Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch, 01. Dezember 2021, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Thema „Ergebnis Klimacheck ASFINAG-Bauprogramm/Lobautunnel“
APA/Herbert Neubauer
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Politik

Lobautunnel-Stopp juristisch heikel

Das Aus für den Bau des Lobautunnels, das Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Mittwoch angekündigt hat, ist juristisch heikel. Verfassungsjurist Peter Bußjäger ortet „eine gewisse Diskrepanz“ mit dem Bundesstraßengesetz.

Das Bundesstraßengesetz sehe die Schnellstraße S1 vor, erklärt Bußjäger gegenüber Radio Wien, und es sei auch in groben Zügen eine bestimmte Trasse abgesteckt, zwischen zwei Anschlussknoten. „Auch wenn die konkrete Führung dieser Schnellstraße nicht bestimmt ist – aber der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, dass eine Schnellstraße errichtet werden soll“, so der Professor am Institut für Öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre der Universität Innsbruck. Der Lobautunnel war als Teil der S1 vorgesehen.

Grafik Lobautunnel
ORF
Der Lobautunnel soll nicht gebaut werden, die S1-Spange hingegen schon

Die Asfinag als Planungsträgerin habe einen großen Handlungsspielraum, so Bußjäger, aber der gesetzliche Auftrag für eine Schnellstraße bestehe. Würde Gewessler das Projekt gänzlich absagen, ohne Alternativen in den Raum zu stellen, „ist das eine sehr heikle Geschichte“, meinte der Rechtsexperte.

Gesetzesänderung mit einfacher Mehrheit möglich

Das Verkehrsministerium muss das Bundesstraßengesetz umsetzen. Eine Alternative ist aus Sicht von Bußjäger nur eine Änderung des Gesetzes. Dafür bräuchte es jedoch eine einfache Mehrheit im Parlament – und die ist derzeit nicht vorhanden, denn der Koalitionspartner ÖVP ist für den Bau des Lobautunnels.

Ohne die Gesetzesänderung würde sich die Frage stellen, ob die Verkehrsministerin weiterhin das Vertrauen der Mehrheit des Nationalrates genieße, meint der Verfassungsjurist. „Wenn nicht, dann kann die Parlamentsmehrheit ein Mitglied der Bundesregierung aus dem Amt entfernen. Eine weitere Möglichkeit wäre darüber hinaus eine Ministeranklage beim Verfassungsgerichtshof“, so Bußjäger. Dazu hebe es jedoch überhaupt keine Praxis.

Ludwig kündigt „juristische Maßnahmen“ an

Konkret werden in einem Verzeichnis im des Bundesstraßengesetz die Bundesschnellstraßen aufgelistet, unter anderem auch die S1, die Wiener Außenring Schnellstraße. Verlaufen soll diese demnach unter anderem zwischen dem Knoten Rasdorf und dem Knoten Schwechat – dazwischen liegt die Lobau.

Verkehrsministerin Gewessler hatte am Mittwoch verkünde, dass der Lobautunnel nicht gebaut werde. Die Projektevaluierung habe sich gegen einen Bau in dem Naturschutzgebiet ausgesprochen. Alle Planungs- und Baumaßnahmen würden eingestellt. Sollte die Stadt die Stadtstraße weiterhin bauen wollen, so werde die ASFINAG jedoch auch die S1-Spange im Norden der Stadt errichten, so die Ministerin.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach von einem „Schlag gegen die Lebensqualität der Menschen in Wien und in der Ostregion“ und kündigte das Prüfen „juristischer Maßnahmen“ an. Denn mit dem Aus für den Lobautunnel würden sich Stau und schlechtere Lebensqualität ergeben.