Außenansicht des KH Nord in Floridsdorf
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Wirtschaft

Klinik Floridsdorf kostete 1,262 Milliarden Euro

Die Stadt präsentiert die Endabrechnung zum Bau der Klinik Floridsdorf – früher bekannt als KH Nord. Mit Gesamtkosten von 1,262 Milliarden Euro bleibt man unter der vom Rechnungshof prognostizierten Summe.

1,4 Milliarden Euro waren vom Rechnungshof in einem Bericht im Jahr 2017 erwartet worden. 1,3 Milliarden Euro hatte Gesundheits-Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) nach seinem Amtsantritt im Jahr 2018 als Zielvorgabe genannt. 1,262 Milliarden Euro sind am Montag als Endsumme präsentiert worden – das sind um 25,63 Prozent über der ursprünglich veranschlagten Summe von einer Milliarde Euro.

In der Endsumme sind auch die Kosten für drei noch laufende Gerichtsverfahren eingerechnet. Der Gesamtumfang umfasst dabei eine Klagsumme von etwa 3,5 Millionen Euro. Alle anderen Verfahren sind einvernehmlich gelöst worden. 400 Millionen Euro an Mehrkosten konnten abgewehrt werden, hieß es.

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker  und der stellvertretende KAV-Generaldirektor Herwig Wetzlinger bei Pressekonferenz
APA/Robert Jäger
Herwig Wetzlinger, Generaldirektor-Stellvertreter des Wiener Gesundheitsverbundes, und Gesundheits-Stadtrat Peter Hacker bei der Präsentation der Endbilanz für die Klinik Floridsdorf

Rechnungen mehrfach geprüft

Für die Schlussabrechnung wurde ein mehrstufiger Prozess zu Rechnungsprüfungen und Mehrkostenforderungen aufgesetzt. Geprüft wurde etwa von der Bauaufsicht, dem Planungsteam, der Projektsteuerung und der begleitenden Kontrolle. In Einzelfällen konnten Korrekturen von mehr als 90 Prozent des geforderten Betrags erzielt werden, hieß es am Montag. Als Beispiel wurde der – wegen seines hohen Preises bereits medial präsente – Bauzaun genannt. Hier lag der Angebotspreis bei 826.000 Euro. Tatsächlich abgerechnet wurden nun 38.000 Euro.

Klinik Floridsdorf kostete 1,262 Milliarden Euro

Die Stadt präsentiert die Endabrechnung zum Bau der Klinik Floridsdorf – früher bekannt als KH Nord. Mit Gesamtkosten von 1,262 Milliarden Euro bleibt man unter der vom Rechnungshof prognostizierten Summe.

In anderen Fällen war man weniger erfolgreich. Der berühmte „Energiering“, also die Beauftragung eines Energetikers, musste letztendlich beglichen werden. Er schlug mit rund 90.000 Euro zu Buche. Die Rechnung ist laut Herwig Wetzlinger, Generaldirektor-Stellvertreter des Wiener Gesundheitsverbundes und seit Ende 2017 für den Bau der Klinik Floridsdorf zuständig, zurecht gestellt worden: „Auch wenn der Inhalt dieser Leistung keinesfalls ein richtiger war.“

Der Schutzring hatte auch für eine Anzeige gesorgt, wobei das entsprechende Verfahren eingestellt wurde. Die für den Auftrag verantwortliche Person im Gesundheitsverbund (damals noch Krankenanstaltenverbund KAV, Anm.) wurde jedoch vom städtischen Spitalsträger ihres Amtes enthoben.

Grafik zur Klinik Floridsdorf
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Neue Tochtergesellschaft für Baumanagement

Von einer „akribischen Kleinarbeit“ und „täglichem Ringen“ zu Kosteneinsparungen sprach Hacker am Montag bei einer Pressekonferenz. Es gäbe „einige wenige, zentrale Learnings“ aus der Errichtung des Spitals: „Man muss als Auftraggeber genau wissen, welche Dinge man beauftragt. Man kann als Stadt, als Gesundheitsverbund, diese Aufgabe niemand anderem überantworten.“ Deswegen hat die Stadt für künftige Großprojekte eine eigene Tochtergesellschaft für Baumanagement gegründet.

„Prüfprozesse hintenach“ hätten immer gut funktioniert, so Hacker. Entscheidend sei aber nicht die Kontrolle im Nachhinein sondern die Aufgabe vorneweg. „Das Haus ist insgesamt in Vollbetrieb“, so Herwig Wetzlinger. Allerdings erreicht man aufgrund der Erschwernisse durch die Coronavirus-Pandemie noch nicht in allen Abteilungen die vollen Kapazitäten.

Positive Reaktionen für Personal

Dem Personal in der Klinik Floridsdorf wird von Patientinnen und Patienten ein gutes Zeugnis ausgestellt. Im Jahr 2021 sind nach Spitalsaufenthalten 667 Feedbackbögen ausgestellt worden. 88 Prozent der Befragten zeigten sich sehr zufrieden, neun Prozent zufrieden mit der Freundlichkeit des Personals. Laut Gesundheitsverbund ist das im Vergleich zum Jahr 2020 eine Verbesserung, neun von zehn Patientinnen und Patienten sind mit dem Aufenthalt in der Klinik Floridsdorf zufrieden und würden das Spital auch weiterempfehlen.

300 Millionen für Erstausbau veranschlagt

Vor fast 20 Jahren gab es erstmals interne Gespräche über ein Krankenhaus im Norden Wiens. 2005 wurde das Krankenhaus Nord dann angekündigt und 300 Millionen für den Erstausbau veranschlagt. Zwei Jahre später rechnete die Stadt bereits mit bis zu 500 Millionen Euro, von Ausbaustufen wurde da aber schon abgesehen, das Spital sollte gleich größer gebaut werden.

Im Februar 2008 wurde das Bieterkonsortium und das heutige Grundstück bekannt gegeben. Die Kosten: 605 Millionen Euro. 2009 wurden erste Verzögerungen bekannt. Im Jahr darauf berechnete das Kontrollamt die Bauwerkskosten auf über 700 Millionen Euro – gesamt käme man auf 1,2 Milliarden.

Energetiker und zu niedrige Garageneinfahrt

Die Stadt hielt dem bei Baubeginn 2012 Gesamtkosten von 825 Millionen entgegen. Und dann folgten Probleme über Probleme, unter anderem gingen Baufirmen in Insolvenz. Als im Juni 2014 die Dachgleiche erreicht wurde, rechnete man schon mit Kosten von 950 Millionen Euro. Vier Jahre später rechnete selbst die Stadt mit 1,3 bis 1,5 Milliarden.

Um gute Stimmung zu schaffen, wurde während des Baus aber ein Energetiker beschäftigt, um 95.000 Euro. Auch hohe Kosten für einen Bauzaun, zu niedrige Garageneinfahrten und falsch verbaute Sprenkler sorgten für Negativschlagzeilen.

Politische Verantwortung?

Erst 2019 nimmt das Spital den Vollbetrieb auf. Da ist eine Untersuchungskommission im Rathaus schon vorbei. Die rot-grüne Stadtregierung schließt eine politische Verantwortung für die Kostensteigerung aus.

Auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelte in verschiedene Richtungen. Mittlerweile ist nur noch ein Verfahren zu Regressforderungen im Laufen. Aktuell liegt ein Vorhabensbericht im Justizministerium. Die Rückmeldung steht laut WKStA noch aus. Im Justizministerium bestätigt man den Vorhabensbericht, er werde derzeit geprüft.

FPÖ sieht „Unverfrorenheit“

Wolfgang Seidl, Gesundheitssprecher der Wiener FPÖ, kritisierte am Montag, dass „weder Fehlplanungen noch Fehlmanagement eingeräumt wurden". Laut Seidl sind die ursprünglich veranschlagten Kosten von 825 Millionen Euro auf 1,4 Milliarden angestiegen: „Die einfach mit Anpassungen und Indexierung zu argumentieren ist eine Unverfrohrenheit sondergleichen.“

„Das Krankenhaus Nord steht exemplarisch für das fehlgeleitete Baumanagement der Stadt Wien und zeigt einen großen Verbesserungsbedarf auf“, erklärte Ingrid Korosec, Gesundheitssprecherin der ÖVP Wien, „derartige Fälle dürfen sich nicht mehr wiederholen."

NEOS-Gesundheitssprecher Stefan Gara verwies am Montag auf die Arbeit der Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord: „Ohne Untersuchungskommission hätte es diesen Kurswechsel zu planvollem und verantwortungsvollem Management in der Schlussphase des Baus nicht gegeben."