Auto mit Strafzettel für falsch Parken in Wien
ORF.at/Dominique Hammer
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Politik

ÖVP will Parkpickerl-Ausnahme für Lehrer

Mit März wird in Wien das Parkpickerl auf die gesamte Stadt ausgedehnt. Die ÖVP befürchtet nun, dass sich dadurch die Personalprobleme an den Pflichtschulen weiter zuspitzen könnten. Sie fordert deshalb eine Ausnahmeregelung für Lehrerinnen und Lehrer.

Denn laut dem obersten Wiener Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Thomas Krebs herrscht an Wiens Pflichtschulen schon jetzt „Personalnotstand“. Dass die Lage „prekär“ sei, betonte auch der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer am Donnerstag vor Journalistinnen und Journalisten. „Die Schule brennt.“ Derzeit gebe es jeden Tag mehrere Personalabgänge und obwohl bereits rund 1.000 Personen (etwa Lehramtsstudierende) mit Sondervertrag eingesetzt würden, seien derzeit rund 100 Stellen unbesetzt. Laut Krebs haben allein seit dem Ende der Weihnachtsferien 13 Lehrerinnen und Lehrer ihren Vertrag aufgelöst.

Flächendeckendes Parkpickerl verschärft Lage

Dass nun mit Simmering, Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing das Parkpickerl auch auf jene Bezirke ausgeweitet wird, in denen der Pendleranteil bei Lehrern besonders hoch ist, drohe die Situation stattdessen weiter zu verschärfen, warnten Mahrer und Krebs. Immerhin habe knapp ein Viertel der Wiener Lehrer seinen Wohnsitz außerhalb der Bundeshauptstadt. Krebs fordert deshalb, dass Lehrer unabhängig vom Wohnort auf das Parkpickerl zugreifen können, oder eine alternative Lösung, die weiter eine Anreise mit dem Auto ermöglicht. Für die Polizei gebe es eine solche Ausnahmeregelung, betonte Mahrer.

ÖVP: Freies Parken für Lehrer

Die Wiener ÖVP fürchtet, dass sich noch mehr Lehrer aus Wien verabschieden werden, wenn sie mit der Einführung des flächendeckenden Parkpickerls keine Ausnahme erhalten. In Bezug auf den Lehrer-Mangel in Wien fordert die ÖVP einen Runden Tisch.

Wenn Wiener Lehrer ihren Job aufgeben, sei der Grund laut Rückmeldungen nicht das Schülerklientel, sondern etwa der mühsame Anfahrtsweg, hob Krebs die Rolle des Parkpickerls hervor. Für viele sei das Auto wegen schlechter Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel schlicht alternativlos. Wenn die Lebensqualität durch einen längeren Anfahrtsweg leide, würden viele Pädagoginnen Wien notgedrungen verlassen. Mittelfristig brauche es gegen den Personalmangel zudem weitere Maßnahmen wie etwa täglich anwesendes medizinisches und psychosoziales Unterstützungspersonal.

Probleme mit großen Klassen und Integration

Als Gründe für den Personalmangel nannte der frühere Wiener Landespolizeivizepräsident Mahrer neben Sprachproblemen (sechs von zehn Volksschülern in Wien haben eine andere Umgangssprache als Deutsch) auch Probleme mit Integration und Gewalt. Dazu kämen neben der Pensionierungswelle bei steigenden Schülerzahlen noch im Vergleich zu anderen Bundesländern größere Klassen, diesbezüglich läuft gerade ein Prüfersuchen an den Wiener Stadtrechnungshof.

Laut Lehrervertreter Krebs (FCG) können die Schulen wegen Personalengpässen schon jetzt grundlegende Aufgaben nicht mehr erfüllen, besonders schlimm sei die Lage an den Volksschulen und in der Sonderpädagogik. Gleichzeitig sei die Konkurrenz groß, weil auch andere Bundesländer Lehrer suchen. „Wien muss Anreize bieten.“

Im kommenden Gemeinderat soll es deshalb einen Antrag auf einen Runden Tisch geben, bei dem gemeinsam mit Gewerkschaft und Oppositionsparteien ein Maßnahmenpaket zur Attraktivierung des Lehrerberufs in Wien erarbeitet werden soll. Außerdem soll erhoben werden, wieso Lehrer Wien überhaupt verlassen. In einem weiteren Beschlussantrag will die ÖVP Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) auffordern, in den von der Parkpickerl-Ausweitung betroffenen Bezirken eine Bedarfsanalyse an den Pflichtschulen durchzuführen und für individuelle Lösungen für die betroffenen Lehrer zu sorgen.

Wiederkehr sieht Bund in der Pflicht

Wiederkehr spielte den Ball an den Bund weiter: Wien stehe wie alle Bundesländer vor der Herausforderung einer Pensionierungswelle bei den Lehrern, der für die Ausbildung zuständige Bund müsse sich hier rasch um Maßnahmen wie Quereinsteiger-Angebote kümmern. Mahrer solle bei seinem Parteikollegen Bildungsminister Martin Polaschek einen Runden Tisch einfordern, man werde gerne daran teilnehmen.

Wien baue zudem bereits das Unterstützungspersonal aus, damit Lehrer sich besser auf das Unterrichten konzentrieren können. Für eine stärkere Entlastung und kleinere Klassen bräuchte es allerdings „endlich“ einen bundesweiten Chancenindex, bei dem Schulen mit besonders vielen Schülern mit Förderbedarf mehr Mittel bekommen. Um Personalengpässe zu überbrücken, sucht die Bildungsdirektion derzeit zudem per Brief Lehramtsstudentinnen und -studenten. Einige hätten sich schon gefunden, heißt es. Vereinzelt wollen auch pensionierte Lehrkräfte einspringen, die von der Bildungsdirektion kontaktiert wurden.

Parkpickerl-Probleme auch bei Elementarpädagogen

Fritz Pöltl, FCG-ÖAAB-Fraktionsvorsitzender in der Wiener Arbeiterkammer, hat am Donnerstag per Aussendung unterdessen vor den Auswirkungen des Parkpickerls auf Privatkindergärten gewarnt. Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der privaten Organisationen von „KIWI- Kinder in Wien“ und der St. Nikolausstiftung (Pfarrkindergärten) seien deshalb vor dem Absprung aus ihrem Job. Er forderte, dass die Privatkindergarten-Mitarbeiter auch ohne einen Hauptwohnsitz in Wien ein Parkpickerl beantragen können sollen, wenn eine öffentliche Anreise unzumutbar wäre.

Stadt will keine Ausnahmen machen

Die Stadt hat allerdings der Forderung nach Ausnahmeregeln für Lehrer oder auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Privatkindergärten bereits zurückgewiesen, berichtet „Heute“ (Donnerstagausgabe). In den 18 übrigen Bezirken funktioniere das Parkpickerl seit vielen Jahren gut und auch dort gebe es keine Ausnahmen abgesehen von Beschäftigten mit Dienstbeginn vor 5.30 Uhr.

„Klassifizierungen nach Berufsgruppen sind nicht möglich“, wird der Leiter der Verkehrsabteilung MA 46, Markus Raab, zitiert. Laut dem Büro von Stadtrat Wiederkehr gibt es außerdem jetzt bereits Ausnahmegenehmigungen für jene Personen, denen es nachweislich nicht möglich ist, mit den Öffis zur Arbeit zu kommen.