Sicherheitssprecher Karl Mahrer (ÖVP)
APA/HANS PUNZ
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Politik

ÖVP Wien klärt Blümel-Nachfolge

Die Wiener ÖVP wird heute Abend einen neuen, geschäftsführenden Obmann bestellen. Der frühere Landespolizeikommandant und nunmehrige ÖVP-Nationalratsabgeordnete Karl Mahrer soll auf Gernot Blümel folgen.

Mahrer werde im Zuge von Sitzungen der Parteigremien zum geschäftsführenden Obmann gewählt, wie ein Sprecher der Partei der APA berichtete. Angekündigt waren demnach Treffen des Vorstandes und des Parteipräsidiums. Die Kür zum Parteichef werde zu einem späteren Zeitpunkt auf einem Parteitag erfolgen. Einen Termin gibt es aber noch nicht. Notwendig wurde der Schritt nach den Rücktritten von Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz, Kanzler Alexander Schallenberg sowie von Gernot Blümel als Finanzminister und als Chef der Wiener ÖVP.

Der 66-jährige Mahrer war Wiener Landespolizeikommandant und ist derzeit Sicherheitssprecher der ÖVP im Parlament. Politisch aktiv in der ÖVP ist Mahrer erst seit der türkisen Bewegung. Im August 2017 kündigte er an, dass er bei der Nationalratswahl auf Platz neun der Liste Kurz (ÖVP) kandidieren werde. Seitdem sitzt Mahrer im Nationalrat.

Rolle der Wiener ÖVP im Bund

Ob Mahrer auch eine Option für eine ständige Lösung ist, machte Politikexperte Thomas Hofer Freitagfrüh auf Radio Wien von mehreren Faktoren abhängig. Es seien viele Fragen zu klären, wenn „vorne der Capo fällt, dann ist im Nachhinein klar, dass da vieles an Dominosteinen nachzubesetzen ist“. Und die Frage sei auch generell für die ÖVP Wien, ob da auch wieder ein Regierungsposten herausschaue.

Politikexperte Thomas Hofer zum Kurz-Rückzug, Teil 1

Jetzt könne man sagen, Karl Nehammer sei auch „irgendwie Wiener, ist aber eher, würde ich mal meinen, in Niederösterreich verankert“, so Hofer. Hier sei die Frage wichtig, ob man dann auf Augenhöhe weiter kommunizieren könne? Hofer: „Das war ja von der Anlage her (mit dem Wiener ÖVP-Chef Blümel als Finanzminister, Anm.) keine schlechte Situation für die Wiener ÖVP, die jetzt nicht die stärkste Landespartei im Konzert der Volkspartei ist, dass man da auf Augenhöhe kommunizieren kann. Also ich weiß ich nicht, ob da ein Minister, eine Ministerin herausschaut.“

Politikexperte Thomas Hofer zum Kurz-Rückzug, Teil 2

Von über 30 Prozent auf 9,24 Prozent

Die Wiener ÖVP hatte auch schon früher kein sonderlich leichtes Leben, lag sie doch viele Jahre konstant unter der 20-Prozent-Marke. 2015 fuhr die Rathauspartei mit 9,24 Prozent gar das schlechteste Hauptstadt-Ergebnis aller Zeiten ein. Die 20,4 Prozent vom Vorjahr waren da Balsam auf die (inzwischen auch in Wien entsprechend neu gefärbten) türkisen Seelen.

Dabei war die ÖVP selbst in Wien durchaus einmal eine Großpartei, wenn auch freilich stets im Schatten der übermächtigen Wiener Roten. Konstant lag man – mit zwei Ausnahmen 1969 und 1973 – über dem 30-Prozent-Wert. Das bisher beste Resultat schafften die Rathaus-Konservativen 1983 unter Obmann Erhard Busek. Der Stimmenanteil kletterte damals auf 34,82 Prozent. Busek, ab 1976 ÖVP-Landeschef, war es auch, der den Schwarzen in Wien mit seinen legendären „bunten Vögeln“ einen modernen urbanen Anstrich gab.

Nachdem Busek der Kommunalpolitik Ende der 1980er-Jahre den Rücken gekehrt hatte, begann – zeitgleich mit dem Aufstieg der FPÖ und dem erstmaligen Einzug der Grünen in den Landtag – auch der Sturzflug der Wiener Landesgruppe. Beim Urnengang 1991 sackte die ÖVP um mehr als zehn Prozentpunkte auf 18,05 Prozent ab. Der Negativrekord 2015 wurde unter dem glücklosen Vorgänger Blümels, Manfred Juraczka, verbucht.

18 Obleute seit 1945

Realpolitisch hat man über die Jahrzehnte hin ebenfalls merkbar an Einfluss verloren. Zwischen 1945 und 1973 trugen die Schwarzen durchgehend Regierungsverantwortung – freilich von SPÖ-Gnaden. Denn obwohl die Roten mit einer absoluten Mehrheit auch allein regieren hätten können, überließen sie der ÖVP freiwillig amtsführende Stadtratsposten. Von 1996 bis 2001 gab es nochmals eine rot-schwarze Koalition.

Der damalige Spitzenkanditat der ÖVP, Vize-Bgm. Bernhard Görg (l.) und Kulturstadtrat Peter Marboe (r.),
APA/Roland Schlager
Bernhard Görg (l.) und Peter Marboe

ÖVP-Parteichef Bernhard Görg wurde Planungsstadtrat und Vizebürgermeister, Peter Marboe führte das Kulturressort. 2001 konnten die Roten dann die Absolute zurückgewinnen und diese bis 2010 halten. Seit 1945 hat die Wiener Landesgruppe nicht weniger als 18 Obleute gesehen. Nach dem Ende von Rot-Schwarz folgten etwa Alfred Finz, Johannes Hahn, Christine Marek, Gabriele Tamandl (geschäftsführend), Manfred Juraczka, Gernot Blümel und nun interimistisch Karl Mahrer.