Kinder gehen durch Schultor
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Coronavirus

Schüler von Covid am stärksten betroffen

Die Inzidenzen unter Schülerinnen und Schülern steigen, es ist ihnen freigestellt, in die Schule zu gehen, Schulen bleiben geöffnet: Auch in der vierten Welle ist es für alle Beteiligten offenbar nicht einfach, die eine richtige Lösung zu finden oder auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

663 Menschen sind in den vergangenen 24 Stunden neu an Covid-19 erkrankt. Das sind auffallend weniger, hat seinen Grund aber in Datenbereinigungen. Eine Folge des Lockdowns ist das noch nicht. 72 Menschen sind in Österreich gestorben, neun davon in Wien. Das sind Zahlen über alle Altersgruppen hinweg. Betrachtet man die Gruppe der Fünf- bis 14-Jährigen gesondert und da die Sieben-Tage-Inzidenz, dann stößt man auf einen Wert von 1.329. Was viele Eltern verunsichert, ist die Tatsache, dass trotz dieses hohen Wertes die Schulen im Lockdown geöffnet bleiben. Auch die Schulen sind geteilter Meinung.

Laut Bildungsdirektion Wien waren am zweiten Tag des Lockdowns 70 bis 90 Prozent der Schüler in den Schulen. Und das aus guten Gründen, wie ein Schüler betonte: „Ich bin nicht besonders gut in der Schule, und ich finde, dass ich, wenn ich in der Schule bin, besser aufpassen kann und die bessere Mitarbeit habe als zuhause.“ Direktorin Gabriela Fegerl, stv. Leiterin des Polgargymnasiums, sagte, es blieben nur vereinzelt Schüler zuhause. Den Schulen sei es freigestellt worden, ob Schularbeiten stattfinden sollen. „Da bei uns so viele Schüler am Präsenzunterricht teilnehmen, halten wir auch die Schularbeiten ab.“

Schwierige Entscheidung auch für Schulen

Ganz anders das Bild an dieser Mittelschule in Floridsdorf. Von 370 Kindern kamen am Dienstag nur knapp 100 in die Schule, was ganz im Sinne des Direktors ist: „Was ist der Sinn von einem Lockdown? Ein Lockdown ist möglichst wenig Kontakte. Daher war unser Ziel auch eine Ausdünnung der Klasse, und wir haben die Eltern gebeten, wenn es nicht notwendig ist, die Kinder nicht in die Schule zu schicken. Wir haben sie auch darauf hingewiesen, dass es keine Nachteile gibt“, sagte der Direktor der Mittelschule Jedlesee, Christian Klar.

Doch es geht gerade beim Thema Schulen ja nicht nur um einen epidemiologischen Effekt. Für einen kompletten Lockdown gibt es auch keine Mehrheit. Um den Druck von den Schulen zu nehmen, sieht der ehemalige Lehrer und Bildungsaktivist Daniel Landau aber keinen anderen Weg: „Ich sehe, dass in allen Orten das größte Problem der Druck in der Leistungsbeurteilung ist. Schularbeiten zu verschieben, ist fatal, weil dann im Jänner alles zusammenkäme. Wir haben aber Alternativen, in so schwierigen Zeiten die Leistung anders zu beurteilen.“

Freie Entscheidung für Schule „sinnvoll“

Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) begründete im „Wien heute“-Gespräch die für Schulen aktuell geltende Lösung als sinnvoll. Präsenzunterricht sei für Kinder, die schulische Probleme haben, wichtig. Zudem zeige die Erfahrung aus vorangegangenen Lockdowns, dass es massive Folgeprobleme gegeben habe. Andererseits gebe es auch Schüler, die gut zuhause lernen könnten.

Zahlen gehen durch die Decke

Österreichweit stellt die Gruppe der sechs- bis 14-Jährigen aktuell mit Abstand die am stärksten von Corona-Infektionen betroffene Altersgruppe dar. Der Österreichwert nahm laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) innerhalb einer Woche um 59,75 Prozent zu, innerhalb der vergangenen 14 Tage war es mit 99,74 Prozent de facto eine Verdoppelung. Von sämtlichen in der Vorwoche behördlich bestätigten Infektionen waren 18,9 Prozent den Sechs- bis 14-Jährigen zuzurechnen. Sie waren mit 18.542 Fällen damit auch in absoluten Zahlen die am stärksten betroffene Gruppe.

In diesem Zusammenhang interessant sind naturgemäß die Durchimpfungsraten in den einzelnen Altersgruppen. Von den Zwölf-bis 14-Jährigen haben derzeit 36,17 Prozent ein gültiges Impfzertifikat, von Kindern, die noch keine zwölf sind – sie werden derzeit nur „off label“ gegen Covid-19 geimpft – 0,32 Prozent. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA wird voraussichtlich am Donnerstag über die Zulassung des Corona-Impfstoffes der Hersteller BioNTech/Pfizer für Kinder ab fünf Jahren entscheiden.