In diesem Gemeindebau hat Topmanager Siegfried Wolf seit mehr als 40 Jahren eine Wohnung gemietet
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Chronik

Stadt will Wohnung von Wolf zurück

MAN-Investor Siegfried Wolf hat seit mehr als 40 Jahren eine Gemeindewohnung in Wien-Favoriten gemietet. Doch Anspruch darauf hatte er schon lange nicht mehr. Wiener Wohnen will jetzt von Wolf die Wohnung zurück.

Der millionenschwere Manager und ehemalige ÖIAG-Aufsichtsratschef ist seit seiner Lehrzeit Mieter im Gemeindebau. 1978 hat Wolf die Wohnung in der städtischen Wohnanlage in Wien-Favoriten bezogen. Laut Nachrichtenmagazin „profil“ meldete er 2003 statt dem Hauptwohnsitz einen Nebenwohnsitz an. Damit hatte er eigentlich keinen Anspruch mehr auf die Wohnung. Im November 2021 meldete er sich dann ganz ab. Er ist aber weiter Mieter geblieben und hat tatsächlich noch Miete bezahlt, hieß es von Wiener Wohnen gegenüber „Wien heute“.

„Er hat jetzt einen Monat Zeit“

Nachdem das Nachrichtenmagazin von dem Fall berichtet hat, will jetzt Wiener Wohnen die Wohnung zurück, weil es keinen Wohnbedarf mehr gibt, wie es heißt. „Mittels Schreiben hat Wiener Wohnen den Hauptmieter Wolf aufgefordert, die Wohnung zurückzugeben. Er hat jetzt einen Monat Zeit, das zu tun“, sagte Wiener-Wohnen-Sprecherin Andrea Janousek. Ansonsten würde die Sache vor Gericht gehen.

Außerdem prüft Wiener Wohnen noch, ob Wolf die Wohnung untervermietet hat. Denn an der Adresse hatten mehrere Personen – darunter auch Familienmitglieder – ihren Nebenwohnsitz gemeldet.

Ein Sprecher Wolfs erklärte auf Anfrage nur: „Herr Wolf hat schon gegenüber dem profil klargestellt, dass er diese Wohnung während seiner Zeit als Lehrling übernommen hat, aber jetzt nicht mehr dort wohnt.“

Multimillionär in Gemeindewohnung

Siegfried Wolf ist MAN-Investor, millionenschwerer KFZ-Manager und ehemaliger ÖIAG-Aufsichtsratschef. Der Multimillionär hat seit mehr als 40 Jahren eine Gemeindewohnung in Wien-Favoriten gemietet. Wiener Wohnen will nun von Wolf die Wohnung zurück.

Einkommen wird nur bei Vergabe geprüft

Dass der Fall von Wolf intern nicht schon früher entdeckt und geprüft worden ist, erklärt Wiener Wohnen mit Datenschutzgründen. Denn man habe für gewöhnlich keinen Zugriff auf das Melderegister. Erst im Verdachtsfall könne das geprüft werden, so die Behörde.

Um eine Gemeindewohnung zu bekommen, darf das Einkommen einen Grenzwert nicht überschreiten. Geprüft wird das Einkommen aber nur bei der Vergabe der Wohnung. Im Fall von Wolf war das im Jahr 1978, als er Lehrling war. Die Einkommensgrenze liegt heute für eine Person bei 3.500 Euro netto im Monat. Für zwei Personen beträgt sie 5.200 Euro.

Rund 50 Wohnungen jährlich von Gerichten gekündigt

Rund 220.000 Gemeindebauwohnungen gibt es derzeit in Wien. Es kommt immer wieder zu Missbrauch. Entdeckt und nachgewiesen wird er aber eher selten. „Pro Jahr bekommt Wiener Wohnen an die 470 Meldungen wegen Nichtbenutzung und Untervermietung von Gemeindewohnungen“, sagte Janousek. Im Vorjahr haben dann rund 50 Personen die gerichtliche Aufkündigung bekommen.

Damit mehr schwarze Schafe erwischt werden, setzt Wiener Wohnen seit vergangenen Sommer auch auf die Mithilfe von Detektivinnen und Detektiven. Sie haben bis jetzt 40 Fälle geprüft, rund die Hälfte davon ist laut Janousek bei Gericht gelandet.

Derzeit Ermittlungen in Steuercausa

Rund 17.000 Menschen sind derzeit auf der Warteliste für eine Gemeindewohnung. „Und daher ist es einfach höchst ungerecht, wenn eine Wohnung nicht benutzt wird, und für eine andere Wienerin oder einen anderen Wiener blockiert wird und nicht zur Verfügung steht“, so Janousek.

Wolf ist derzeit aber mit weitaus weitreichenderen Ermittlungen konfrontiert, als jenen zur Gemeindewohnung. Er wird nämlich verdächtigt, für einen Steuernachlass in Millionenhöhe im Finanzministerium interveniert und sich später mit der zuständigen Finanzbeamtin getroffen zu haben. Das Ganze soll laut Chats unter Mitwirkung des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium und späteren ÖBAG-Chefs Thomas Schmid abgelaufen sein.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hegt den Verdacht, dass Wolf bei dem mutmaßlichen Treffen der Beamtin „Hilfe“ bei der Karriere versprochen habe, sofern sie für die positive Erledigung seines Steuerakts sorge. Es gilt die Unschuldsvermutung.