Ein Impfpass wird gestempelt
APA/EXPA/Johann Groder
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Coronavirus

Impfpass gegen Geld: Mehrere Dutzend Fälle

Im Austria Center Vienna (ACV) soll ein Netzwerk aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im großen Stil Impfpässe gefälscht haben. Nun flog der Betrug auf, die betreffenden Mitarbeiter des Samariterbundes wurden entlassen. Nach ersten Informationen geht es um mehrere Dutzend Fälle.

Gegenüber der Tageszeitung „Heute“ erhebt eine Mitarbeiterin des Samariterbundes schwere Vorwürfe: Eine Gruppe von Kollegen soll gegen Geld falsche Impfpässe ausgestellt haben. „Zuerst wurde von den Leuten Geld kassiert, um sie anschließend ohne verabreichte Impfung als Immunisierte ins System einzutragen“, berichtete die Informantin. Diese Information sei per Mundpropaganda rasch weitergetragen worden.

Impfunwillige hätten sich dann bei speziellen Mitarbeitern gemeldet und seien bis in die Impfkabinen geschleust worden, ohne dort tatsächlich einen Stich zu erhalten. „Das musste alles in Absprache passieren. Wer sich seinen Impfpass fälschen lassen wollte, der musste genau wissen, mit wem er reden und in welche Kabine er gehen muss“, so die Mitarbeiterin gegenüber „Heute“.

Warteschlange  im Austria Center
ORF
Die Impfunwilligen wurden durch die gesamte Impfstraße geschleust, ohne tatsächlich einen Stich zu erhalten

Betroffene Mitarbeiter entlassen und angezeigt

Eine Sprecherin des Samariterbundes bestätigte die Vorwürfe gegenüber Radio Wien. Durch aufmerksame Kolleginnen und Kollegen sei Anfang Dezember der Betrug schließlich aufgeflogen. Nachforschungen zeigten dann auch, dass es ungewöhnlich viele Impfungen gegeben habe, ohne dass eine E-Card dazu gesteckt wurde. „Es haben auch Personen Pässe erhalten, die gar nicht im Austria Center waren“, so die Sprecherin. Man habe sofort reagiert, die betreffenden Personen entlassen und Anzeige bei der Polizei erstattet. Auch die Sicherheitsmaßnahmen in der Impfstraße wurden verschärft – und etwa die Aufgaben auf mehrere Stationen verteilt.

Impf-Betrug im Austria Center

Bis zu 100 Betrugsfälle mit Impfungen könnte es im Austria-Center im Dezember gegeben haben. Zwei Mitarbeiterinnen wurden gekündigt. Sie sollen Personen einen Impfpass ausgestellt haben ohne dass diese eine Impfung erhalten haben. Das Sicherheitskonzept wurde verbessert.

Laut der Sprecherin wurden zwei Mitarbeiterinnen entlassen, diese hätten den Betrug auch zugegeben. Ob das Netzwerk größer angelegt war, würden die Ermittlungen zeigen – auch Details zum Ablauf des Betrugs wollte sie nicht preisgeben bzw. bestätigen. Ärztinnen und Ärzte seien allerdings definitiv keine betroffen. Die Impfung darf ja auch von diplomiertem Gesundheitspersonal verabreicht werden. Die Sprecherin geht von „mehreren Dutzend“ Fällen aus – wie viel die Betroffenen für ihre falschen Impfbestätigungen ausgegeben haben, ist noch unklar. Für sie hat der Vorgang derzeit keine Konsequenzen – denn eine Nachverfolgung ist nicht möglich.

Polizei ermittelt an zwei Fronten

Der Polizei sind derzeit zwei voneinander getrennt zu betrachtende Fälle bekannt: Bereits im September sei eine Mitarbeiterin im Austria Center Vienna aufgeflogen, die einen Kollegen gebeten hatte, in ihren Impfpass ohne Stich den Stempel einzutragen. Dieser Fall sei bereits an die Staatsanwaltschaft berichtet worden, sagte Polizeisprecherin Barbara Gass. Dabei handle es sich um einen einzelnen Fall.

Mitte Dezember gab es eine Anzeige gegen eine weitere Mitarbeiterin, die mehrere Namen im Gesundheitssystem eingetragen haben soll. Gegen diese Verdächtige wird wegen Vorbereitung der Fälschung öffentlicher Urkunden oder Beglaubigungszeichen (Paragraf 227 StGB) ermittelt, so Gass. Der Polizeisprecherin zufolge sei den Ermittlern derzeit eine Zahl der Fälle im unteren zweistelligen Bereich bekannt. Ob und wie viel Geld dabei geflossen ist, sei noch Gegenstand von Ermittlungen. Man befinde sich erst am Anfang der Erhebungen, sagte Gass.

Verschärfte Regeln für Arztstempel

Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art im Austria Center: Im Juni flog auf, dass einige Mitarbeiter bereits abgestempelte, nicht personalisierte Impfnachweise entwendeten. Probleme hat es laut Ärztefunkdienst auch mit verschwundenen Arztstempeln gegeben. Da hat man bereits nachgeschärft: Die Stempel werden nun abgezählt, nur gegen Unterschrift ausgehändigt und müssen in der Mittagspause wieder eingesammelt werden, wie die „Kronen Zeitung“ berichtete.