Thomas Hofer im „Wien heute“-Interview
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Coronavirus

Lockdown: „Regierung hat versagt“

Schon viel ist gesagt worden im Laufe der CoV-Pandemie. Doch noch nie hat die Regierung in so kurzer Zeit eine 180-Grad-Wende vollziehen müssen wie jetzt mit Lockdown und Impfpflicht. Die Regierung habe versagt, so Politikberater Thomas Hofer in „Wien heute“.

Die vierte Corona-Welle wäre sowieso gekommen, schickte Hofer im Gespräch voraus. Dafür trage auch kein Politiker oder keine Politikerin die Schuld. Sehr wohl aber sei die Bundespolitik daran schuld, die Lage „verschlimmbessert“ zu haben: „Man hat eben keine Vorkehrungen getroffen über den Sommer, auch nicht im Herbst. Man hat auf einen Wahlkampf in Oberösterreich geschaut, hat das verzögert und war da einfach viel zu lax“, sagte Hofer.

Hier könne man der Bundesregierung den Vorwurf nicht ersparen, in der Frage einfach versagt zu haben, „man hat es schlimmer gemacht, auch natürlich in den betroffenen Bundesländern wie Salzburg und Oberösterreich ist natürlich die Sache deutlich schlimmer, als sie hätte sein können, wenn man – und ich muss dazu sagen wie in Wien – das früher versucht hätte, unter Kontrolle zu bringen“.

„Wortbruch“ bei Impfpflicht

Beim Thema Impfpflicht sprach Hofer von einem Wortbruch durch die Regierung. Man habe vor allem in Richtung der geimpften Menschen kommuniziert, indem man gesagt habe, diese müssten in den Lockdown – quasi Wortbruch Nummer eins – aber sie hätten die Sicherheit, dass sie anders behandelt würden als die ungeimpften. Das sei quasi ein Abtausch, jedenfalls eine Versicherung für geimpfte Menschen, "dass sie sozusagen sowieso noch besser dran sind, um nicht dort auch den Effekt zu haben, dass ‚quasi den Immunisierten das Geimpfte aufgeht‘, wagte Hofer das Wortspiel.

Gefährlich sei das trotzdem, denn im Bereich der Ungeimpften werde dies zu einer weiteren Radikalisierung führen, was er nicht hoffen wolle, so Hofer, was sich möglicherweise bei den Demonstrationen am Samstag zeigen könnte. Aber das sei natürlich eine Schwierigkeit, die die Regierung aber in Kauf nehmen habe müssen, um es sich nicht mit allen Lagern zu verscherzen. Nur wenige Minuten nach dem „Wien heute“-Gespräch hieß es laut der Tageszeitung „Der Standard“, dass im Vorfeld der Demonstrationen Drohungen gegen die Bundesregierung eingegangen wären.

Letztlich keine Niederlage für Ludwig

In Wien versuchte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit einer härteren Linie als der Bund einen neuerlichen Lockdown zu vermeiden. Trotzdem geht Wien ab Montag wieder in einen Lockdown, vor allem aufgrund der Lage in den westlichen Bundesländern. Die Frage, ob dies nicht auch eine Niederlage für Ludwig sei, beantwortete Hofer zwar mit „Ja“, es sei aber eine Niederlage für alle: „Natürlich ist es so, dass man eben das verhindern wollte. Es gibt aber diese vierte Welle und die Inzidenzen sind zwar in Wien deutlich besser als anderswo, aber noch immer nicht erfreulich und jedenfalls gefährlich.“

Relativ gesehen steige Ludwig aber im Vergleich zu anderen Landeshauptleuten und zur Bundesregierung „jedenfalls deutlich besser aus“, so Hofer: „Denn er hat sich schon auch aufgrund der Experten-Prognosen Ende des Frühjahrs, also im Sommer, Beginn Sommer, wirklich dazu entschlossen, einen harten Kurs zu fahren, jedenfalls einen härteren als die anderen. Und davon kann er sicherlich auch indirekt politisch profitieren.“

Wien habe die Zögerlichkeit, die laut Hofer viele politische Entscheidungsträger „leider“ ausgezeichnet hat, in Teilbereichen konterkariert. Das sei jetzt nichts, wofür man sich irgendwo etwas kaufen könne. Er fürchte und hoffe, dass er damit Unrecht habe, „dass man da in zwei Wochen noch einmal was anderes diskutieren“ müsse. Hofer verwies darauf, dass die hohen Infektionszahlen dieser Woche ja erst verspätet ihren Niederschlag in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen finden würden. Insofern würde er jetzt ungern von Gewinnern reden, „aber relativ gesehen hat man es in Wien sicherlich in den letzten Monaten besser gemacht“.