Money Boy
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Wissenschaft

„Cringe“, „lit“ & „sus“: So spricht die Jugend

Sprache verändert sich stetig. Durch die Vernetzung über soziale Medien gliedern sich Begriffe der Pop-Kultur rasch in den Sprachgebrauch von Jugendlichen ein. Der Rapper Money Boy hat einige dieser Begriffe im deutschsprachigen Raum geprägt.

Mit „Dreh den Swag auf“ gelang dem Wiener Rapper Money Boy 2010 der Durchbruch. Seitdem ist „Swag“ auch im deutschsprachigen Raum ein verbreiteter Begriff, der Gelassenheit und Coolness ausdrücken soll. „Meine Karriere fing schon mit einem Slangbegriff an, der sehr viral gegangen ist“, sagte Money Boy im „Wien heute“-Interview. Er rappt auf Deutsch, verwendet dabei aber englische Begriffe. Damit gilt er auch mit 40 Jahren noch als Pionier der Jugendsprache.

Jugendsprache von Moneyboy erklärt

Die Rap-Szene kommt aus Rudolfsheim Fünfhaus. RAF Camora und auch Money Boy sind im 15. Wiener Bezirk geboren. Gerade diese Musiker wissen, wie schnell sich Jugendsprache ändert, woher sie kommt und wie man sie beeinflusst.

Jugendwörter

„Cringe“ = unangenehm, peinlich, zum Fremdschämen. „Artikel über Jugendwörter sind so cringe.“

„Lit“ = cool, toll, wörtlich übersetzt „angezündet“. „Die Party war lit.“

„Motion“ = Bewegung, es tut sich viel, es geht bergauf. „Ich habe gerade motion.“

„Period“ = englisch für „Punkt“ als Satzzeichen. Bedeutet, es gibt an der Aussage nichts zu diskutieren. „Ich bin die Beste. Period.“

„Pushin P“ = Das „P“ steht hier für „Player“. „Pushin P“ ist jemand, der sich auskennt, der weiß, wie das „Spiel“ des Lebens läuft. Der Ausdruck stammt aus einem Lied des Rappers Gunna.

Verbreitung über soziale Medien

„Rap hat einen riesigen Einfluss auf die Sprache, weil Rap auf dem Spielen mit Sprache basiert“, erklärte der Rapper. So wird dann humoristisch schnell aus einem „von“ ein „vong“, aus „ich bin“ „i bims“ und „ich habe“ wird zu „i han“. Im Vorhinein lasse sich nur schwer sagen, welche Wortschöpfungen sich schließlich durchsetzen werden und sich verbreiten.

Über soziale Netzwerke verbreiten sich Slang, also Begriffe aus der Umgangssprache, aus der Hip-Hop-Szene dann blitzschnell auf der ganzen Welt. „Früher war Slang lokal. Einige Worte gab es nur in New York oder Chicago. Heute wird dort ein Lied gedropt, also veröffentlicht, und zwei Tage später gibt es Jugendliche in Wien, die das Wort verwenden“, so Money Boy.

Sprachentwicklung auch durch Migration

Im urbanen Raum verändert sich die Sprache schneller. Ein Faktor dafür ist auch die Migration. Der Sprachwissenschafter Manfred Glauninger von der Universität Wien sagte: „In Wiener Schulklassen sind oft 20 oder 25 verschiedenen Sprachen vertreten“.

Jugendliche mit Handys
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Die heutige Jugend vermischt gesprochene und geschriebene Sprache, weil sie mehr liest und schreibt als andere Generationen

„No front“ = nichts für ungut. Bedeutet, etwas ist nicht als Angriff gemeint (aber eigentlich schon). „No front, aber mir gefallen deine Schuhe nicht.“

„Sus“ = kurz für das englische „suspicious“, also verdächtig, nicht zu trauen; „Dieses Angebot kommt mir sus vor.“

„Sheesh“ = Ein nicht zu übersetzender Ausdruck. Wird verwendet, wenn etwas Beeindruckendes passiert. Im Rap wird der Ausdruck oft verwendet, um eine „Punchline“, eine Pointe, zu untermauern.

„Yeet“ = Ein Ausdruck, der nicht übersetzbar ist. Er wird beim Werfen von Gegenständen verwendet und stammt aus einem kurzen Video der Plattform „Vine“.

„Weird“ = seltsam, eigenartig, komisch. „Das war eine weirde Situation.“

„Whack“ = schlecht, geschmacklos, abstoßend. „Die Aussage war echt whack.“

Einzelne Ausdrücke würden so auch in der Jugendsprache gebraucht, beispielsweise „Mashallah“: Der Ausdruck bedeutet aus dem Arabischen wörtlich übersetzt „wie Gott will“. Viele Begriffe werden mit der Zeit übernommen und in den Sprachgebrauch integriert. Auch urwienerische Wörter wie „Beisl“, „Haberer“ und „Gspusi“ stammen ursprünglich nicht aus dem Deutschen.

Kein Verfall der Sprache

Für Jugendliche sei Sprache wie etwa auch Kleidung oder Musikgeschmack ein Weg, sich als Gruppe zu begreifen und sich von anderen Gruppen abzugrenzen – in diesem Fall von den Älteren. Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive gibt es keine universelle, einheitliche Jugendsprache, weil Jugendliche auch keine homogene Gruppe sind.

„Ältere Menschen nehmen vor allem jugendlichen Sprachgebrauch als negativ wahr. Es entspricht nicht dem schönen Deutsch, es entspricht nicht den Grammatikregeln. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist das kein Verfall. Das ist ein natürlicher Prozess“, erklärte Glauninger.

Jugendliche von heute seien die Generation, die mehr liest und schreibt als jede andere vor ihr. Sie sind praktisch durchgehend online, senden einander Nachrichten und tauschen sich aus. So hat sich laut Glauninger der mündliche und schriftliche Sprachgebrauch vermischt. Der Fachausdruck dafür: „Geschriebene Mündlichkeit“.