Illustration zum Thema Lobautunnel zeigt ein Feld neben einer landstraße
APA/Hans Klaus Techt
APA/Hans Klaus Techt
Politik

Lobautunnel nicht mehr im ASFINAG-Programm

Der Lobautunnel findet sich nicht mehr in dem am Dienstag beschlossenen Bauprogramm der ASFINAG. Der Aufsichtsrat des Autobahnbetreibers stimmte dem Programm und Budget mehrheitlich zu, hieß es in einer Aussendung.

Die ASFINAG habe das Programm „auf Basis der gesetzlichen Rahmenbedingungen (…) unter Berücksichtigung der Evaluierung und der Zielvorgaben des Klimaschutzministeriums dem Aufsichtsrat“ vorgelegt. Der Aufsichtsratsbeschluss bedeutet den formalen Stopp jener Autobahnprojekte, wo die Evaluierung durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zuletzt ein negatives Ergebnis brachte.

Verfahren werden fortgeführt

Das betrifft unter anderem den umstrittenen Lobautunnel in Wien und die S37 zwischen Kärnten und der Steiermark. Hier würden keinerlei Bauaktivitäten mehr seitens der ASFINAG gesetzt, laufende Verfahren etwa zu Wasserrechten würden im Sinne der Rechtssicherheit aber fortgeführt, erklärte eine ASFINAG-Sprecherin gegenüber der APA.

Geplanter Verlauf Schnellstraße S1 Schwechat–Süßenbrunn und Lobautunnel mit Anschlussstellen und Stadtstraße Seestadt.

Gewessler verteidigte in einer der APA übermittelten Stellungnahme erneut den Stopp der umstrittenen Straßenbauvorhaben: „Mit der Evaluierung des ASFINAG-Bauprogramms haben wir überprüft: Sind Entscheidungen, die wir vor zwanzig oder dreißig Jahren getroffen haben, heute noch vernünftig. Oder brauchen wir heute besser Lösungen, um zukunftsfit mobil zu sein, unser Klima zu schützen und unsere einzigartige Natur zu erhalten.“

Bauprogramm für die nächsten sechs Jahre

Das Bauprogramm umfasse Vorhaben für die nächsten sechs Jahre und beruhe auf den Ergebnissen des Klimachecks. Dabei sei dieser zu deutlichen Ergebnisse gekommen, so die Ministerin: „Die Expertinnen und Experten sagen uns: Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Aus diesem Grund werden wir die Lobauautobahn mit ihrem Tunnel durch ein sensibles Naturschutzgebiet nicht weiterverfolgen. Denn wenn einmal die Bagger durch diese unberührte Natur fahren, ist sie für immer verloren. Wenn die Natur einmal zubetoniert ist, kommt sie nie wieder zurück.“

Das nun beschlossene Programm sei „ein wichtiger Schritt, denn in diesem Bauprogramm ist auch Geld für die Planung von besseren, zukunftsfitten Alternativen vorgesehen“. Gewessler sagte, sie habe Wiens Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) und NÖ-Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) zu Planungen für diese Alternativen eingeladen. „Denn ich hoffe, dass die Expertinnen und Experten jetzt rasch die Arbeit aufnehmen können und gemeinsam die besten Lösungen erarbeiten. Für die Menschen in der Region und für den Schutz unserer Böden und unseres Klimas“, sagte die Umwelt- und Verkehrsministerin.

Mikl-Leitner, Ludwig, Anschober
ORF/Gernot Rohrhofer
Michael Ludwig und Johanna Mikl-Leitner pochten am Dienstag erneut auf den Bau

Wien und Niederösterreich pochen auf Bau

Unterdessen pochten die politischen und wirtschaftlichen Spitzenvertreter von Wien und Niederösterreich erneut auf den Bau des Lobautunnels: In gemeinsamen Aussendungen forderten Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der Wiener Wirtschaftskammer-Präsident Walter Ruck, die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sowie der Präsident der niederösterreichischen Wirtschaftskammer, Wolfgang Ecker, erneut die Einhaltung der Gesetze beim Bau des Tunnels.

Dabei erinnerten die Wiener und niederösterreichischen Vertreter daran, dass der Lobautunnel durch viele Verfahren, darunter auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung, genehmigt worden sei. Er sei im Bundesstraßengesetz und im – bisherigen – Bauprogramm der ASFINAG verankert. „Dieser wichtige Lückenschluss des Regionenrings muss daher umgehend umgesetzt werden“, appellierten sie.

Verwaltungsjurist skeptisch

Erst am Freitag legte die Wirtschaftskammer ein Gutachten vor, das zum Schluss kommt, dass die Ministerin beim Baustopp für das Projekt willkürlich und ohne rechtliche Grundlage gehandelt habe. Ganz so eindeutig sei die Sache nicht, wie der Verwaltungsrechtsexperte Peter Bußjäger kürzlich sagte. Er sieht die Ministerin mit ihrem Baustopp zwar auch auf einem heiklen Terrain, allerdings nur, wenn sie für die Straße samt Tunnel keinerlei Alternativen präsentiere.

ASFINAG: Arbeit für nächste Jahre abgesichert

Mit dem nun adaptierten Bauprogramm wurde auch eine Mittelfristplanung in der Aufsichtsratssitzung mehrheitlich beschlossen. Aufsichtsratsvorsitzende Christa Geyer betonte in einer Aussendung: „Mit dem heute beschlossenen Bauprogramm haben wir die Grundlagen für die Arbeit der nächsten Jahre eines der bedeutendsten Infrastrukturunternehmen des Landes abgesichert. Zwei zentrale Ziele werden damit erreicht: Wir gewährleisten weiterhin ein verlässliches, hochrangiges Straßennetz und gehen gleichzeitig einen nächsten großen Schritt zur Positionierung der ASFINAG als Mobilitätspartner für ganz Österreich.“

Die Gesellschaft bleibe „mit Investitionen von mehr als sieben Milliarden Euro in den nächsten sechs Jahren ein verlässlicher Partner für die Wirtschaft im Land“. Bereits jetzt würden mehr als vier Milliarden Euro in die Erhaltung des bestehenden Autobahnnetzes fließen. „Zukünftig wird es neben den beschlossenen Bauprojekten auch vermehrt Investitionen in erneuerbare Energien sowie in einen massiven Ausbau von E-Ladestationen in ganz Österreich geben“, sagten die ASFINAG-Vorstände Josef Fiala und Hartwig Hufnagl.

Auch TU-Experten erhielten Briefe

Unterdessen erhielten weitere Gegnerinnen und Gegner des Lobautunnels von der Stadt Wien Anwaltsbriefe. Darunter befinden sich auch Verkehrsexperten der Technischen Universität Wien. Barbara Laa und Ulrich Leth sollen sich auf sozialen Netzwerken kritisch zum geplanten Stadtstraßenprojekt geäußert haben, aber selbst nicht an der Besetzung beteiligt sein bzw. gewesen sein, heißt es im „profil“ (Onlineausgabe) am Dienstag.

Mittels Anwaltsbrief hatte die Stadt Wien NGO-Vertreterinnen und -Vertreter, konkret Gegnerinnen und Gegner der geplanten Stadtstraße in der Donaustadt, aufgefordert, das Demonstrationscamp zu räumen. Ansonsten würden rechtliche Schritte eingeleitet. Auch Schadenersatzforderungen wurden in den Raum gestellt. Auch Kinder und Jugendliche erhielten das Schreiben – was Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) am Montag bedauerte, das sei nicht geplant gewesen.