereich von der Lockdown-Phase betroffen“, berichtet VBW-Geschäftsführer Franz Patay im APA-Gespräch. Den Betroffenen würden nun wieder Ersatztermine, Gutscheine und in letzter Konsequenz auch Rückzahlungen angeboten.

Die eigentlich für 3. Dezember im Raimund Theater angesetzte große Premiere der „Miss Saigon“ verschiebe man nach jetzigem Stand auf den 19. Dezember, wobei man sich hier noch in Verhandlungen befinde. Und auch die in der Kammeroper programmierte „Thérèse Raquin“, deren Premiere für 5. Dezember vorgesehen war, soll zu einem späteren Zeitpunkt zu sehen sein. Das Thema der Kurzarbeit werde bei den VBW wieder angedacht, die bis dato zu den wenigen Unterstützungsleistungen gehört habe, die man in den Lockdownphasen lukrieren konnte. „Wir werden schauen, ob es für uns dieses Mal auch weitere Fördermöglichkeiten gibt.“

Museen planen wieder ab 13. Dezember

Pragmatisch im Hinblick auf die Notwendigkeit eines Lockdowns zum jetzigen Zeitpunkt zeigte sich auch Katrin Vohland, als Generaldirektorin des Naturhistorischen Museums derzeit auch Vorsitzende der Bundesmuseenkonferenz. „Das ist ein Schritt, den wir nachvollziehen, können.“ Selbstredend hätte die Politik früher reagieren können und müssen, aber derzeit bleibe wohl keine andere Maßnahme. Man halte nun bis Sonntag offen und plane dann mit einer Wiedereröffnung ab 13. Dezember. Über die Kompensationsmaßnahmen vonseiten der Politik sei man in Gesprächen mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne): „Ich habe den Eindruck, dass Frau Mayer um unsere Situation weiß und diese im Blick hat.“