Chronik

Deutlicher Anstieg bei Betretungsverboten

Die Zahl der Annäherungs- und Betretungsverbote zum Schutz vor Gewalt ist in Wien im Vorjahr deutlich gestiegen – auf rund 4.200. Bei der Wiener Polizei erklärt man das mit einer Sensibilisierung der Polizeibeamtinnen und -beamten.

Die Polizei mache in Wien sehr viel in der Gewaltprävention. So seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit sensibilisiert worden, „dass die Betretungs- und Annäherungsverbote deutlich steigen“, so Polizeipräsident Gerhard Pürstl in einem Interview mit der APA. 2019 gab es rund 2.500 derartige Maßnahmen, 2020 etwa 3.400, 2021 wurden rund 4.200 Betretungs- und Annäherungsverbote ausgesprochen.

Laut einer Analyse der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie waren die Betretungs- und Annäherungsverbote in den Jahren davor jedoch gesunken – besonders wenn man dabei auch das Bevölkerungswachstum in Wien berücksichtigt.

Journaldienst soll bei Gewalteinsätzen helfen

Polizeipräsident Pürstl strich auch hervor, dass es seit Mitte 2021 einen Support für das Thema Gewalt in der Privatsphäre gebe. Beim akuten Einschreiten in Gewaltdelikte im Privaten haben Polizeibeamtinnen und -beamten dabei laut Pürstl die Möglichkeit, einen Journaldienst zu kontaktieren. Dieser solle anhand von Anhaltspunkten an Ort und Stelle und abgespeicherten Daten „eine Prognose erstellen, wie gefährlich der mutmaßliche Täter wirklich ist“, so Pürstl.

Seit September ist jeder Gefährder zudem verpflichtet, sich innerhalb von fünf Tagen für eine insgesamt sechsstündige Gewaltberatung anzumelden. In Wien wird das über den Verein Neustart abgewickelt. „Eine Betreuung des Täters oder des Gefährders kann helfen, Opfer zu vermeiden. Wenn der Betreffende nicht hinkommt, kann die Sicherheitsbehörde durch Bescheid eine Vorladung veranlassen. Ich glaube, das ist ein Meilenstein oder ein ganz wesentlicher Beitrag bei der Vorbeugung von Gewalt in der Privatsphäre“, sagte Pürstl.

Zehn Morde im Vorjahr

Zehn Tötungsdelikte stufte die Wiener Polizei 2021 als Morde ein. Sechs davon sind laut Pürstl auf Gewalt in der Privatsphäre zurückzuführen. Damit entspreche Wien trotz Großstadtstatus hochgerechnet dem bundesweiten Schnitt: „Es hat mich gewundert, dass sich die Zahlen die Waage mit ganz Österreich halten“, so der Polizeipräsident. Denn in der „anonymen Großstadt“ habe die Polizei weniger Möglichkeiten, präventiv tätig zu sein, als in ländlicheren Gegenden, wo sich die Polizeiinspektion und die Bevölkerung teilweise persönlich kennen würden.

Frauen sind überproportional von Gewalt im privaten Bereich mit Tötungsfolge betroffen. Alleine im vergangenen Jahr wurden 31 Frauen in Österreich mutmaßlich ermordet. Laut Polizei lag in über 71 Prozent der Fälle im Jahr 2020 ein Bekanntschaftsverhältnis zwischen Opfer und Täter vor. In den meisten Fällen waren die Täter Partner oder Ex-Partner des Opfers.

Seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie verzeichnete die Frauenhelpline gegen Gewalt einen deutlichen Anstieg von konkreten Anrufen: 2020 riefen 40 Prozent mehr Frauen und Mädchen an als 2019. In Wien stieg auch die Zahl von Anzeigen wegen Gewalt im Privatbereich von 5.704 im Jahr 2019 auf 6.409 im Jahr 2020.