Ausschnitt aus dem Dritten Mann
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Kultur

Wien als „eigenartige Filmstadt“

Wien sei eine „eigenartige Filmstadt“, weil sie nicht so ikonisch ist wie Paris, London oder New York, sagt Michael Loebenstein, Direktor des Wiener Filmmuseums, anlässlich des derzeitigen Drehs zum Netflix-Actionfilm „Tyler Rake: Extraction 2“ in der Donaustadt.

Wien als Filmstadt sei mehrere Veränderungen durchgangen, von der imperialen Stadt des Habsburger-Imperiums über die Nachkriegsgeschichte, Wien in Trümmern, eine Stadt des Kalten Krieges bis hin zu „jetzt einer modernen zentraleuropäischen Metropole“.

Filmmuseum-Direktor zu Gast im Studio

Michael Loebenstein, Direktor des Österreichischen Filmmuseums, ist zu Gast im Studio.

Verschiebung an die Ränder der Stadt

In früheren in Wien gedrehten Filmen habe man Burgtheater, Staatsoper und Stephansdom gesehen. „Da wird auch gleichgesetzt: Die Kirche, der Palast, der Kaiser, das ist Österreich“, so Loebenstein. In den letzten 20 Jahren habe es aber eine Verschiebung gegeben. Jetzt werden Orte wie die Donauplatte, aber etwa auch Gemeindebauten am Rande der Stadt fürs Kino interessant, „weil es darum geht, dass moderne Metropolen nicht mehr vom Zentrum aus und vom Historischen her notwendig gesehen werden, sondern dort, wo sich das moderne Leben abspielt, dort, wo sie auch durchlässig werden Richtung Europa und der Globalisierung“.

Die „maskierte“ Filmstadt

Damit werde Wien natürlich austauschbarer. "Die Frage ist jetzt natürlich, wenn der DC-Tower vorkommt im neuen „Tyler Rake"-Film, was wird das dann? Ist das ein typisches Wiener Wahrzeichen oder ist das vielmehr in so einem Agententhriller, der wahrscheinlich in drei bis fünf Städten weltweit spielt, ein weiterer Drehort, der nur einmal kurz eingeführt wird?“

Überhaupt komme Wien oft „maskiert“ vor, stehe also für andere Städte, führt Loebenstein aus. So seien während des Kalten Krieges Szenen, die in Osteuropa spielten, in Wien gedreht worden, weil es dem Eisernen Vorhang am nächsten gekommen sei.

Pandemie brachte neue Filmfundstücke

Erfreuliches kann Loebenstein aus den für Kinos an sich schwierigen Pandemiejahren berichten. Ab der zweiten Hälfte des ersten Pandemiejahres hätten sich die Anrufe gemehrt, dass Privatpersonen, die zu Hause aufgeräumt hatten, aber auch Menschen aus der Filmindustrie, Fundstücke an das Filmarchiv herantrugen. „Es ist durchaus toll, was in den letzten zwei Jahren zu uns gekommen ist, sowohl von privaten Filmdokumenten, die nochmals ein anderes Bild vom Wiener Alltagsleben zeichnen, als auch von wirklich tollen Filmen der österreichischen Filmgeschichte.“

Hollywood zu Gast in Wien

Explosionen, Stunts und Schießereien stehen in Wien seit zwei Wochen auf dem Tagesprogramm für einen Netflix-Film. Wien ist also Kulisse für einen Blockbuster – wie schon mehrmals in der Vergangenheit.

Erich-von-Stroheim-Kopie auf dem Dachboden

Man habe auch viel mehr Zeit gehabt, sich um die Restaurierung solcher Filme zu kümmern – darunter etwa ein Debütfilm von Erich von Stroheim, der erst jetzt restauriert worden sei. Diese Originalkinokopie von Strohheims erstem Hollywoodfilm sei „ziemlich kostbar“. Es handle sich um die älteste und besterhaltene Kinokopie von 1919, die im Burgenland am Dachboden eines Kinos gefunden worden war, wo sie mehrere Jahrzehnte lang lag.