Sie befindet sich in der Zentrale der Wiener Netze – hinter einem Tor mit der Aufschrift „Odor-Tor“. Durch riesige gelbe Rohre kommt das Erdgas – meist aus Russland, von der Nordsee und in kleinen Teilen aus dem Wiener Becken und dem oberösterreichischen Alpenvorland – hier an. Zu diesem Zeitpunkt riecht es noch nach nichts.
Bevor das Gas zu seinem Geruch kommt, muss es auf einen niedrigeren Druck und die richtige Temperatur gebracht werden, erklärt Robert Deiger von den Wiener Netzen gegenüber „Wien heute“. „Es ist so, dass das Erdgas eine gewisse Temperatur benötigt, um sich mit dem Odor zu vermengen, das ist in etwa zehn Grad, das muss durch die Vorwärmung erreicht werden.“
THT-Zerstäubung im „Odorkammerl“
Danach kommt das Gas in die Odorierungsstation, oder wie es hier in Simmering genannt wird: in das „Odorkammerl“. Der Raum ist tatsächlich sehr klein, der stechende Geruch stark ausgeprägt. Im „Odorkammerl“ wird nun Tetrahydrothiophen (THT) im Erdgas zerstäubt. Es handelt sich um einen stark faulig riechenden Stoff, dessen Geruch alle kennen, die schon einmal auf einem Gasherd gekocht haben. Nur ist er im „Odorkammerl“ wesentlich intensiver und unangenehmer.
Nach jedem Zerstäubungsschritt ist ein lautes Klacken zu hören: „Jedes Klacken bedeutet, dass ein Kubikmeter Erdgas uns verlassen hat. (…) Und bevor es uns verlässt, bekommt es noch den typischen Geruch des Tetrahydrothiophens von uns mit“, erklärt Deiger das Procedere.
Wiener Duftnote
Was überrascht: Gas riecht nicht überall gleich. Weltweit werden verschiedene Odorierungsstoffe verwendet. Die in Wien verwendete Duftnote wird auf dem internationalen Markt eingekauft. „Das Erdgas soll absichtlich nicht gut riechen, sondern es soll einen dementsprechenden Geruch haben nach faulen Eiern, sodass man erkennt: Hier ist etwas, das man auf alle Fälle melden muss“, sagt Deiger.
Zu Besuch in der Gas-„Parfümerie“
Es habe früher auch die Idee gegeben, einen angenehmeren Geruch zu verwenden, man sei „dann aber draufgekommen, dass die Menschen es nicht so erkennen“. Es müsse aus Sicherheitsgründen einfach ein bisschen stinken.
Was tun bei Gasgeruch?
Erdgas ist nicht giftig, es ist leichter als Luft und verflüchtigt sich schnell. Nur in einem bestimmten Mischungsverhältnis mit Sauerstoff kann es explodieren. Daher sollte Gasgeruch immer ernst genommen werden, heißt es bei den Wiener Netzen. Fünf Schritte sollten im Fall des Falles befolgt werden: Zuerst sollte gelüftet werden, damit das Gas entweichen kann. Offene Flammen wie Kerzen oder Zigaretten müssen gelöscht, Feuerzeuge dürfen nicht verwendet werden.
Gasnotrufnummer
Den Gasnotruf erreicht man unter der Nummer 128.
Auch Licht- oder Geräteschalter sollten sicherheitshalber nicht verwendet werden, ebensowenig kein Telefon oder Handy, da an elektrischen Geräten Funken entstehen könnten, die sich entzünden. Der Gashahn soll nach Möglichkeit zugedreht werden. Er befindet sich meist im Keller. Danach sollte die Wohnung oder das Haus verlassen und von dort der Gasnotruf 128 gerufen werden. Er ist kostenlos und rund um die Uhr erreichbar.
Und wer jetzt noch auf Nummer sicher gehen und sich vergewissern will, wie Gas überhaupt riecht, kann sich bei den Wiener Netzen Geruchsproben in Form von einer Rubbelkarte zuschicken lassen.