Karl Mahrer
APA/Herbert Neubauer
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Politik

Politikexperte: Kurswechsel in Wiener ÖVP

Der Obmannwechsel in der Wiener ÖVP, von Gernot Blümel zu Karl Mahrer, bringt auch einen Kurswechsel. Die Partei fahre nun einen freundlicheren Kurs gegenüber der Stadtregierung – auch für eine Koalition in der Zukunft, so Politikexperte Thomas Hofer.

Die Signale stünden auf Zusammenarbeit, meint Politikberater Thomas Hofer im Radio-Wien-Interview. So wird beispielsweise das Wiener Klimapaket, ein Prestigeprojekt der SPÖ-NEOS-Stadtregierung, im Gemeinderat von der ÖVP mitgetragen – ebenso der Bau der Stadtstraße und der Protest gegen die Absage des Lobautunnels.

Hofer hebt auch hervor, „wie sehr man eigentlich zum Beispiel auch die Corona-Maßnahmen, jedenfalls seitens der Wirtschaftskammer, mitgetragen hat, obwohl das intern sicherlich nicht immer einfach war.“ Gerade zu Beginn der Pandemie habe sich die Wiener ÖVP hingegen noch sehr stark am Wiener Weg abgearbeitet.

Karl Mahrer
ORF
Mahrer war früher stellvertretender Präsident der Wiener Polizei

Oppositionspartei braucht „gewisse Reibungsflächen“

Der Obmannwechsel habe in der Wiener ÖVP einiges verändert: „Man darf nicht vergessen, dass Gernot Blümel natürlich nicht nur einer der engsten Vertrauten von Sebastian Kurz war, sondern klarerweise auch für das türkise System gestanden hat.“ Jetzt sei die Konfrontationsstellung zwischen Blümel und dem Wirtschaftsflügel, der immer relativ gut mit dem Bürgermeister gekonnt habe. aufgelöst, so Hofer. „Man rückt wieder ein Stück zurück in eine Zeit, wo man eben durchaus die Brücken zur SPÖ und zum Rathaus intakt gehalten hat“, meint Hofer im Radio-Wien-Interview.

Der Kurswechsel sei für die Wiener ÖVP jedoch eine Gratwanderung – weil diese auch ihr Profil als Oppositionspartei schärfen müsse. Die Partei müsse also aufpassen, „dass das nicht unter Anführungszeichen ‚zu zahm‘ wird. Natürlich muss man sich klarerweise als Oppositionspartei auch gewisse Reibungsflächen aufbauen.“

Die ÖVP denke nun langfristig, so die Einschätzung des Politikberaters – „wohl schon in Richtung einer zukünftigen Koalitionsbildung, dann irgendwann nach der nächsten Wahl“. Aktuell hat die Wiener SPÖ mit den NEOS ja bereits einen Koalitionspartner – und Neuwahlen sind keineswegs in Sicht.

Mahrer seit Dezember an Spitze der Wiener ÖVP

Nach dem Rücktritt von Gernot Blümel als Finanzminister und auch als Wiener ÖVP-Chef wurde Anfang Dezember 2021 Karl Mahrer zum geschäftsführenden Obmann gewählt. Mahrer war seit 2017 Nationalratsabgeordneter für die ÖVP und früher Vize-Polizeivizepräsident in Wien.

Etwa Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hatte schon bei Mahrers Wahl zum Obmann auf eine bessere Zusammenarbeit gehofft: „Der ganze Charakter von Karl Mahrer lässt einfach hoffen, dass es besser wird. Er ist vor allem ein Mann, den ich kennengelernt habe, dem der Zusammenhalt auch sehr wichtig ist“, so Sima damals in einer Stellungnahme.