Der Angeklagte im Gerichtssaal
APA/Hans Punz
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Gericht

Prozess: „Bierwirt“ bekannte sich schuldig

Unter regem Medien- und Publikumsinteresse ist am Montag der Prozess gegen jenen Wiener „Bierwirt“ gestartet, der im Frühjahr in der Brigittenau mit gezielten Schüssen seine Ex-Freundin vorsätzlich getötet haben soll. Er bekannte sich schuldig.

Die Krankenschwester hatte wenige Tage vor der Tat ihre Beziehung zu dem 43-Jährigen endgültig beendet. Darauf tauchte der mit einer Pistole bewaffnete Mann am 29. April in ihrer Wohnung auf und soll die Frau erschossen haben.

Angeklagter will „Filmriss“ haben

Neben dem Verbrechen des Mordes musste sich der Wiener auch wegen schwerer Nötigung und wegen Vergehen gegen das Waffengesetz verantworten. „Ich bekenne mich schuldig zu den Taten“, sagte der Angeklagte. An die Tat selbst könne er sich aufgrund seines Alkohol- und Drogenkonsums nicht mehr erinnern. Er sei erst wieder im Spital zu sich gekommen.

„Ich hab nicht gewusst, was ich tue“, sagte er auf mehrfaches Nachfragen, ob er die Tat bewusst begangen habe. „Also nicht geständig“, meinte dazu die beisitzende Richterin daraufhin. Ein reumütiges Geständnis wäre ein wesentlicher Milderungsgrund. „Das, was er gemacht hat, ist das Schlimmste, was man machen kann, das ist ihm klar“, sagte einer seiner drei Verteidiger. Aber sein Mandant habe einen „Filmriss“ gehabt. „Er kann sich an das Tatgeschehen nicht erinnern“, so der Anwalt.

Der Angeklagte im Gerichtssaal
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Erster Prozesstag für den bereits bekannten „Bierwirt“

Streit eine Woche vor Tat

Am 23. April – etwa eine Woche vor den tödlichen Schüssen – kam es bereits zu einem brenzligen Zwischenfall in der Wohnung der 35-Jährigen. Der Angeklagte verhielt sich der Familie der Frau gegenüber derart ungehörig, dass der Vater der 35-Jährigen den Mann aus den Räumlichkeiten warf.

Darauf soll der 43-Jährige eine Schusswaffe auf den Schwiegervater gerichtet und über dessen Kopf in den Türstock gefeuert haben. Deswegen wurde zwar keine Anzeige erstattet, jedoch wollte die 35-Jährige nun definitiv nichts mehr mit dem Gastronomen zu tun haben. „Ich hatte Selbstmordgedanken und wollte die Pistole von der Frau“, erklärte der Angeklagte den Besuch in der Wohnung. Bedroht habe er niemandem mit der Waffe, die er drei Jahre zuvor zum eigenen Schutz erworben hatte.

Ganz anders berichtete der Vater der 35-Jährigen den Vorfall. Er sei sehr wohl von dem 43-Jährigen bedroht worden. Laut seinen Worten meinte er: „Ich bring dich um, dann bring ich deine Frau um“, erzählte der 59-Jährige vor Gericht. Dann erfolgte der Schuss, die Patrone zischte am linken Ohr des 59-Jährigen vorbei und blieb im Türstock stecken. „Auf keinen Fall war er betrunken, er hat ganz genau gewusst, was er tut“, sagte der Zeuge.

Tat in Gegenwart von Nachbarn

Am Tag der Tat, dem 29. April, tauchte der 43-Jährige erneut mit einer Pistole bewaffnet in ihrer Wohnung auf, in der sich zu diesem Zeitpunkt neben der Frau ein Nachbar und dessen 13-jährige Tochter aufhielten. Die Pistole soll ein Dealer in seinem Biergeschäft vergessen haben. In Gegenwart der beiden soll er der Frau zunächst in den Oberschenkel und dann in den Kopf geschossen haben.

Laut Staatsanwältin forderte er anschließend den Nachbarn auf, die Wohnung zu verlassen und seine Kinder zu adoptieren. Er werde „in 20 Jahren rauskommen“, dann wolle er sie sehen. Der schockierte Nachbar lief mit den Kindern in seine Wohnung und verriegelte diese. Der Angeklagte setzte sich mit hochprozentigem Alkohol im Hof des Wohnbaus auf eine Bank, trank zwei Flaschen nahezu zur Gänze aus und wartete auf die Polizei, die ihn kurze Zeit später festnahm.

Hoher Alkoholpegel erst nach der Tat

„Ich kann mich an nichts mehr erinnern“, sagte der 43-Jährige mit ruhiger Stimme. Bereits in der Früh habe er eine Flasche Wodka getrunken und ein Medikament eingenommen. Danach konsumierte er noch einige Schnäpse. Zum Zeitpunkt der Festnahme hatte der Beschuldigte laut Berechnungen 3,5 bis 3,6 Promille Alkohol im Blut, zudem den Aufputscher Ephedrin, das Beruhigungsmittel Benzodiazepin und Marihuana, erklärte ein Gutachter vor Gericht.

Prozess gegen „Bierwirt“ gestartet

Der „Bierwirt“ soll Ende April seine ehemalige Lebensgefährtin aus nächster Nähe erschossen haben. In Wien ist der Prozess gegen den 43-Jährigen gestartet.

Ob sich der Promillewert nun daraus ergibt, weil der 43-Jährige bereits zuvor getrunken hatte, oder durch das Nachtrunkverhalten, war für das Gericht von großem Interesse. Laut dem Gutachter sprachen die Blaufärbung der Haut mit einer Sauerstoffsättigung von 67 Prozent, der Brechreiz und das Lallen des Angeklagten für „eine Anflutung für Alkohol“, sprich für den Nachtrunk. Auch die Zeugen gaben an, dass der Mann vor der Bluttat nur leicht beeinträchtigt wirkte.

Maßnahmenvollzug beantragt

Dem Mann drohen im Falle eines Schuldspruches zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Aufgrund seiner Persönlichkeitsstörung beantragte die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Ausschlaggebend dafür sind die gutachterlichen Feststellungen des psychiatrischen Sachverständigen Siegfried Schranz. Der bescheinigt dem Mann zwar Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt, kommt aber zum Schluss, dass dieser eine psychische Störung aufweist, die einer seelisch-geistigen Abnormität höheren Grades gleichkommt, welche ursächlich für die Bluttat war. Zudem soll der regelmäßige Konsum von Benzodiazepinen, Alkohol und Kokain beim Angeklagten Verhaltensstörungen bewirkt haben.

Dieses Gemenge macht den Angeklagten nach Ansicht von Schranz derart gefährlich, dass der Sachverständige mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ davon ausgeht, dass er ohne die im Maßnahmenvollzug gewährleisteten haftbegleitenden therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten weitere Tötungsdelikte sowie andere Taten mit schweren Folgen begehen könnte. Die Staatsanwaltschaft hält daher im Fall eines anklagekonformen Schuldspruchs die Unterbringung des 43-Jährigen in einer Sonderstrafanstalt für erforderlich.

Urteil für Mittwoch erwartet

Am Montag wird noch kein Urteil erfolgen. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt. Die Familie hat sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Die Eltern verlangten 15.000 Schmerzengeld plus Begräbniskosten von rund 16.000 Euro. Die Brüder der Getöteten schlossen sich mit je 7.000 Euro an. Die Kinder, die durch die Tat zu Halbwaisen geworden sind, leben nun bei den Großeltern.

Bei der Bluttat in der Brigittenau handelte sich nach APA-Zählung chronologisch um die neunte von bisher insgesamt 31 Tötungen einer Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner in diesem Jahr in Österreich.