PCR-Gurgeltest, – Alles gurgelt
APA/ Hans Punz
APA/ Hans Punz
Coronavirus

Gratistest-Aus: Lifebrain droht mit Jobabbau

Ob man in Wien weiter an jeder Ecke gratis PCR-testen kann, ist fraglich. Der Bund will die Teststrategie wegen hoher Kosten überdenken. Wien würde gerne weiter gurgeln, aber nur, wenn der Bund weiter zahlt. Beim Labor Lifebrain heißt es, bei einem Aus wackeln 1.000 Jobs.

Gurgeln und ab zum nächsten Supermarkt: Das ist jedenfalls noch bis Ende März in Wien möglich. Mit Omikron will der Bund aber nur noch bestimmte Personengruppen kostenlos testen, sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne): „Ungerichtetes Testen insbesondere von vollimmunisierten Menschen muss hinterfragt werden.“

Das könnte dann auch das Aus für das Wiener Alles-gurgelt-System bedeuten. Denn der Bund trägt die Kosten in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Selbst einspringen will Wien dann nicht, sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): „Wenn der Bund sich entschließt, das nicht mehr zu finanzieren, dann werden wir das leider beenden müssen.“ Doch das breite Testen verhindere nicht nur viele Ansteckungen, sondern zeige auch rasch neue Varianten. Ludwig will nun mit dem Bund über eine Fortführung von „Alles gurgelt“ verhandeln.

Mädchen macht Gurgeltest
APA/Georg Hochmuth
Die „Alles gurgelt“-Strategie der Stadt könnte Ende März auslaufen.

Lifebrain müsste 1.200 Mitarbeiter abbauen

Unterdessen bangt das Großlabor Lifebrain um seine Zukunft. Mit der Abschaffung der Gratistests ginge ein drastischer Stellenabbau in dem Unternehmen einher, das in seinem ersten Jahr in Wien kräftig gewachsen ist. Bei einem kompletten Aus für die Gratistests „müssten wir von den 1.600 Mitarbeitern 1.200 abbauen“, sagte Firmengründer Michael Havel. „Das wär wirklich schrecklich – alle sind gut ausgebildet und motiviert“, so der Geschäftsführer.

„Die Frage ist, wie viele Tests bleiben dann noch – wir müssen natürlich unsere Mitarbeiter skalieren nach dem wirklichen Bedarf“, erklärte der Lifebrain-Chef. Derzeit ist sein Unternehmen „Alles gurgelt“-Partner der Stadt Wien. „Wir würden die gesamte Struktur redimensionieren müssen“, so Havel. Die derzeitige Größe könne dann nicht aufrechterhalten werden. Das Unternehmen würde sich auch räumlich von den derzeit fünf Pavillons auf der Baumgartner Höhe auf ein bis zwei zurückziehen müssen. Die Aktivitäten wurden dort im Dezember 2020 gestartet – mit 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, rund zwei Drittel davon im Labor und rund einem Drittel in der Logistik, also beim Zuliefern, Aus- und Umpacken der gelieferten Proben.

Bis zu 20 Euro für PCR-Test

Auch der Preis für die PCR-Tests würde bei einer massiven Reduktion der Probenzahl empfindlich nach oben gehen. „Es wird sicherlich nicht bei den 6 Euro bleiben, wenn die Mengen nicht mehr das sind.“ Im Extremfall würden dann „15 bis 20 Euro“ verlangt werden müssen, schätzte Havel. Die Apotheken bekommen 25 Euro pro Test.

PCR-Labor bangt um Jobs

Ende März soll es mit den Gratis-Tests vorbei sein. Beim zuständigen Labor „Life Brain“ fürchtet man dadurch um 1.200 Jobs.

Zur Zeit kann Lifebrain auf dem Areal der Klinik Penzing in Wien bis zu 800.000 Coronatests binnen 24 Stunden analysieren. Die Expansion war rasant. Zu Beginn vor etwas über einem Jahr konnten dort 30.000 PCR-Tests pro Tag ausgewertet werden, tatsächlich analysiert wurden anfangs meist höchstens 20.000. Im Gesamtjahr 2021 erzielte Lifebrain mit der Auswertung von rund 23 Millionen PCR-Gurgeltests einen Umsatz von etwa 300 Mio. Euro an dem Standort in Wien.

Ein kurzlebiges Pandemie-Geschäft, wie die aktuelle Entwicklung verdeutlicht. Die Verträge des Großlabors mit der Stadt Wien können kurzfristig aufgelöst werden. „Die können das innerhalb von sechs Wochen kündigen“, sagte Havel. Die Beschäftigten sind über eine Leiharbeitsfirma, die salexius Personalleasing GmbH, angestellt.

Lifebrain-Chef: "Im Herbst wird das wieder anfangen

Der Lifebrain-Chef hofft auf genügend Weitblick der regierenden Politiker, auch wenn jetzt im Frühjahr eine Lockerung der Maßnahmen möglich ist. „Die wirkliche Frage ist, was passiert mit der Pandemie – wenn jetzt so viele Leute infiziert waren, hat das Virus unglaublich viele Möglichkeiten Varianten zu bilden“, sagte der Mediziner. Im Sommer könnte Ruhe herrschen, aber „im Herbst wird das wieder anfangen“.

Eine weitere Frage sei, „ob die Politik eine Infrastruktur haben will, wenn das im Herbst wieder aufpoppt, mit einer möglicherweise gefährlichen Variante“. „Ich persönlich glaube, dass sich das Virus ununterbrochen irgendwelche Schlupflöcher sucht, um bösartig zu werden.“ Nach der Pandemie will Lifebrain in stark verkleinerter Form in Wien bleiben, mit einem „Kompetenzzentrum für Genetik“ für den gesamten französischen Mutterkonzern Cerba HealthCare. „Wir werden versuchen, Umwelttests anzubieten.“

Unklar, wie lange in der Schule getestet wird

Infrage gestellt wurde seitens der Regierung vor allem das breitflächige Gratis-Testen: „Viele Experten und Expertinnen raten auch beim Testen zu einem Paradigmenwechsel“, sagte Mückstein. „Symptomfreie, geboosterte Menschen regelmäßig zu testen, macht wenig Sinn und kostet viel Geld.“ Man werde auf Basis von Experten-Einschätzungen in diesem Bereich „nachschärfen“, kündigte er an, ohne ein Datum zu nennen. Bis 31. März bleibe das Testen aber jedenfalls aufrecht und auch gratis.

Zur Frage des weiteren Vorgehens bei den Schultests über den 31. März hinaus, hielt sich Mückstein bedeckt und verwies auf Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). In dessen Büro blieb man auf APA-Anfrage aber ebenfalls vage und verwies lediglich auf die aktuelle Teststrategie. Die Situation werde aber in Absprache mit Experten regelmäßig neu bewertet, hieß es.