Koloskopie
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Gesundheit

Rückgang bei Darmkrebsvorsorge

Darmkrebs ist eine der häufigsten Krebserkrankungen – und früh erkannt oft heilbar. Doch in der Pandemie sank die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen um 15 Prozent. Fachleute schlugen deshalb am Mittwoch in Wien Alarm.

Vor allem im Jahr 2020 hätten deutlich weniger Menschen Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt, aus Angst vor dem Coronavirus, sagt Bonni Syeda, Präsidentin des Berufsverbandes österreichischer Internisten: „In den letzten sechs Monaten war es schon besser.“

Der Wiener Darmspezialist Friedrich A. Weiser beobachtete, dass in den ersten Monaten der Pandemie nur Menschen gekommen seien, die Blutungen hatten, Menschen ohne Symptome seien hingegen zuhause geblieben. Das zieht laut dem Arzt auch bereits erste Auswirkungen nach sich: „Wir sehen immer wieder doch fortgeschrittene Fälle, die man vor zwei Jahren wahrscheinlich in einem früheren Stadium erwischt hätten“, so Weiser gegenüber „Wien heute“.

Weniger Darmkrebs-Vorsorge in CoV-Jahren

Darmkrebs ist oft heilbar, wenn er in einem frühen Stadium erkannt wird. Doch in der Pandemie ist die Zahl der Vorsorgeuntersuchungen gesunken und liegt bei den über 50-Jährigen nur bei etwa 18 Prozent. Eine Gruppe von Fachleuten hat deshalb Alarm geschlagen.

Untersuchungen ab 50. Geburtstag

Darmkrebs ist in Österreich die dritthäufigste Krebserkrankung. Laut Statistik Austria erkrankten 2018 4.563 Menschen, 2.569 Männer (elf Prozent aller Krebserkrankungen) und 1.994 Frauen (zehn Prozent). Erste Daten würden bereits einen Anstieg bei Darmkrebsfällen zeigen, erklärt Syeda – allerdings sei es für eine Einschätzung noch zu früh. Die Auswirkungen des Vorsorgerückgangs werde man „vermutlich in fünf bis zehn Jahren“ sehen, meint die Internistin.

Grundsätzlich sollte jeder ab dem 50. Geburtstag zur Darmkrebsvorsorge gehen, bei Darmkrebs in der Familie ca. zehn Jahre vor dem Alter, in dem der Angehörige erkrankt ist. Bei manchen Karzinomarten dauert es von der Vorstufe bis zum Krebs bis zu 20 Jahre, bei anderen, aggressiven Formen nur wenige Jahre. Wenn bei der Vorsorge-Untersuchung alles in Ordnung war, sollte nach maximal zehn Jahren erneut eine Koloskopie erfolgen. Bei gefundenen Polypen nach vier bis sieben Jahren.

Entfernung von Polypen gleich möglich

Die Untersuchung, genannt Koloskopie, sollte unter Sedierung weitgehend schmerzfrei ablaufen. Dabei können bedenkliche Polypen sofort entfernt werden, noch bevor sich Krebs entwickeln kann. Die Koloskopie sei also quasi Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchung in einem, betont Gaby Sonnbichler, Geschäftsführerin der Wiener Krebshilfe. Spät entdeckte Karzinome könnten dazu führen, dass man die Krankheit eventuell nicht überlebe.

Die Regelungen für kostenlose Vorsorge-Koloskopien variieren von Bundesland zu Bundesland, ebenso deren Inanspruchnahme. Während Vorarlberg auf rund 30 Prozent kommt, liegt Wien bei 16 bis 18 Prozent und Niederösterreich nur neun, so Darmspezialist Weiser. In seiner Kassenordination im Wohnpark Altera sind Koloskopien auch am Wochenende möglich.

In Wien übernimmt Kasse Kosten für Sedierung

Zur Gegensteuerung forderten die Spezialistinnen und Spezialisten bei einem Medientermin in Wien am Mittwoch nachdrücklich Maßnahmen von den politisch Verantwortlichen. Dazu zählt laut ihnen die Aufklärung, etwa über moderne Koloskopie-Verfahren.

Viele wissen wenig über neue, schmerzfreie Methoden, erklärt der Arzt, der von einem „neuen Level in Diagnostik und Therapie“ spricht. Er plädiert für eine Erinnerung an die Koloskopie für alle ab 50. Einheitliche Regelungen könnten die Quoten ebenfalls erhöhen – aktuell übernimmt beispielsweise nur in Wien die Krankenkasse auch die Kosten für den Dämmerschlaf.

Auch junge Menschen können betroffen sein

Einer kürzlich veröffentlichen Analyse des Deutschen Krebsforschungszentrums unter Einbeziehung von Daten einer mehrjährigen Studie zufolge sind auch junge Menschen von Darmkrebs betroffen: Vor allem bei starkem Übergewicht/Adipositas ist die Wahrscheinlichkeit etwa doppelt so groß. Weist man im Alter von 20 Jahren extremes Übergewicht auf, ist das Risiko um das 2,6-Fache erhöht.