Haut wird tätowiert, Nahaufnahme
APA/dpa/Marcus Brandt
APA/dpa/Marcus Brandt
Gesundheit

EU-Farbverbot: Tattoostudios sehen schwarz

Tätowierer sehen schwarz: Laut einer neuen EU-Verordnung sind seit heute viele Farben für Tattoos verboten – aus gesundheitlichen Gründen. Die rund 100 Studiobetreiber der Stadt verlieren auf einen Schlag zwei Drittel der bisher angebotenen Farbpalette. Die Verzweiflung ist groß.

Seit Dienstag unterliegen Tausende Chemikalien in Tattoo-Farben in der gesamten EU den Beschränkungen durch die sogenannte REACH-Verordnung. Für Tätowierer und Petitionsinitiator Erich Mähnert kommt das „quasi einem Berufsverbot“ gleich, derzeit könne er keine Farbtätowierungen stechen. Eine Petition mit rund 176.000 Unterschriften blieb bisher erfolglos.

Weitere Einschränkungen kommen

Viele der rund 4.000 Substanzen sind aus Sicht der EU potenziell gefährlich oder nicht ausreichend erforscht. 2020 wurde das Verbot beschlossen, die Übergangszeit läuft nun aus. Das Ziel ist laut EU-Kommission nicht, Tätowierungen grundsätzlich zu verbieten. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) betont laut Deutscher Presse-Agentur, es gehe darum, „Tätowierfarben und Permanent-Make-up sicherer zu machen“.

Katalogseiten mit abgebildeten Tattoos
ORF
Bunte Tattoos kann man sich vorerst nur im Katalog ansehen, aber nicht stechen lassen

Kommendes Jahr soll es weitere Einschränkungen geben – dann sind auch die beiden Farbpigmente „Blau 15:3“ und „Grün 7“ betroffen, die in zwei Dritteln aller Tätowierfarben enthalten sind. Dass diese jetzt noch zur Herstellung zur Verfügung stehen, macht laut Mähnert keinen Unterschied.

Grenzwerte für Zusatzstoffe „unrealistisch“

„Tätowierfarbe ist kein Rohstoff, sondern ein Gemisch“, betonte der stellvertretender Innungsmeister bei der Wirtschaftskammer in Wien. Die REACH-Verordnung lege unter anderem die Etikettierung sowie die Grenzwerte einiger Substanzen fest, die zur Herstellung von Farben gebraucht werden. Diese Grenzwerte etwa für Zusatzstoffe seien allerdings „unrealistisch“, kritisierte Mähnert. In Europa gebe es kaum ein Labor, das diese messen könne.

EU-Farbverbot: Tattoostudios sehen schwarz

Tätowierer sehen schwarz: Laut einer neuen EU-Verordnung sind seit Dienstag viele Farben für Tattoos verboten – aus gesundheitlichen Gründen. Die rund 100 Studiobetreiber der Stadt verlieren auf einen Schlag zwei Drittel der bisher angebotenen Farbpalette. Die Verzweiflung ist groß.

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie sei zudem in Sachen Rohstoffbeschaffung und Forschung viel Zeit verloren gegangen, erklärte der Tätowierer. Die großen Hersteller hätten zwar angekündigt, rechtzeitig Alternativen zu liefern, bis dato sei dies aber nur bei Schwarz, Schattentöne und Weiß eingetreten.

Petition und Rechtsgutachten bisher erfolglos

Der Bitte nach mehr Zeit für die Umsetzung der REACH-Verordnung kam die EU-Kommission laut Mähnert nicht nach. Auch eine Petition, die im Herbst 2020 im EU-Parlament eingereicht wurde, und ein Rechtsgutachten an die Brüsseler Behörde blieben bisher erfolglos. Die EU-Kommission verweist unterdessen auf ausreichend Vorlauf für Alternativen seit den Beschlüssen.

Sendungshinweis:

Wien heute, 19.00 Uhr, ORF 2

Die Lage, was die Auswirkungen der chemikalischen Stoffe betrifft, ist nicht eindeutig. Zu diesem Schluss kommt Hautarzt Andras Cseh. „Ich kann mich aus der derzeitigen Datenlage heraus nicht mit gutem Gewissen für ein Verbot oder eine weitere Zulassung aussprechen“, sagte der Facharzt für Dermatologie am Wiener Dermacare Institut im Frühjahr. Er forderte „viel mehr Studien“.

Nie in klinischen Studien überprüft

Den Schritt zum Verbot vieler enthaltener Substanzen findet der deutsche Dermatologe Christoph Liebich laut dpa „vollkommen richtig“. Viele Tattoo-Farben auf dem Markt seien nicht nachweislich unbedenklich. „Viele sind nie in klinischen Studien überprüft worden. Das heißt, Tattoo-Farbstoffe haben immer ein großes Risiko, eine Allergie auszulösen, es besteht auch die Gefahr, dass Krebs entstehen kann“, mahnte er.

Offiziell sind in Österreich rund 1.400 Tätowierer und Pigmentierer von der Verordnung betroffen. Hierzulande ist bereits jeder Vierte tätowiert. Zehn Prozent ließen sich bereits mehrfach verzieren.