Gewalt an Frauen – Sujetbild
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Chronik

300 Gewalttäter pro Monat in Beratung

Seit September müssen sich Gewalttäter dazu verpflichten, sechs Stunden mit Fachleuten über ihr Gewaltproblem zu sprechen. Zumindest jene, die aus einer Wohnung weggewiesen wurden oder gegen die ein Annäherungsverbot ausgesprochen wurde. Eine erste Bilanz zeigt die hohe Zahl der Fälle.

Aus Eifersucht wurde Rene (Name geändert) handgreiflich und schlug seine Frau. Die Polizei kam und sprach ein Betretungsverbot aus. Der Pensionist, der seit über 40 Jahren mit seiner Frau verheiratet ist, musste sich innerhalb von fünf Tagen beim Verein Neustart zur verpflichtenden Beratung melden.

Laut Neustart-Leiter Nikolaus Tsekas melden sich über 70 Prozent der betroffenen Personen noch am gleichen Tag der Wegweisung. Die Beratung und intensive Auseinandersetzung bringe etwas, so Tsekas. Außerdem: „Sechs Stunden zur Gewaltprävention sind sechs Stunden mehr als bisher zur Verfügung gestanden sind.“

Polizei sensibilisiert

Vor dem 1. September 2021 sprach die Polizei nur ein 14-tägiges Betretungsverbot aus – in der Hoffnung, dass das ausreicht, um die Gewaltsituation zu beruhigen. Nun kommen allein in Wien pro Monat 300 Personen zum Verein Neustart, „die sich tatsächlich an uns wenden müssen. Und die meisten tun es. Was ja sehr erfreulich ist. Das heißt pro Woche 60 bis 70 Fälle“, so Tsekas.

Eine hohe Zahl, die aber auch mit der Sensibilisierung der Polizei aufgrund der vielen Femizide im vergangenen Jahr zu tun haben könnte. „Es wird jetzt in Wien lieber ein Betretungsverbot zu viel ausgesprochen als zu wenig“ so Tsekas. „Das finde ich den richtigen Schritt.“

Verplichtende Männerberatung

Für Männer mit Gewaltproblemen gibt es nun Hilfe: Seit erstem September müssen sich Gewalttäter dazu zu verpflichten, mindestens sechs Stunden mit Fachleuten über ihre Probleme zu sprechen.

Weitere Unterstützung als Ziel

Rene schloss seine Gespräche inzwischen ab und versucht nun die Tipps der Beratungen umzusetzen. „Bevor irgendetwas eskaliert, geh ich halt ein paar Stunden spazieren oder besuche einen Freund.“ Ziel der Beratung ist auch, dass Gewalttäter danach weiterführende Unterstützung annehmen, um nicht rückfällig zu werden.