Illustration zum Thema Lobautunnel zeigt ein Feld neben einer landstraße
APA/Hans Klaus Techt
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Politik

WK: Lobautunnel-Aus ohne Rechtsgrundlage

Die Wirtschaftskammer Wien hat zum gestoppten Bau des Lobautunnels ein neues Rechtsgutachten vorgelegt. Dieses kommt zu dem Schluss, dass die Entscheidung des Umweltministeriums „willkürlich und ohne jegliche Rechtsgrundlage“ gefallen sei.

Die Kammer sah den Aufsichtsrat der ASFINAG nun gut beraten, „Schäden für die Aktiengesellschaft, den Wirtschaftsstandort und die Menschen in der Ostregion abzuwenden“, wie es in einer Aussendung hieß. „Dieses neue Rechtsgutachten zeigt sehr klar, dass Aufsichtsratsmitglieder der ASFINAG haften, wenn sie einem Bauprogramm zustimmen, in dem Straßenteile nicht oder nicht mehr enthalten sind, die im Bundesstraßengesetz festgelegt sind. Das ist bei der S1 inklusive Lobautunnel der Fall“, sagte Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien.

Grafik Lobautunnel
ORF
Lobautunnel als Teilabschnitt der S1-Außenringautobahn

Das Rechtsgutachten widerspricht demnach der Argumentation des Umweltministeriums, dass das Bundesstraßengesetz nur eine Ermächtigung darstelle, keineswegs aber eine Verpflichtung eine Straße zu bauen oder innerhalb einer bestimmten Frist zu realisieren. „Diese Behauptung ist nicht haltbar. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu bereits 1990 in einem Erkenntnis zur Phyrnautobahn entschieden, dass die Bundesstraßenverwaltung den Bau von im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Straßen nicht verzögern darf."

Außerdem habe das Umweltministerium in Sachen Lobautunnel die Entscheidungen der ASFINAG nicht abgewartet, sondern die vorgegebene Abfolge umgedreht und die Ergebnisse durch eine mediale Verkündigung am 1. Dezember vorweggenommen, was einer – rechtswidrigen – Weisung entspreche. Sollte der Lobautunnel nicht errichtet werden, beträgt der direkte Schaden für die ASFINAG – und damit die Haftung der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder – vorsichtigen Schätzungen der Wirtschaftskammer zufolge mindestens einen hohen zweistelligen Euro-Millionenbetrag. Der Volkswirtschaft würde zudem mindestens 12,7 Milliarden Euro an Wertschöpfung verlieren.

Bürgermeister Ludwig fühlt sich bestätigt

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) fühlte sich durch das Gutachten bestätigt, wie er via Aussendung mitteilte: „Der Eindruck, dass es sich hier um eine willkürliche Entscheidung der Verkehrsministerin handelt, war bereits durch den Umstand der völligen Intransparenz des Entscheidungsprozesses gegeben.

Außerdem blieb man bis heute jegliche Erklärung über eine entsprechende Rechtsgrundlage für diese weitreichende Entscheidung seitens des Ministeriums schuldig.“ Damit sei nun bestätigt, dass Verkehrsministerin Gewessler einen ganz klaren Handlungsauftrag habe. Denn die rechtsstaatlichen Grundsätze seien jedenfalls einzuhalten. „Die Politik hat dem Recht zu folgen. Und nicht umgekehrt“, konstatierte Bürgermeister Ludwig.

ÖVP: „Tunnel muss umgesetzt werden“

Die Freude wurde von der Wiener ÖVP geteilt. Für Neo-Obmann Karl Mahrer und Klubchef Markus Wölbitsch ist angesichts des Gutachtens nur eine Schlussfolgerung möglich, wie sie in einer Aussendung betonten: „Der Lobautunnel muss von Bundesministerin Gewessler umgesetzt werden.“ Ohne Lobautunnel werde sich auch weiterhin der Schwerverkehr mitten durch die Stadt wälzen und einen zusätzlichen CO2-Ausstoß von rund 75.000 Tonnen jährlich erzeugen, warnte die Volkspartei. Pro Jahr würden angesichts der Verzögerung des Baus, Staukosten von rund 500 Mio. Euro verursacht.

Die ASFINAG versicherte in einer an die APA übermittelten Stellungnahme, dass „selbstverständlich“ alle Entscheidungen von Vorstand und Aufsichtsrat den gültigen rechtlichen Bestimmungen entsprechen würden. Sie würden zudem im Unternehmensinteresse erfolgen, beteuerte man.

Virus: „Fass ohne Boden“

Der erneute Versuch, „das komplexe Innenverhältnis zwischen bmk und der mit der Bundesstraßenverwaltung beauftragten ASFINAG lediglich am Aktienrecht aufzuhängen“, greife weitaus zu kurz, kritisierte VIRUS-Sprecher Wolfgang Rehm das Rechtsgutachten der WKW. Die Absicht, einfach eine missliebige politische Entscheidung zu diskreditieren, sei hier klar erkennbar. Tatsächlich sei es ein großer Schaden für das Unternehmen, wenn die S1-Lobauautobahn umgesetzt werden würde.

Für das riskante Bauprojekt sei davon auszugehen, dass trotz mangelnder Verkehrswirksamkeit und beträchtlicher Umweltrisiken drei bis 4,5 Milliarden Euro auf Schuldenbasis investiert werden müssten. „Das ist ein Fass ohne Boden und sind alle bisherigen Aufwendungen dagegen Peanuts bzw. sind bereits abgelöste Gründe auch wieder verwertbar“, so Rehm abschließend.