Fußgänger in Wiener Einkaufsstraße
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Coronavirus

Höhepunkt der Omikronwelle steht bevor

Rekordzahlen bei Neuinfektionen, der Lockdown für Ungeimpfte endet, rund eineinhalb Millionen Österreicherinnen und Österreicher ungeimpft. Die Lage in den Spitälern ist ruhig. Experten sehen keine aktuelle Bedrohung: Doch es könnte sich rasch wieder ändern.

Als Grund für den Ende des Lockdowns für Ungeimpfte gab die Bundesregierung die stabile Lage in den Spitälern an. Weitere Lockerungen seien aber nicht vorgesehen. Ab Montag dürfen sie zumindest ohne besonderen Grund ihre Wohnung verlassen und Freunde besuchen. Von allen anderen Bereichen – Handel, Gastronomie, Kultur- und Sportveranstaltungen sind sie jedoch weiterhin ausgeschlossen. Laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein bleibt die 2-G-Regel in den meisten Bereichen aufrecht.

In Wien sind derzeit laut AGES 13 Prozent aller 489 Intensivbetten inklusvie der erweiterbaren Kapazitäten von Coronapatienten belegt. Etwas anders das Bild auf den Normalstationen: Hier gibt es 777 Betten in den Wiener Krankenhäusern, rund 40 Prozent davon werden für Covid-19-Patienten gebraucht.

Pilz gegen Verwirrung und Schnellschüsse

Für die Patientenanwaltschaft kommt die Erleichterung für ungeimpfte Personen zu früh, sie spricht von „Symbolpolitik“: „Ich meine, dass wir überhaupt zum jetzigen Zeitpunkt nicht ständig an den Schrauben drehen sollten, denn es ist für die Menschen schwierig, sich überhaupt noch zu orientieren. Was ist denn jetzt gerade die Regel?“, sagte Pilz gegenüber „Wien heute“. Ihr gehe es besonders um den Schutz vulnerabler Gruppen, also Menschen mit Autoimmunerkrankungen, Kinder und alte Menschen: „Die brauchen unseren Schutz.“

Wiens Patientenanwältin Sigrid Pilz
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Sigrid Pilz, Patientenanwältin

Es sei richtig, zu schauen was in den kommenden 14 Tagen an Belastungen auf uns zukomme, einerseits in den Spitälern, andererseits für die Bevölkerung und die Infrastruktur. Sie habe allerdings auch den Eindruck, dass manche Bundesländer auf die Strategie setzen „Lassen wir es durchrauschen und jeder soll halt schauen, wo er bleibt“, so Pilz. Der Druck der Wirtschaft sei sehr groß, dennoch halte sie es nicht für richtig, jetzt diesem Druck nachzugeben – „wo wir noch so wenig wissen, wo wir noch nicht auf dem Höhepunkt der Welle sind“.

Aktuelle Lage lasse „gewissen Spielraum“

Den Höhepunkt der Omikronwelle erwartet der Komplexitätsforscher Stefan Thurner von der Uni Wien nicht in dieser Woche: „Ob es im Laufe der nächsten Woche oder der übernächsten Woche zu einem Peak kommt, ist schwer zu sagen. Aber die Möglichkeit besteht, dass das in der ersten Februarwoche oder in der zweiten Februarwoche passiert“, so Thurner.

Angesichts von mehr als 34.000 Neuinfektionen in Österreich, davon 10.000 in Wien, müsse man im Hinterkopf behalten, dass zwar die Fallzahlen hoch sind, aber relativ wenig Patienten ins Gesundheitssystem kämen, also auf Normalstationen oder Intensivstationen, sagte im „Wien heute“-Gespräch. Das erlaube einen gewissen Spielraum. Allerdings werde es sich erst im Nachhinein zeigen, ob diese Entscheidung (Lockdown-Ende für Ungeimpfte, Anm.) zu diesem Zeitpunkt richtig gewesen sei.

Komplexitätsforscher Stefan Thurner, Universität Wien

Derzeit gebe es keine unmittelbare Bedrohung, dass die Intensivstationen überlastet werden könnten, so Thurner weiter. Anders auf den Normalstationen, wo es Stress geben könnte, weil viele- Angehörige des medizinischen Personals angesteckt oder wegen Quarantäne ausfallen würden. Und es gibt eine neue Variante des Coronavirus, die sich in einigen Ländern wie Dänemark oder England bereits stark durchsetzt, und zu dieser Variante sei bisher noch sehr wenig bekannt. Ob die zu verstärkten Belastungen des Gesundheitssystem führen wird, werde man erst sehen.

Thurner sieht auch neue Variante im Anrollen

Die Ausfälle oder Verspätungen bei den Daten zu den CoV-Infektionen sind laut Thurner für Prognosen sehr wichtig. Gerade wenn Zahlen steigen, wäre es wichtig, einen guten Überblick zu haben: „Das liegt uns leider oft nur mit großer Zeitverzögerung vor…“. . Leider falle das System aus, wenn es Höhepunkte gebe. Die Daten zeitverzögert zu betrachten, bringe für eine Prognose aber relativ wenig.

Er bezeichnete es als „sehr, sehr wahrscheinlich“, dass die oben erwähnte neue Variante auch nach Österreich kommen werde: „In vielen Ländern sieht man sie ein bisschen kommen bereits, in manchen Ländern ist sie stark da, Dänemark und England zum Beispiel, und die kommt sicher auch zu uns (…) ich würde sagen ab jetzt.“