Medikament gegen Covid-19
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Coronavirus

Neue Strategie: Medikamente gegen Covid-19

Um die Gefahr eines schweren Covid-19-Verlaufs zu verringern, setzt Wien nun auch auf Medikamente. Die Stadt kontaktiert infrage kommende Menschen von sich aus. Doch das Wundermittel gegen Covid-19 sind die Pillen leider nicht.

Er glaube nicht, dass die Medikamente helfen können, die Zeit der Pandemie zu verkürzen. Sie können aber dazu beitragen, dass es individuell Menschen besser geht – sprich, dass weniger Menschen ins Spital müssen oder dass sie einen schweren Verlauf erleiden, sagte der klinische Pharmakologe Markus Zeitlinger in „Wien heute“. Grundsätzlich sei es auch so, dass die Medikamente auch die Dauer verkürzen können, in der das Virus übertragen werden kann. Ob das allerdings in der Pandemie tatsächlich dazu führt, dass weniger Menschen angesteckt werden, dazu würden Daten fehlen.

Patienten, die an Long Covid leiden, nützen diese Medikamente nicht. Für Patienten, die schon länger an Covid-19 leiden, „können wir diese Medikamente nicht brauchen“, so Zeitlinger. Im Gegenteil, sie müssten sehr früh in der Erkrankung eingesetzt werden, innerhalb der ersten fünf Tage der Infektion. Ob Sie dann einen positiven Effekt haben, also ob Sie Covid vielleicht verhindern könnten, „das wissen wir noch nicht, weil wir diese Medikamente noch nicht lange genug kennen“. Aber das sei natürlich auch eine Hoffnung.

Medikamente kein Ersatz für Impfung

Impfungen würden vorbeugend wirken, die Medikamente dürften aber erst eingesetzt werden, wenn der Patient positiv sei, sagte Zeitlinger weiter. Gehe es darum, zu verhindern, dass Patienten ins Spital müssen, so sei die Wirksamkeit der Spritzen viel höher als die der Medikamente. Und dann sei da noch der Preis. Während Impfstoff de facto unbegrenzt vorhanden sei „und beinahe nichts kostet“, koste bei den beiden Medikamenten eine orale Dosis ungefähr 500 Euro, die intravenösen Antikörper ungefähr 2.000 bis 2.500 Euro pro Dosis.

Für Zeitlinger sind die Medikamente „eindeutig“ kein Grund, auf die Impfung gegen das Coronavirus zu verzichten. Keines der Medikamente könne das Risiko einer schweren Erkrankung komplett auf Null reduzieren, man wisse noch nicht, wie sie sich auf Long Covid auswirken, „und die Medikamente haben natürlich auch Nebenwirkungen“. Sie seien zwar grundsätzlich gut verträglich, aber es seien besonders Wechselwirkungen bei Patienten zu beachten, die noch andere Medikamente einnehmen. Übelkeit, Durchfall oder Geschmacksverlust seien weitere mögliche Nebenwirkungen.

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Neue Strategie in Wien

Bis dato bekamen 112 Patientinnen und Patienten in Wien eines der Medikamente. Die Stadt sieht im Einsatz der Medikamente eine neue, zusätzliche Strategie gegen Covid-19. Personen, die möglicherweise einer Risikogruppe angehören und die mit dem Virus infiziert sind, werden vom Gesundheitsdienst (MA 15) aktiv kontaktiert. Dort wird abgeklärt, ob ein Einsatz spezieller Medikamente möglich bzw. nötig ist. Dann wird das Medikament dem Patienten ins Haus geliefert. Die Gefahr eines schweren Verlauf soll damit reduziert werden. Die Verabreichung erfolgt mittels Infusion oder durch orale Einnahme.

Medikamente für Immunschwache

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ), der Direktor des städtischen Gesundheitsverbunds, Michael Binder, Landessanitätsdirektorin Ursula Karnthaler und Florentin Glötzl, der im Gesundheitsverbund für die Abwicklung zuständig ist, erläuterten am Donnerstag im Gespräch mit Journalisten das Konzept. Dieses sieht sogar vor, Personen, die nicht infiziert sind, entsprechend zu behandeln. Zielgruppe sind Menschen, die etwa aufgrund von Erkrankungen schwer immunsupprimiert sind, sodass sie trotz Impfung keine Antikörper bilden können.

Auch bei der Stadt wurde betont, dass die Medikamente keinesfalls ein Ersatz für die Impfung sein könnten. Ziel sei es, dass die Therapie künftig auch über den niedergelassenen Bereich erfolgt. Derzeit sind die betreffenden Medikamente Sotrovimab und Molnupiravir (mit den Markennamen Xevudy und Lagevrio, Anm.), die zentral über den Bund eingekauft werden, aber auch noch nicht frei verfügbar.

Fast 15.000 Fälle inklusive Nachmeldungen

Die Neuinfektionen mit dem Coronavirus seit Mittwoch sind wieder auf einen Rekordwert geklettert. Allein in Wien sind 14.711 Fälle registriert worden, wobei allerdings Nachmeldungen zu Verzerrungen geführt haben.

Der hohen Infektionszahlen in Wien stehen allerdings mit Problemen im Epidemiologischen Meldesystem in Zusammenhang. Dort kam es laut Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zu einem Programmierfehler, der nun entdeckt und bereinigt worden sei. Nun seien die Fälle nachgemeldet worden. Dies sei die Ursache für den aktuellen Spitzenwert, betonte Mario Dujakovic, der Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats, auf Twitter.

Hacker gegen weitere Lockerungen

Angesichts der hohen Zahlen sprach sich Hacker auch gegen weitere Lockerungen aus. Er begrüßt edie Vorgangsweise der Bundesregierung, den Lockdown für Ungeimpfte aufzuheben, aber die 2-G-Regel für Handel und Gastronomie aufrechtzuerhalten. Er „wüsste jetzt nicht, was ich daran kritisieren sollte und unterstütze auch diese Entscheidung und finde sie auch nachvollziehbar“, so Hacker. Denn um einen Lockdown in diesen Bereichen zu verhindern, brauche es die 2-G-Regel als Schutzmaßnahme.