Eingangsbereich Haus des Meeres
GREGOR KUNTSCHER
GREGOR KUNTSCHER
Coronavirus

Aggression gegen Gesundheitsberufe steigt

Immer öfter werden Personen in Gesundheitsberufen mit aggressiven Patientinnen und Patienten konfrontiert. Auch von Drohungen am Telefon wird berichtet. In der Nacht auf Freitag wurde ein Pflegewohnhaus in Ottakring mit CoV-Mythen beschmiert.

Am Nachmittag demonstrierten wieder Menschen gegen die Impfpflicht, für den Samstag hat unter anderem die FPÖ eine Demonstration angekündigt. Die Coronavirus-Schutzimpfung spaltet mitunter Familien und Freundschaften. Auch die Stimmung in den Impfstraßen und bei Impfboxen wird aggressiver.

Ärzte sehen sich immer öfter Beschimpfungen ausgesetzt. „Die Patienten sind ziemlich ungehalten und aggressiv. Ich habe das selbst erlebt. Ich habe in einer Firma geimpft, da habe ich drei Patienten erlebt, die unfreiwillig zur Impfung erschienen sind, und der Umgang mit meinem Team war herablassend und unhöflich“, erzählte Yvetta Zakarian, die Leiterin der Wiener Impfboxen.

Aggression gegen Gesundheitsberufe steigt

Immer öfter werden Personen in Gesundheitsberufen mit aggressiven Patientinnen und Patienten konfrontiert. Auch von Drohungen am Telefon wird berichtet. In der Nacht auf Freitag wurde ein Pflegewohnhaus in Ottakring mit CoV-Mythen beschmiert.

Beschmierungen auf Pflegeheim

In der Nacht auf Freitag schmierten Unbekannte Verschwörungsbotschaften auf das Haus der Barmherzigkeit in Ottakring. „In Anbetracht der herausragenden Leistungen, die unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen Jahren erbracht haben, um die Sicherheit unserer Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten, fehlt uns jegliches Verständnis für diese hinterhältige Aktion“, sagte Roland König, einer der Geschäftsführer des Hauses.

Wenn nun die Personen, die in der CoV-Bekämpfung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen an vorderster Front stehen, zur Zielscheibe von Protestaktionen von Verschwörungstheoretikern werden, sei man an einem Punkt angelangt, an dem höchste Aufmerksamkeit geboten sei, hieß es. Es wurde Anzeige erstattet.

Es komme auch zu Drohungen, berichtete Zakarian, „wo die Kolleginnen am Telefon gewarnt werden, dass sie sich nicht so viel für die Impfung engagieren sollte“. Das Gesundheitspersonal fordert deshalb mehr Securitys und Polizeipersonal bei den Impfstellen.

Im Studio: Autorin Ingrid Brodnig

Die Autorin Ingrid Brodnig ist Expertin für Verschwörungstheorien, sie ist zu Gast im „Wien heute“-Studio.

Mehr Geimpfte als Ungeimpfte

Schutz ist das eine, Aufklärung das andere. Die geimpfte Mehrheit der Bevölkerung dürfe nicht länger schweigen, forderte jetzt eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen. „Es bestürzt mich und macht einen irgendwie ratlos. Ich glaube, es ist auch eine gefährliche Situation, und die Deeskalation wäre sehr wichtig. Es gibt viele Menschen in diesen Gruppen, die zu gewinnen sind durch Dialog und Aufklärung auf Augenhöhe“, sagte Biochemikerin Renee Schröder.

Die Autorin und Journalistin Ingrid Brodnig, die sich mit dem Thema der Impfskeptiker und Verschwörungstheoretiker befasst, ist der Meinung, dass die Gruppe der vehementen Impfgegner kleiner ist, als sie öffentlich wirkt. „Die glaubt aber, dass die Impfung eine Giftspritze ist. Für sie ist Aggression gegen Ärztinnen und Ärzte, die impfen, ein Gefühl der Notwehr.“

Die Mehrheit der Bevölkerung sei aber schon geimpft – in Wien fallen laut derzeitigen Entwürfen rund 326.000 Personen, die derzeit noch ungeimpft sind, unter die Impfpflicht. „Man muss die Leute gewinnen und nicht zwingen“, meinte Schröder. Menschen von der Impfung zu überzeugen, werde immer schwieriger, meinte Brodnig. „Uns fehlen langsam die Nerven, je länger die Pandemie vorangeht, egal ob geimpft oder ungeimpft. Das nagt an uns allen, und es wird schwieriger, sachlich oder empathisch auf andere zuzugehen.“

Berichte häufen sich

In den vergangenen Tagen häuften sich in der Coronavirus-Krise Berichte über Angriffe auf das Gesundheitspersonal. Das Rote Kreuz reagierte am Freitag mit einer Mitmachaktion: Menschen können ein Foto und eine Unterstützungserklärung hochladen und in sozialen Netzwerken teilen, um sich mit den Helferinnen und Helfern in der Pandemiebekämpfung solidarisch zu zeigen – mehr dazu in Aufruf zu Solidarität mit CoV-Helfern (news.ORF.at).