Wilfried Embacher und Tina verlassen das Gebäude der MA 35
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Chronik

Schülervisum für abgeschobene Tina

Die 13 Jahre alte Tina, die vor einem Jahr unter Protesten nach Georgien abgeschoben wurde, erhält ein Schülervisum. Sie wird am Freitag, rund zwei Monate nach ihrer Wiedereinreise mit einem Touristenvisum, ihren Aufenthaltstitel abholen.

Tagelang protestierten vor einem Jahr Lehrerinnen und Lehrer, Freundinnen und Freunde, aber auch Teile der Bevölkerung gegen die Abschiebung des Mädchens. Auch Sitzblockaden vor dem Familienabschiebezentrum halfen am Ende nichts. Das Mädchen wurde abgeschoben. Vor rund zwei Monaten kehrte Tina mit einem Touristenvisum zurück nach Wien. Ihre Schwester und ihre Mutter blieben in Georgien.

Das Mädchen wurde bei einer Gastfamilie in Wien untergebracht. Nun wird sie laut ihrem Anwalt Wilfried Embacher am Freitag ein Schülervisum bekommen. Die Abschiebung hatte im Vorjahr für große mediale Aufmerksamkeit, aber auch zu Verwerfungen in der ÖVP-Grünen-Koalition gesorgt und eine Debatte über Kinderabschiebungen ausgelöst.

Abschiebung trotz guter Integration

Im Jänner 2021 wurde bekannt, dass unter anderen drei in Wien bzw. in Niederösterreich lebende Schülerinnen nach Georgien und Armenien abgeschoben werden sollen. Besonders viel debattiert wurde der Fall einer zwölfjährigen Gymnasiastin, die im ersten Wiener Gemeindebezirk die Schule besuchte. Lehrer argumentierten mit ihrer guten Integration und der Hochphase der CoV-Pandemie gegen die Abschiebung. Mitschüler machten mobil und fanden Unterstützung bei der Wiener Stadtregierung und beim damaligen Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne).

Im Innenministerium verwies man auf mehrere höchstgerichtliche Entscheide, die eine Abschiebung vorsahen. Der Fall schien rechtlich eindeutig. Die Familie befand sich seit vier Jahren unrechtmäßig in Österreich. Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, dass die lange Aufenthaltsdauer nicht zuletzt wegen beharrlicher Nichteinhaltung der behördlichen Vorgaben gegeben sei. Die politische Empörung war groß, SPÖ und NEOS fragten, ob Kinderrechte nichts mehr zählten.

Elf Monate in Georgien

Trotz aller Proteste und Diskussionen konnten auch Sitzblockaden nicht verhindern, dass das Mädchen Ende Jänner abgeschoben wurde. Die einen nannten es rechtskonform, die anderen forderten die Rücknahme der Abschiebung. Die Kirche schaltete sich ein, forderte zu Menschlichkeit und Dialog auf.

Der Anwalt der georgischen Familie, Embacher, zeigte sich empört über den damaligen Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Er betonte, dass die Schulmöglichkeiten in dem Dorf, in dem sie nun lebte, schlechter seien als in Wien. Hätten die Behörden das Kindeswohl ausreichend geprüft, hätten sie das feststellen müssen. Zudem könne Tina weder Georgisch lesen noch schreiben.

Am 31. Dezember zurück in Wien

Zum Jahresende kam Tina überraschend nach Österreich zurück. Ihre sechsjährige Schwester und die Mutter blieben in Georgien. Anwalt Embacher war nach Georgien geflogen und begleitete Tina zurück nach Wien. Die Reise habe ihm bestätigt, „dass es ein menschenrechtlicher Skandal ist, Kinder in eine solche Lage zu bringen“, sagte er. Tina sei auf einen 90-Tage-Besuch in Wien, ein Schülervisum werde angestrebt. Rund zwei Monate später heißt es nun, dass das Schülervisum in wenigen Tagen erteilt werde.