Der Angeklagte im Gerichtssaal
APA/Hans Punz
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Gericht

Lebenslang und Einweisung für „Bierwirt“

Wegen Mordes, schwerer Nötigung und Verstoß gegen das Waffengesetz ist am Wiener Straflandesgericht der „Bierwirt“ zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Zusätzlich wurde er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der 43-Jährige musste sich vor Gericht verantworten, weil er im Frühjahr in der Brigittenau nach dem Beziehungs-Aus seine Ex-Freundin mit gezielten Schüssen getötet hat.

Der Wahrspruch der Geschworenen ist bereits rechtskräftig. „Ich nehme das Urteil an, ich will büßen“, sagte der 43-Jährige im Anschluss an die Verhandlung. Als erschwerend wurden die massive Vorstrafenbelastung, der Mord an einem Angehörigen sowie das Zusammentreffen mehrerer Straftaten gewertet.

Mildernd waren das teilweise Geständnis, dass es bei einer Tat beim Versuch blieb und dass er die Taten unter einem Einfluss einer geistigen Abnormität begangen hat. Dass er bei den tödlichen Schüssen berauscht war, hat das Gericht nicht als mildernd gewertet.

Bierwirt verurteilt

Der 43-jährige Bierwirt wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und wird in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Verhandlungsbeginn mit Geständnis

Denn im Mittelpunkt der Verhandlung stand der Grad der Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Tat. Am ersten Verhandlungstag am Montag bekannte sich der Gastronom zwar schuldig, jedoch wollte er sich an die Tat aufgrund seiner Berauschung auch durch verschreibungspflichtige Medikamente nicht mehr erinnern.

Am Mittwoch gab er dann zu Verhandlungsbeginn eine Erklärung ab. „Es tut mir leid, ich bekenne mich zu allem schuldig“, las er von einem Zettel vor. „Ich will es selbst nicht wahrhaben, dass ich zu so einer miesen Tat fähig bin.“ Der psychiatrische Sachverständige habe recht, der Alkoholkonsum (und die damit verbundenen Erinnerungslücken, Anm.) sei eine Schutzbehauptung gewesen, er habe den Verdrängungsmechanismus aktiviert.

„Mehr möchte ich nicht sagen. Ich bin in mich gegangen. Mir ist klar, dass ich Verantwortung übernehmen muss“, las er weiter mit ruhigen Worten vor. Auf Nachfragen der beisitzenden Richterin sprach er dann allerdings erneut davon, an den Tattag „fast keine Erinnerung“ zu haben.

Angeklagter aus Rechtsstreit mit Maurer bekannt

Der Angeklagte, der neben Manfred Arbacher-Stöger auch von Rudolf Mayr und Gregor Klammer anwaltlich vertreten wurde, hatte es vor der inkriminierten Tat zu einiger unrühmlicher Berühmtheit gebracht, indem er einen Rechtsstreit mit der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer anzettelte. Seit dieser Zeit soll auch sein Alkohol- und Drogenkonsum zugenommen haben, was in der Beziehung mit seiner Lebensgefährtin zu enormen Problemen führte.

Bereits am 23. April – etwa eine Woche vor den tödlichen Schüssen – kam es zu einem brenzligen Zwischenfall in der Wohnung der 35-Jährigen. Der Bierwirt verhielt sich der Familie der Frau gegenüber derart ungehörig, dass der Vater der 35-Jährigen den Mann aus den Räumlichkeiten warf. Darauf soll der 43-Jährige eine Schusswaffe gezogen, repetiert, das Schießeisen auf den Schwiegervater gerichtet und über dessen Kopf in den Türstock gefeuert haben. Deswegen wurde zwar keine Anzeige erstattet, jedoch wollte die 35-Jährige nun definitiv nichts mehr mit dem Gastronomen zu tun haben.

Zwischenfälle bereits vor der Tat

Am 29. April tauchte der 43-Jährige erneut mit einer Pistole bewaffnet in ihrer Wohnung auf, in der sich zu diesem Zeitpunkt neben der Frau ein Nachbar und dessen 13-jährige Tochter aufhielten. Die Pistole soll ein Dealer in seinem Craftbeer-Geschäft vergessen haben. In Gegenwart der beiden soll er der Frau zunächst in den Oberschenkel und dann in den Kopf geschossen haben. „Sie sagte noch: ‚Holt’s die Polizei!‘ Dann folgte der erste Schuss“, berichtete der Nachbar als Zeuge am ersten Prozesstag.

Der Angeklagte meinte laut dem Zeugen dann: „Niemand holt die Polizei!“ Anschließend forderte der Bierwirt den Nachbarn auf, die Wohnung zu verlassen und seine Kinder zu adoptieren. „In ein paar Jahren“ würde er kommen und sie wieder holen, sagte der Bierwirt dem Zeugen zufolge. Danach trank er zwei Flaschen Schnaps quasi aus und wurde festgenommen.

Schmerzensgeld für Familie

Die Familie der 35-Jährigen hatte sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Den Eltern wurden 15.000 Schmerzensgeld plus Begräbniskosten von rund 16.000 Euro zugesprochen. Die Brüder der Getöteten erhalten je 7.000 Euro. Die Kinder, die durch die Tat zu Halbwaisen geworden sind und sich in Therapie befinden, leben nun bei den Großeltern. Sie verlangen von ihrem Vater je 25.000 Trauer- und Schockschaden. Die Kinder des Nachbarn erhalten je 5.000 Schockschaden.

Bei der Bluttat in der Brigittenau handelte es sich laut APA-Zählung chronologisch um die neunte von bisher insgesamt 31 Tötungen einer Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner in diesem Jahr in Österreich.