Fernsehsendung „Was gibt es Neues?“.
© Wienbibliothek im Rathaus
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Kultur

„Griaß eich …“: Heinz Conrads im Rathaus

„Griaß eich die Madln, servas die Buam!“ – Mit diesen Worten begrüßte Heinz Conrads jahrzehntelang sein Publikum. Die Wienbibliothek im Rathaus lieh sich das inzwischen geflügelte Wort nun als Titel für ihre Ausstellung rund um den Entertainer.

Ab Dienstag ist die Ausstellung geöffnet: Mit vielen Fotos, Plakaten, persönlichen Dokumenten und Fanbriefen gespickt, will das Kuratorenduo Thomas Mießgang und Suzie Wong auch auf die nahezu vergessenen Seiten des frühen Medienstars aufmerksam machen. Nicht zuletzt wegen der räumlichen Knappheit im schlauchartigen „Ausstellungskabinett“ gegenüber den eigentlichen Räumlichkeiten der Wienbibliothek ist das Vorhaben, sich dem „Phänomen“ dieses zeitweise omnipräsenten Radio- und TV-Lieblings anzunähern, äußerst kompakt ausgefallen.

Fotostrecke mit 6 Bildern

Heinz Conrads als lebendiger Rathausmann
© Wienbibliothek im Rathaus
Heinz Conrads als lebendiger Rathausmann
Verwechslungskomödie „Kleopatra die Zweite“ von Max C. Feiler, Wiener Stadttheater. Rolf Wanka und Heinz Conrads in der Rolle des Caius Lutetius
© Wienbibliothek im Rathaus
Verwechslungskomödie „Kleopatra die Zweite“ von Max C. Feiler, Wiener Stadttheater. Rolf Wanka und Heinz Conrads in der Rolle des Caius Lutetius
Szenenfoto aus dem Film „Sonnenschein und Wolkenbruch", Helmut Qualtinger in der Rolle des „Fleck" und Heinz Conrads als „Rost"
© Wienbibliothek im Rathaus
Szenenfoto aus dem Film „Sonnenschein und Wolkenbruch", Helmut Qualtinger in der Rolle des „Fleck" und Heinz Conrads als „Rost"
Faust-Parodie im Theaterkabarett Simplicissimus. Heinz Conrads in der Rolle des Mephisto mit Bühnenpartner Emerich Arleth
© Wienbibliothek im Rathaus
Faust-Parodie im Theaterkabarett Simplicissimus. Heinz Conrads in der Rolle des Mephisto mit Bühnenpartner Emerich Arleth
Dame vom Marktstand und Heinz Conrads. Filmstill aus dem Kurzfilm „Markt“
© Wienbibliothek im Rathaus
Dame vom Marktstand und Heinz Conrads. Filmstill aus dem Kurzfilm „Markt“
Szenenfoto aus dem Film „Der Page vom Palast Hotel", Heinz Conrads in der Rolle der Marguarita Gonzales alias Harry Rubiner
© Wienbibliothek im Rathaus
Szenenfoto aus dem Film „Der Page vom Palast Hotel", Heinz Conrads in der Rolle der Marguarita Gonzales alias Harry Rubiner

Neue „Schichten“ des Entertainers freigelegt

„Wir haben Heinz Conrads hier nicht neu erfunden, aber Schichten freigelegt, an die sich niemand mehr erinnert“, sagte Mießgang bei einem APA-Vorabbesuch. Das betrifft vor allem sein Wirken als Bühnenunterhalter sowie am Theater und im Kabarett. Der ausgebildete Modelltischler, geboren 1913, wollte ursprünglich nämlich in der Schauspielerei und hier im hochkulturellen Fach reüssieren. Die NS-Herrschaft und der Zweite Weltkrieg – für eine immer wieder in den Raum gestellte Nähe Conrads’ zu den Nationalsozialisten habe man bei der Recherche übrigens keinerlei Hinweise oder gar Belege gefunden, betonen die Kuratoren – warfen ihn immer wieder zurück.

Schon in den frühen 1940er Jahren tingelte der noch wenig bekannte Wiener von Modeschau zu Jazzkonzert, von Kinovorstellung zu Ballabend, um als Moderator gute Laune zu verbreiten, wie Fotos, Flyer und Ankündigungsplakate belegen. Nach dem Krieg spielte Conrads wiederholt im Simpl an der Seite von Fritz Muliar, Karl Farkas, Max Böhm oder – ganz genderfluid als Dior-Model, wie man in der Schau staunt – mit Cissy Kraner.

Durchbruch in Film und Theater blieb aus

In den 50ern wirkte er in Unterhaltungskomödien von Franz Antel oder Ernst Marischka mit. Auf einem Szenenfoto zu „Im Sonnenschein und Wolkenbruch“ (1955) entdeckt man auch Helmut Qualtinger, damals noch ein Twen. Den großen Durchbruch im Filmgeschäft schaffte der „beliebteste Nebendarsteller“ (Mießgang) Conrads aber nie.

Das gilt auch für seine Theaterkarriere. Zwar war der Tausendsassa schon ab 1942 an diversen Wiener Häusern zu erleben, spielte im Volkstheater, in der Josefstadt oder gab 1952 bei den Salzburger Festspielen den Dünner Vetter im „Jedermann“. Doch ein – als ausgestellter Zeitungsausschnitt nachzulesender – gnadenloser Verriss des gefürchteten Kritikers Hans Weigel 1959 für Conrads’ Darbietung in „Charleys Tante“ in den Kammerspielen bescherte dem „Heinzi“, dem eine gewisse Dünnhäutigkeit und permanente Unzufriedenheit nachgesagt wird, einen „psychologischen und Karriereknick“ im Theatermetier, wie Mießgang meint.

Reisepass, 1932 ausgestellt
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Conrads hatte ursprünglich eine Ausbildung als Modelltischler absolviert

Ab 1948 mit „Was gibt es Neues?“ auf Sendung

Warum sich an diese Facetten kaum noch jemand erinnert? „Seine Prominenz in Radio und Fernsehen hat alles andere überdeckt“, so der Kurator. Hunderttausende saßen vor ihren Geräten, wenn „Was gibt es Neues?“ ab 1948 aus dem Lautsprecher und „Was sieht man Neues“ ab 1957 (ab 1967 „Guten Abend am Samstag“) wöchentlich über den Bildschirm lief. Beide Formate waren weder innovativ, noch wurden sie im Laufe ihres drei bzw. vier Dekaden währenden Bestehens großartig erneuert.

Wong und Mießgang sehen genau in dieser heimeligen Kontinuität aus harmlos-humoriger Wienerlied- und Habsburger-Seligkeit nach den Katastrophenjahren einen Grund des Riesenerfolgs und nicht zuletzt auch einen Beitrag zur kleinstaatlichen Nachkriegsidentität Österreichs.

Neuer Umgang mit Fernsehkamera

Der zweite Grund: „Conrads Genialität war nicht inhaltlicher Natur, sondern er hat als Erster in Österreich erkannt, wie man mit der Fernsehkamera umgeht“, verweist Mießgang auf das Phänomen der „parasozialen Interaktion“. Er habe seinem Publikum den Eindruck vermitteln können, zu jedem Einzelnen persönlich zu sprechen. „Das ging so weit, dass die Leute daheim mit ihrem Fernseher geredet haben“, sagt der Kurator.

On air blieb Conrads bis zu seinem Todesjahr 1986. Wiewohl es freilich gerade in Zeiten der ORF-Reform Mitte der 1960er Jahre Absetzungsbestrebungen gegeben habe, sagt Wong. Kiloweise Fanbriefe – ein paar Prachtexemplare hat die Wienbibliothek ausgestellt – und Medienkampagnen machten derlei Vorhaben schnell einen Strich durch die Rechnung. „Er hat das alles überlebt“, resümiert die Kuratorin. Oder wie Conrads Zeit seines Lebens sang: „Den Wurschtl kann kaner derschlogn.“