Verhandlungssaal
ORF.at/Zita Klimek
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Chronik

Prozess gegen Urologen vertagt

Ein wegen schwerer Körperverletzung angeklagter Urologe zeigt sich in seinem Prozess am Landesgericht Wien weiter von seiner Methode überzeugt – obwohl er damit fünf Patienten verletzt hat. Um die Schuldfrage zu klären, wurde der Prozess vertagt.

Wie schon beim Prozessauftakt im November wies der Angeklagte Vorwürfe zurück, fünf Patienten bei seinen Eingriffen „verpfuscht“ zu haben, indem er sie nicht dem Stand der Wissenschaft entsprechend behandelt hatte. In seiner stundenlangen Befragung stützte sich der Mediziner auf schriftliche Unterlagen, die er in zahlreichen Ordnern zur Verhandlung mitgebracht hatte. Dem Gericht legte er die Vorzüge seiner von ihm entwickelten OP-Technik dar, der sogenannten Sklerosierungstechnik.

Dabei geht es um die Behebung von Erektionsproblemen infolge eines Lecks an Penisvenen. Das sei nicht einfach, das müsse man lernen, so der Angeklagte auf die Frage, warum sich niemand dieser Methode bediene. Gegen seine Methode habe sich „medialer Druck aufgebaut, jetzt haben viele Urologen Angst“. Er verwies auf „hunderte erfolgreiche Operationen“. Dass er der Aufforderung durch die Staatsanwaltschaft nicht nachgekommen sei, dies zu belegen, liege daran, dass er wegen seines Berufsverbots nicht auf die Akten zugreifen dürfe, die in einem Spital lägen.

Expertise spricht von „experimenteller Behandlung“

Die Anklage stützt sich auf ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen, demzufolge die vom Angeklagten gestellten Diagnosen falsch waren. Dessen OP-Methode wird in der Expertise als „experimentelle Behandlung“ bezeichnet, die man nur im Rahmen klinischer Studien durchführen hätte dürfen. Die Anklage kreidet dem Urologen an, fünf Patienten falsch diagnostiziert und gefäßchirurgischer Eingriffe unterzogen zu haben, die weder indiziert waren noch dem Stand der Wissenschaft entsprachen.

Bei vier Männern soll das vorgebliche venöse Leck in einer Penisvene gar nicht vorhanden gewesen sein und die fragwürdige OP-Methode eine dauerhafte erektile Dysfunktion bewirkt haben. Der fünfte Patient litt nach der OP laut Anklageschrift an einer „wesentlichen Veränderung seines Penis“. Zwei Betroffene nahmen sich im Jänner 2014 bzw. im Mai 2015 das Leben. „Er hat sie quasi als Versuchskaninchen verwendet“, stellte die Staatsanwältin fest.

„Alles richtig“: Anwalt zitierte Fachliteratur

Der Angeklagte ließ die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht gelten. Sein Verteidiger Nikolaus Rast verwies auf ein anderes, weit älteres Gutachten zu einem von der Anklage mitumfassten Fall. In dem vor sieben Jahren erstellten Dokument heiße es, die Diagnose – venöses Leck – sei richtig und der operative Eingriff lege artis erfolgt. Die Erfolgsquote bei der Behandlungsmethode liege bei „bis zu 80 Prozent“, sagte Rast. Aktuelle Fachliteratur belege, dass sein Mandant „alles richtig gemacht“ habe.

Neben der schweren Körperverletzung wirft die Staatsanwaltschaft dem Arzt schweren Betrug vor. Er soll Patienten bewusst getäuscht haben, um sich mit deren Honorar zu bereichern. Der Angeklagte und sein Anwalt wiesen auch diesen Vorwurf zurück. Sein Mandat sei einer der führenden Experten auf seinem Gebiet und habe alles richtig gemacht. Zumindest ein weiterer Verhandlungstag ist vonnöten, um die Schuldfrage zu klären. Daher wurde auf den 8. April vertagt.