Das Wiener Heumarkt-Areal, aufgenommen am Donnerstag, 6. Juli 2017
APA/Hans Punz
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Kultur

Heumarkt-Gutachten: Welterbe nicht gefährdet

Wiens Innenstadt dürfte einer Streichung von der Roten Liste des gefährdeten UNESCO-Weltkulturerbes einen weiteren Schritt näher gekommen sein. Ein neues Gutachten stuft das adaptierte Bauprojekt auf dem Heumarkt nicht mehr als welterbegefährdend ein.

Das wurde am Donnerstag in einer Aussendung des zuständigen Wiener Landtagspräsidenten Ernst Woller (SPÖ) berichtet. Demzufolge kommt die vom Architekten Michael Kloos erstellte Welterbeverträglichkeitsüberprüfung zum Schluss, dass das Projekt „Heumarkt neu“ nun keine schwerwiegende visuelle Beeinträchtigung mehr darstelle – anders als im 2019 ebenfalls von Kloos erstellten Gutachten zum damaligen Projektstand konstatiert.

Plan B für Heumarkt ohne Turm
ORF/Isay Weinfeld und Sebastian Murr
Statt des Turms soll nun eine 48 Meter hohe „Wohnscheibe“ gebaut werden

„Wohnscheibe“ statt Turm: Noch keine Bilder

Das Gutachten wurde vom Kulturministerium in Auftrag gegeben und nun von diesem an die UNESCO zur Begutachtung übermittelt, wie es hieß. Hintergrund ist, dass der im Architektenwettbewerb 2014 noch gekürte Plan von Architekt Isay Weinfeld mit einem 74 Meter hohen Hochhausturm stark verändert wurde. Nun soll neben dem geplanten Neubau des Hotels InterContinental mit einer Höhe von 48 Metern im rechten Winkel eine „Wohnscheibe“ mit einer Höhe von 56,5 Metern anstelle des Turms entstehen.

Visualisierungen des neuen Projektentwurfs für die Öffentlichkeit gebe noch nicht, erklärte man beim Bauwerber Wertinvest gegenüber wien.ORF.at. Voraussichtlich würden diese erst im Sommer veröffentlicht, rund um die nächste Sitzung des UNECSO-Welterbe-Komitees, so Wertinvest-Geschäftsführerin Daniela Enzi.

Wertinvest will „Teil der Lösung sein“

„Wir wollen Teil der Lösung sein, mit der Wiens Weltkulturerbe-Status erhalten bleiben kann, und arbeiten trotz Genehmigungsfähigkeit an einer möglichen Projektadaptierung“, erläuterte Enzi in einer schriftlichen Stellungnahme. „In enger Abstimmung mit der Stadt Wien und den verantwortlichen Ministerien sind wir zuversichtlich, dass die UNESCO unsere Anstrengungen positiv bewertet und wir die nächsten Schritte machen können.“

Mehrwerte des Projekts für die Bevölkerung wie die Neuerrichtung des Wiener Eislaufvereins würden jedenfalls auch mit den neuen Projektentwurf bestehen bleiben, betonte die Wertinvest-Geschäftsführerin gegenüber wien.ORF.at.

Welterbe-Komitee tagt im Juni

Bereits im November wurde der von der UNESCO geforderte Managementplan vom Gemeinderat beschlossen, mit dem der Schutz des Welterbes stärker in den städtischen Richtlinien verankert wird. Mit diesem Paket an Maßnahmen soll das 2001 zum Welterbe erklärte und 2017 auf die Rote Liste gesetzte historische Zentrum Wiens wieder von der Gefährdungsliste gestrichen werden.

„Ziel der Stadt Wien ist es, dass auf Grundlage der zwischenzeitlich gesetzten Schritte das UNESCO-Welterbe-Komitee bei seiner nächsten Sitzung im Juni 2022 in Kasan, Russland, Wien von der Liste der gefährdeten Welterbestätten löscht“, zeigte sich das Büro des Landtagspräsidenten wohlgemut.

ÖVP fordert „Schlussstrich“, FPÖ Projektstopp

Kritik übte am Donnerstag die Wiener ÖVP: Von einem konkreten und präzisen Entwurf, wie das Projekt letzten Endes wirklich ausgestaltet sei, fehle weiterhin jegliche Spur, heißt es in einer Aussendung des designierten Landesparteiobmanns Karl Mahrer und Planungssprecherin Elisabeth Olischar. „Es muss nun endlich ein Schlussstrich gezogen werden und am Ende eine Welterbe-konforme Lösung garantiert werden“, wird gefordert. Es brauche zudem zusätzliche Maßnahmen, damit sich ein derartiger Fall nicht wiederholen könne.

Die Wiener Freiheitlichen wollen indes einen kompletten Stopp des Projekts: "Die Wiener SPÖ muss ihren politischen Kniefall vor dem Milliardär Michael Tojner endlich beenden“, so Landesparteiobmann Dominik Nepp in einer Aussendung. Man werde im Rathaus erneut einen Antrag einbringen, das Projekt zu stoppen und die Widmung aufzurollen. Nepp ortet unter anderem "erhebliche Schnittmengen zu Fragen um die Komplexe Buntes Wohnen und Chorherr“ – auch wenn die Vorwürfe bestritten würden.