Frau von hinten geht an Abholungsschild vor Lokal vorbei
APA/Roland Schlager
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Wirtschaft

Weniger Lokale mit Take-away im Lockdown

Im vierten Lockdown ist das Take-away-Angebot in der Wiener Gastronomie kleiner geworden. Viele Lokale, die in den letzten Lockdowns Essen zum Mitnehmen gekocht hatten, haben ihr Angebot deutlich reduziert oder ganz gestrichen.

Wer sich schon an die vielfältigen Take-away-Möglichkeiten der vergangenen Lockdowns gewöhnt hat, könnte dieses Mal enttäuscht sein. Denn in vielen Lokalen bleibt die Küche kalt. „Die erste Take-away Euphorie ist vorbei“, bestätigt Peter Dobcak, Gastronomie-Spartenobmann in der Wirtschaftskammer Wien, die Abkehr vieler Gastronomen vom Take-away-Geschäft.

30 Prozent gehen an Lieferdienste

Denn aufzusperren und weiterzukochen rentiere sich für viele nicht. Das hat mehrere Gründe: „Die Kollegen sind draufgekommen, dass Take-away nicht gleich Take-away ist, denn es geht über das eigene Resiervierungsbuch hinaus, heißt: Man muss sich eines Lieferdienstes bedienen und diese Lieferdienste verlangen 30 Prozent vom Umsatz und das geht sich mit der Kalkulation nicht mehr aus.“

Weniger Wirte bieten Essen „to go“

In diesem vierten Lockdown ist das Take-away-Angebot in der Gastronomie deutlich kleiner geworden. Das hängt mit teuren Kosten für Lieferservices zusammen, aber auch mit den Förderungen.

Die hohen Kosten durch die Lieferdienste werden häufig als Hauptgrund genannt, kein Essen „to go“ mehr anzubieten. Doch es gibt einen zweiten. Denn mitunter hat das reduzierte Take-away-Angebot auch mit dem Fördersystem zu tun, das sich im Laufe der vier Lockdowns immer wieder geändert hat. So wird das Take-away-Geschäft im Vergleich zu früheren Lockdowns mittlerweile in den Umsatz miteingerechnet.

„Aufpassen, dass man nicht um Förderung umfällt“

„Es ist jetzt so verhandelt: Wenn man 70 Prozent des Umsatzes unterschreitet im Vergleichszeitraum 2019, dann ist man förderberechtigt“, erklärt Dobcak. Bei Überschreitung fallen die Förderungen weg. „Das heißt, man muss ganz genau aufpassen, wenn man ein Take-away beginnt: Komme ich jetzt über die Grenze oder nicht kalkulatorisch, weil ich dann vielleicht wegen ein paar hundert Euro um die Förderung umfalle.“

Viele seien durch Erfahrung klüger geworden, hätten nun genau nachgerechnet und gesehen: Es lohne sich nicht. Das bestätigt auch die Besitzerin eines Burgerlokals auf der Landstraßer Hauptstraße, Alexandra Psichos: „Wir müssen mindestens 30 Prozent weniger Umsatz haben, dass wir überhaupt in Frage kommen, gefördert zu werden. Das ist sich bei den meisten nicht ausgegangen.“

„Man konnte sich etwas dazu verdienen“

„Bei mir war es zum Beispie so: Hätte ich mit dem Take-away aufgehört, hätte ich eine Förderung bekommen im November.“ Doch das habe sie nicht getan. „Durch das Essenslieferservice, das ich angeboten habe und das minimal ist – wir reden da von zehn Prozent Umsatz –, bekomme ich jetzt gar nichts, Null für den November“, so Psichos. Im Dezember hat die Gastronomin ihr Burgerlokal nun ganz geschlossen.

Letztes Jahr sei es hingegen so gewesen, dass das Take-away-Geschäft im November und Dezember nicht in den Umsatz eingerechnet worden sei, berichtete die Besitzerin von insgesamt zwei Lokalen im dritten und 21. Bezirk. „Man konnte sich sozusagen etwas dazu verdienen.“

Reduziertes Angebot

Manche fahren mittlerweile ein reduziertes Essen-„to-go“-Programm, bieten etwa nicht mehr täglich frisch Gekochtes an, sondern nur einige wenige Speisen im Glas. Oder sie öffnen ihre Take-away-Pforten nur mehr von Freitag bis Sonntag und haben den Rest der Woche zugesperrt.

Abholungsschild vor Lokal
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Schilder wie diese vor den Lokalen sind seltener geworden in der Stadt

Das Figlmüller-Familienunternehmen mit mehreren Lokalen in der ganzen Stadt fährt ebenfalls einen neuen Kurs. Während im Wirtshaus Figls in Grinzing weiter gekocht und ausgeliefert wird, bleiben die anderen Lokale – vor allem auch jene in der Innenstadt – derzeit geschlossen. Und auch in Döbling beschränkt sich die Auslieferung jetzt auf den 19. und 18. Bezirk. Ausgefahren wird das Essen von eigenen Mitarbeitern.

„Wenn es gut geht,ein Nullgeschäft“

In den vorangegangen Lockdowns wurde Take-away auch in den anderen Figlmüller-Lokalen angeboten. Hans Figlmüller nennt im „Wien heute“-Interview mehrere Gründe, weshalb das nun nicht mehr der Fall ist: „Erstens wollten wir mal Urlaub abbauen. Das zweite ist, dass der Handel noch geschlossen hat und wenn der Handel in der Stadt nicht offen hat, ist einfach viel weniger Frequenz da.“ Als dritten Faktor nennt Figlmüller die Kosten: „Das reine Take-away-Geschäft ist, wenn es gut geht, ein Nullgeschäft zur Zeit.“

Die grundsätzliche Struktur eines klassischen Lokals mit Sitzplätzen sei, dass nicht nur Essen produziert und dann ausgeliefert oder abgeholt werde, sondern dass es „viel mehr Rundherum“ gebe, so Figlmüller. „Normalerweie ist der Weg von der Küche zum Gast 50 Meter, jetzt müssen wir die Speise irgendwohin fahren, das heißt, wir können gar nicht so viele Leute bedienen wie im normalen Geschäft.“ Auch Getränkeeinnahmen, wo die Margen größer sind, fallen mehr oder weniger weg.

„2-G-Plus wäre das Schlimmste“

Der Blick in die Zukunft ist düster. Viele Gastronomen rechnen kaum noch damit, dass sie nach dem 12. Dezember aufsperren dürfen, und wenn, dann nur eingeschränkt. Auch bei einem Öffnen mit 2-G-Plus würden viele Gäste ausbleiben, so die Befürchtung. Oder wie es Figlmüller ausdrückt: „2-G-Plus wäre für uns in der Gastronomie wahrscheinlich das Schlimmste, was uns passieren kann – also das Zweitschlimmste. Das Schlimmste wäre, dass wir nie wieder öffnen.“

Eine 2-G-Plus-Regelung – also geimpft oder genesen und mit einem gültigen PCR-Test – würde nur Ausflugsbetrieben oder Haubenlokalen helfen, Lokalen, in die man seltener hingeht, aber sich dafür vorbereitet. Normale Betriebe mit Stamm- und Laufkundschaft würden „massivst leiden“, ist Figlmüller überzeugt.

„Dann können wir gleich zulassen“

Alexandra Psichos befürchtet, dass nächstes Jahr etliche Lokale zusperren müssen. „Viele haben sich Überbrückungskredite genommen, aber jetzt sind wir in der Situation, dass wir die gar nicht bedienen können, weil wir zu haben und keine Umsätze machen.“ Auch Dobcak blickt pessimistisch in die Zukunft: „Entweder wir sperren auf mit Einschränkungen, was zu befürchten ist, oder wir lassen noch länger zu, aber dann können wir gleich zulassen.“